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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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Impliziert der <strong>in</strong>tentionale Reduktionismus e<strong>in</strong>en psychologischen Elim<strong>in</strong>ativismus? Fodor und das Problem psychologischer Erklärungen — Thomas Szanto<br />

Welche Systeme auf welche reduziert und wie diese<br />

spezifiziert werden, d.h. welche Systeme welche funktionale<br />

Rolle bei der psychologischen Erklärung spielen, ist relativ<br />

zur jeweiligen Heuristik der Erklärung. Entsprechend charakterisiert<br />

Haugel<strong>and</strong> die funktionalistische Erklärungsmodelle<br />

von Kognition als Typen systematischer Reduktion<br />

(„systematic reduction“) (Haugel<strong>and</strong> 1978, 249ff.).<br />

Systematisch-reduktive Erklärungen unterscheiden sich von<br />

nomologisch-reduktiven Erklärungen, bei denen Brückengesetze<br />

zwischen den verschiedenen Ebenen vorausgesetzt<br />

und nach quantitativen Gleichungen beschrieben<br />

werden. Systematische Reduktionen setzen nach<br />

Haugel<strong>and</strong> h<strong>in</strong>gegen ke<strong>in</strong>e solche psychophysischen (oder<br />

allgeme<strong>in</strong> gesprochen: ‚meta-funktionalen’) Brückengesetze<br />

voraus und suchen auch nicht nach solchen –, wie<br />

Haugel<strong>and</strong> mit e<strong>in</strong>em Seitenhieb auf Fodors Naturalisierungsstrategie<br />

vermerkt. Der wesentliche Punkt, auf<br />

den Haugel<strong>and</strong> mit se<strong>in</strong>er Konzeption systematischer<br />

Erklärungen h<strong>in</strong>auswill, ist, dass dieser spezielle Typ<br />

kognitivistischer Reduktion entgegen der Annahme vieler<br />

Kritiker weder die Explan<strong>and</strong>a (die spezifisch kognitiven<br />

Zustände) noch das Explanans (die funktionale Beschreibung<br />

kognitiver Systeme) zugunsten <strong>and</strong>erer Entitäten und<br />

Erklärungen überflüssig macht bzw. elim<strong>in</strong>iert.<br />

Trifft Haugel<strong>and</strong>s Charakterisierung des Kognitivismus<br />

als e<strong>in</strong>en Typ systematischer Reduktion zu, so<br />

wären – jenseits der Unterscheidung der Ontologie der<br />

Explan<strong>and</strong>a und der verschiedenen Erklärungstypen – drei<br />

Thesen zu unterscheiden: 1. Die Kompatibilitäts<strong>the</strong>se<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der Gültigkeit verschiedener Erklärungsmodelle<br />

(wie alltagspsychologische, physikalische etc.), 2.<br />

die Übersetzungs- oder Übersetzbarkeits<strong>the</strong>se h<strong>in</strong>sichtlich<br />

des Vokabulars, mit dem die Explan<strong>and</strong>a beschrieben<br />

werden und 3. schließlich die Zuordnungs<strong>the</strong>se h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Brückengesetze, welche die Gültigkeit der Kompatibilität<br />

und die Adäqua<strong>the</strong>it der Übersetzung regeln. Sofern<br />

der Kognitivismus die Kompatibilitäts<strong>the</strong>se bezüglich<br />

alltagspsychologischer und physikalistischer Erklärungen<br />

vertritt, sofern er nur e<strong>in</strong>e Koextensionalität bezüglich der<br />

zu übersetzenden Vokabulare und ke<strong>in</strong>e Synonymie<br />

e<strong>in</strong>fordert und solange er sich h<strong>in</strong>sichtlich der Zuordnungs<strong>the</strong>se<br />

nicht festlegt, wären kognitivistische Erklärungsmodelle<br />

nicht notwendig reduktiv (bzw. elim<strong>in</strong>ativ)<br />

h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Explan<strong>and</strong>a.<br />

Doch – pace Haugel<strong>and</strong> und Fodor – droht die<br />

Demarkationsl<strong>in</strong>ie zwischen ontologisch neutralen Beschreibungen<br />

der psychologischen Funktion mentaler<br />

Eigenschaften und dem Kognitivismus als ontologischer<br />

These bezüglich der psychophysischen Typen-Identität<br />

freilich überall dort zu verschwimmen, wo es um e<strong>in</strong>e<br />

exklusive bzw. beste Beschreibung („unique best<br />

description“) der betreffenden psychologischen Systeme<br />

geht (Block/Fodor 1972, 84f.). Das ist der Fall, wenn die<br />

Adäqua<strong>the</strong>it der psychologischen Beschreibung an die<br />

Bed<strong>in</strong>gung geknüpft wird, dass die psychologischen<br />

Prädikate, die e<strong>in</strong>em System attribuiert werden –<br />

zum<strong>in</strong>dest pr<strong>in</strong>zipiell – e<strong>in</strong>s zu e<strong>in</strong>s <strong>in</strong> das Vokabular<br />

