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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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sich hier allerd<strong>in</strong>gs schon die Verschmelzung der beiden<br />

Verwendungsweisen an.<br />

Für die vorliegende Untersuchung liegt der<br />

Kulm<strong>in</strong>ationspunkt der Manuskripte<strong>in</strong>träge zwischen Ende<br />

Oktober und Anfang November 1914. Der E<strong>in</strong>trag vom 30.<br />

Oktober macht die entscheidende Rolle der Elementarsätze<br />

für die Idee der Repräsentation von Sachverhalten<br />

deutlich. Dort heisst es:<br />

84<br />

Abbildung und lebendes Bild <strong>in</strong> Tractatus und Nachlass — Christian Erbacher<br />

„Vor allem muß die Elementarsatzform abbilden,<br />

alle Abbildung geschieht durch diese.“ (Ms-102,3r).<br />

Die erste Hälfte des E<strong>in</strong>trages vom 4. November lautet:<br />

„Wie bestimmt der Satz den logischen Ort?<br />

Wie repräsentiert das Bild e<strong>in</strong>en Sachverhalt?<br />

Selbst ist es doch nicht der Sachverhalt, ja dieser<br />

braucht gar nicht der Fall zu se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong> Name repräsentiert e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> <strong>and</strong>erer e<strong>in</strong> <strong>and</strong>eres<br />

D<strong>in</strong>g und selbst s<strong>in</strong>d sie verbunden; so stellt<br />

das Ganze — wie e<strong>in</strong> lebendes Bild — den Sachverhalt<br />

vor.“ (MS-102,17r-18r)<br />

An dieser Stelle geschieht wie <strong>in</strong> Tractatus 4.0311 der<br />

Wechsel der Begriffsverwendung. Wittgenste<strong>in</strong> gibt hier<br />

ke<strong>in</strong>e Zuordnungsregel für e<strong>in</strong>fache Zeichen zu Elementarsätzen<br />

an, sondern spricht von e<strong>in</strong>em „lebenden Bild“.<br />

In dem Notizbuch verwendet Wittgenste<strong>in</strong> fortan noch<br />

häufig den Begriff Bild, und zwar <strong>in</strong> Zusammenhängen des<br />

ma<strong>the</strong>matischen S<strong>in</strong>nes; den Begriff Abbildung verwendet<br />

er sehr viel weniger. Die beiden zunächst klar unterschiedenen<br />

Begriffe sche<strong>in</strong>en hier verschmolzen. Die deskriptive<br />

Statistik der Begriffe <strong>in</strong> den Manuskripten spiegelt die<br />

hier skizzierte Entwicklung sehr gut wider (siehe Tabelle 1).<br />

6. Ma<strong>the</strong>matische Mannigfaltigkeit<br />

Der Rest des Notizbuche<strong>in</strong>trages vom 4. November beschäftigt<br />

sich weiter mit der Verb<strong>in</strong>dung von D<strong>in</strong>gen und<br />

somit auch mit Relationen von Zeichen. Er drückt die E<strong>in</strong>sicht<br />

aus, dass die Verb<strong>in</strong>dungen der D<strong>in</strong>ge den Relationen<br />

der abbildenden Elemente entsprechen müssen:<br />

„Die logische Verb<strong>in</strong>dung muß natürlich unter den<br />

repräsentierten D<strong>in</strong>gen möglich se<strong>in</strong> und dies wird<br />

immer der Fall se<strong>in</strong> wenn die D<strong>in</strong>ge wirklich repräsentiert<br />

s<strong>in</strong>d. Wohlgemerkt jene Verb<strong>in</strong>dung ist ke<strong>in</strong>e<br />

