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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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unabhängig von denen ihrer Mitglieder ethisch bewertet<br />

werden können, so wie etwa bei e<strong>in</strong>er spontanen<br />

Demonstration sowohl das Verhalten der Demonstration<br />

<strong>in</strong>sgesamt (etwa friedlich oder gewaltbereit) als auch die<br />

H<strong>and</strong>lungen der e<strong>in</strong>zelnen Demonstranten jeweils<br />

eigenständig moralisch bewertet werden können. Die<br />

Sprachspielenden h<strong>and</strong>eln nicht kollektiv, sondern<br />

lediglich geme<strong>in</strong>sam. Demnach geht jeder Sprachspielende<br />

se<strong>in</strong>en eigenen Interessen nach, muss dabei<br />

jedoch zwangsläufig den geme<strong>in</strong>samen Regeln folgen und<br />

übt dadurch E<strong>in</strong>fluss auf diese aus. Spiel<strong>the</strong>oretisch<br />

betrachtet bekommt dadurch das H<strong>and</strong>eln der e<strong>in</strong>zelnen<br />

zwar durchaus kollektive Züge. Dies ist für den hier<br />

verfolgter Zweck allerd<strong>in</strong>gs nicht relevant.<br />

Aus der obigen Darstellung der Entstehung der<br />

supervenienten Klasse E folgt zugleich e<strong>in</strong>e Antwort auf<br />

die Frage nach e<strong>in</strong>er möglichen Reduktion der Ethik.<br />

Versteht man als Reduktionismus, dass e<strong>in</strong> System durch<br />

se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelbest<strong>and</strong>teile vollständig bestimmt ist, kann<br />

davon im Zusammenhang mit Ethik ke<strong>in</strong>e Rede se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e<br />

Reduktion ist letztlich immer entweder die Rückführung<br />

e<strong>in</strong>er Theorie auf Beobachtungssätze oder von Begriffen<br />

auf D<strong>in</strong>ge oder von (mentalen) Zuständen und Zusammenhängen<br />

auf kausal-determ<strong>in</strong>istische Ereignisse. In allen<br />

drei Fällen wird e<strong>in</strong> wie auch immer gearteter, (quasi-)<br />

naturwissenschaftlicher Atomismus unterstellt. Demgemäß<br />

gibt es letzte Entitäten, auf die alle von ihnen verschiedene<br />

reduziert werden können, weil sie bloß als Konfigurationen<br />

oder Beschreibungen dieser Grundentitäten verst<strong>and</strong>en<br />

werden. Im Falle der Ethik kann man entweder versuchen,<br />

die Sätze der Klasse E und die H<strong>and</strong>lungen der<br />

Sprachspielenden auf Beobachtungssätze zurückzuführen,<br />

oder man betrachtet die ethischen Sätze nur als<br />

sprachliche Darstellung mentaler Zustände. Beide Wege<br />

s<strong>in</strong>d nicht gangbar. Zwar lässt sich bei der Geme<strong>in</strong>schaft<br />

der Sprachspielenden bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grad mit<br />

Beobachtungssätzen arbeiten. Im Falle von e<strong>in</strong>zelnen<br />

Sprachspielenden ist das aufgrund der Hyperkomplexität<br />

der Ethik (die ja auch die Intentionalität e<strong>in</strong>schließt) nicht<br />

möglich. Ähnlich wie beim berühmten Gavagai-Beispiel<br />

von Qu<strong>in</strong>e ist niemals klar, ob der im Beobachtungssatz<br />

ausgedrückte Sachverhalt wirklich dem beobachteten<br />

entspricht.<br />

Ethik als irreduzibles Supervenienzphänomen — Thomas Wachtendorf<br />

Auch der zweite Weg ist nicht zielführend: Vielleicht<br />

ist es möglich, bestimmte Werthaltungen e<strong>in</strong>es konkreten<br />

Sprachspielenden mit bestimmten se<strong>in</strong>er Zustände<br />

(beispielsweise neurologisch oder psychologisch) zu<br />

identifizieren. Aber selbst wenn es gelänge, dies für alle<br />

Beteiligten zu tun, entsteht doch aus den ethischen<br />

Werthaltungen aller die supervenierende, von den<br />

e<strong>in</strong>zelnen unabhängige Klasse E. Da die ethischen Werthaltungen<br />

und die H<strong>and</strong>lungen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen von dieser<br />

Klasse <strong>in</strong>terdependent abhängen, ist hier wegen der<br />

fehlenden Möglichkeit, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>deutigen Zuordnung<br />

vornehmen zu können, ke<strong>in</strong>e Reduktion möglich. Man<br />

müsste e<strong>in</strong>e vollständige Determ<strong>in</strong>ation unterstellen, um<br />

das zu erreichen. Dagegen greifen die e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Argumente gegen e<strong>in</strong>en solchen holistischen St<strong>and</strong>punkt.<br />

Literatur<br />

Birnbacher, Dieter 2 2007 Analytische E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Ethik, Berl<strong>in</strong>:<br />

de Gruyter.<br />

Wachtendorf, Thomas 2008 Ethik als Mythologie. Sprache und<br />

Ethik bei Ludwig Wittgenste<strong>in</strong>, Berl<strong>in</strong>: Parerga.<br />

Wittgenste<strong>in</strong>, Ludwig 2 2000 Vorlesungen 1930-1935 [V], Frankfurt/M.:<br />

Suhrkamp.<br />

Wittgenste<strong>in</strong>, Ludwig 4 1999 Vortrag über Ethik und <strong>and</strong>ere kle<strong>in</strong>e<br />

Schriften [VüE], Frankfurt/M.: Suhrkamp.<br />

Wittgenste<strong>in</strong>, Ludwig 12 1999 Werkausgabe: Tractatus logicophilosophicus<br />

[PU, TLP, Tb], B<strong>and</strong> 1, Frankfurt/M.: Suhrkamp.<br />

Wittgenste<strong>in</strong>, Ludwig 9 2002 Werkausgabe: Bemerkungen über die<br />

Farben, Über Gewißheit, Zettel Vermischte Bemerkungen [Z],<br />

B<strong>and</strong> 8, Frankfurt/M.: Suhrkamp.<br />

Wittgenste<strong>in</strong>, Ludwig 6 2001 Werkausgabe: Wittgenste<strong>in</strong> und der<br />

Wiener Kreis [WWK], B<strong>and</strong> 3, Frankfurt/M.: Suhrkamp.<br />

Wittgenste<strong>in</strong>, Ludwig 7 1999 Werkausgabe: Bemerkungen über die<br />

Philosophie der Psychologie [BPP], B<strong>and</strong> 7, Frankfurt/M.: Suhrkamp.<br />

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