übersetzbar se<strong>in</strong> müssen, mit denen nicht-psycholo<br />

gische/physikalische Systeme beschrieben werden. Dabei<br />

spielt es ke<strong>in</strong>e Rolle, ob die psychologischen Zustände als<br />

E<strong>in</strong>zelvorkommnisse (Tokens) selbst ontologisch spezifiziert,<br />

d.h. bestimmten physikalischen Prozessen<br />

zugeordnet werden oder nicht bzw., ob der Kognitivist<br />

ontologisch neutral ist bezüglich der Implementierung<br />

psychologischer E<strong>in</strong>zelvorkommnisse oder nicht. Denn,<br />

selbst wenn von Kognitivisten konzediert wird, dass es<br />

sich bei der Übersetzung des psychologischen <strong>in</strong> das<br />

physikalische Beschreibungsmodell nicht um e<strong>in</strong>e<br />

ontologische Reduktion h<strong>and</strong>elt, ist nicht zu sehen, wie<br />

diese Korrelation – unter Vorraussetzung e<strong>in</strong>er exklusiv<br />

besten Beschreibung, welche den physikalisch<br />

festgelegten, kausalen Gesetzmäßigkeiten entsprechen<br />

muss –, nicht ipso facto zu e<strong>in</strong>er solchen Reduktion führen<br />

soll. Das heißt, selbst wenn der Kognitivist annimmt, dass<br />

die verschiedenen Phasen der Theoriebildung<br />

verschiedenen irreduziblen Beschreibungsebenen entsprechen,<br />

ist nicht e<strong>in</strong>sichtig – wie unter Annahme des<br />

Ideals e<strong>in</strong>er physikalisch adäquaten Spezifikation des<br />

Verhältnisses zwischen mentalen und nicht-mentalen<br />

Zuständen – e<strong>in</strong>e reduktive Erklärung vermieden werden<br />

soll. 2<br />

Das Ideal e<strong>in</strong>er besten Beschreibung vereitelt mith<strong>in</strong><br />

die Neutralität des Kognitivisten bezüglich der<br />

Zuordnungs<strong>the</strong>se. Die verme<strong>in</strong>tlich gleichberechtigte Kompatibilität<br />

von Erklärungsmodellen weicht damit e<strong>in</strong>er<br />

Hierarchie von Beschreibungsebenen, bei denen die<br />

Übersetzungsregeln von Zuordnungsregeln ersetzt und<br />

diese wiederum von nicht-psychologischen Theorien<br />

vorgeschrieben werden. Wenn man, wie Fodor, e<strong>in</strong>fordert,<br />

dass die Ergebnisse der funktionalen Analyse psychologischer<br />

Zustände mit den Ergebnissen des Neurologen<br />

vere<strong>in</strong>bar se<strong>in</strong> müssen, <strong>and</strong>ernfalls „unakzeptabel“ seien,<br />

und e<strong>in</strong>e solche empirische Falsifizierbarkeit gar zu e<strong>in</strong>em<br />

„Pr<strong>in</strong>zip“ psychologischer Erklärung erhebt, dann ist damit<br />

mehr als nur e<strong>in</strong>e „flagrant empirische Annahme“ <strong>in</strong> das<br />

Erklärungsmodell „e<strong>in</strong>gebaut“. „Wenn Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit der neurologischen Wirklichkeit e<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gung für die<br />

Adäqua<strong>the</strong>it“ von kognitivistischen Erklärungsmodellen ist<br />

(Fodor 1965, 430f.), so haben wir es hier weniger mit e<strong>in</strong>er<br />

genu<strong>in</strong> psychologischen Erklärung, als vielmehr mit e<strong>in</strong>er<br />

genu<strong>in</strong> reduktiven Erklärungsstrategie zu tun.<br />

Was folgt aus all dem? Es folgt jedenfalls ke<strong>in</strong>e<br />

Katastrophe –, weder <strong>the</strong>oretisch, noch praktisch: Wir<br />

müssen weder unsere kognitivistischen noch unsere<br />

<strong>in</strong>tentional-psychologischen Theorien <strong>in</strong> die wissenschaftshistorische<br />

F<strong>in</strong>sternis der Pseudowissenschaftlichkeit oder<br />

gar des Aberglaubens verbannen. Wir müssen aber auch<br />

nicht unsere alltagspsychologischen Praktiken bei der<br />

Interpretation unseres normalen Selbstverständnisses<br />

bzw. der typischen sozialen Interaktionsmuster rundheraus<br />

elim<strong>in</strong>ieren. Worauf wir – soweit ich sehe – allerd<strong>in</strong>gs verzichten<br />

müssen, ist die Hoffnung auf e<strong>in</strong>e genu<strong>in</strong> psychologische<br />

Wissenschaft unserer <strong>in</strong>tentionalen Zustände, die<br />

nicht-reduktiv ist und gleichwohl auf die Absolution des<br />

Naturalismus zählen kann.<br />

2 Siehe dazu auch die Kritik N. Blocks (Block 1978, <strong>in</strong>sbes. 159-163).<br />

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