Relation sondern nur das Bestehen e<strong>in</strong>er Relation.“<br />

(MS-102,18r-19r)<br />

Im Tractatus wird analog im Anschluss an 4.0311 mit Bezug<br />

auf die „ma<strong>the</strong>matische Mannigfaltigkeit“ festgestellt,<br />

dass die Relationen der Namen im Elementarsatz den<br />

Verb<strong>in</strong>gungen der Gegenstände entprechen können müssen:<br />

„Am Satz muss gerade soviel zu unterscheiden<br />

se<strong>in</strong>, als an der Sachlage, die er darstellt. Die beiden<br />

müssen die gleiche logische (ma<strong>the</strong>matische)<br />

Mannigfaltigkeit besitzen. ... „ (4.04)<br />

Liest man Def<strong>in</strong>tion D1 genau, so sieht man dass auch<br />

dort diese Forderung genannt ist, denn das abbildende<br />

Relativ soll „desselben Typs“ se<strong>in</strong> wie das abgebildete. Für<br />

die Relationen des Relativs der Elementarsätze gibt Wittgenste<strong>in</strong><br />

im Tractatus aber ke<strong>in</strong>e Bestimmung. In dem<br />

Folgenden Paragraphen heisst es stattdessen:<br />

7. Fazit<br />

„Diese ma<strong>the</strong>matische Mannigfaltigkeit kann man<br />

natürlich nicht selbst wieder abbilden. Aus ihr<br />

kommt man beim Abbilden nicht heraus.“ (4.0411)<br />

Der Tractatus gibt Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>er isomorphen Repräsentation<br />

von Sachverhalten an<br />

E<strong>in</strong>erseits stellt der Tractatus die Forderung nach e<strong>in</strong>er isomorphen<br />

Repräsentation von Welt dar (vgl. Hacker 1981,<br />

Glock 2006). Insofern gibt er Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e Theorie<br />

von S<strong>in</strong>n als Repräsentation an. Andererseits wechselt Wittgenste<strong>in</strong><br />

die Verwendung des Begriffs des Bildes von e<strong>in</strong>em<br />

ma<strong>the</strong>matischen zu e<strong>in</strong>em gewöhnlichem S<strong>in</strong>n, wenn er<br />

über die Verkettung von Namen zu Elementarsätzen spricht,<br />

also gerade dort, wo die Forderung nach e<strong>in</strong>er Abbildung<br />

der Relationen zwischen D<strong>in</strong>gen erfüllt werden müsste.<br />

Abgesehen von der bloßen Forderung der Gleichartigkeit<br />

der Verb<strong>in</strong>dungen zwischen Gegenständen und zwischen<br />

Namen wird im Tractatus ke<strong>in</strong>e Zuordnungsregel von Namen<br />

zu Elementarsätzen genannt.<br />

Die Frage nach der Konzeption von Wahrheit im Tractatus<br />

ist nicht betroffen<br />

Die Frage nach der Konzeption von Wahrheit ist von dieser<br />

Analyse nicht betroffen. Die Konzeption von S<strong>in</strong>n muss<br />

von der Konzeption der Wahrheit im Tractatus unterschieden<br />

werden (Glock 2006). Insofern ist auch H<strong>in</strong>tikka (1994,<br />

S.223) zuzustimmen, dass es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n hat von der<br />

Abbild<strong>the</strong>orie zu sprechen, da verschiedene, vone<strong>in</strong><strong>and</strong>er<br />

weitgehend unabhängige Ideen unter diesem Titel verh<strong>and</strong>elt<br />

werden. Die hier besprochenen Aspekte betreffen<br />

H<strong>in</strong>tikkas erste von <strong>in</strong>sgesamt sechs Abbild-Ideen („Elementarsätze<br />

als Bilder“, S. 224, 227-229). Ihre Formulierung<br />

hat zunächst ke<strong>in</strong>e Auswirkungen auf Operationen<br />

mit Elementarsätzen. Dies drückt auch Wittgenste<strong>in</strong> aus,<br />

wenn er schreibt:<br />

„Die Schemata No. 4.31 haben auch dann e<strong>in</strong>e Bedeutung,<br />

wenn ‚p‘, ‚q‘, ‚r‘, etc. nicht Elementarsätze<br />

s<strong>in</strong>d“ (5.31).<br />

‚Das Leben von Zeichen‘<br />

Man kann auch die Frage, wie Zeichen e<strong>in</strong> „lebendes Bild“<br />

bilden können, wie Leben <strong>in</strong> die Zeichen kommt, ohne<br />

Annahme von Elementarsätzen beh<strong>and</strong>eln. Wie wir wissen,<br />

beschäftigt sich Wittgenste<strong>in</strong> mit dieser Frage <strong>in</strong> späteren<br />

Jahren.

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