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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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Zu Carnaps Def<strong>in</strong>ition von ‘Zurückführbarkeit’<br />

Rol<strong>and</strong> Kastler, München, Deutschl<strong>and</strong><br />

In den Pr<strong>in</strong>cipia Ma<strong>the</strong>matica versuchen Whitehead und<br />

Russell (Whitehead, Russell 1957 2 ) die Begriffe der<br />

Ma<strong>the</strong>matik <strong>in</strong> jene der Logik (Typenlogik bzw. Logik plus<br />

Klassen<strong>the</strong>orie)e<strong>in</strong>zubetten. Rudolf Carnap erweiterte das<br />

Anwendungsgebiet der <strong>in</strong> den Pr<strong>in</strong>cipia Ma<strong>the</strong>matica<br />

e<strong>in</strong>geführten Methode der logischen Konstruktionen,<br />

<strong>in</strong>dem er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk Der logische Aufbau der Welt<br />

(Carnap 1966 3 ) die Grundzüge e<strong>in</strong>es Projektes darstellt,<br />

welches die Begriffe der Welt auf unmittelbar Gegebenes<br />

zurückzuführen <strong>in</strong>tendiert. Die von Carnap entwickelte<br />

Konstitutions<strong>the</strong>orie nimmt dabei nicht nur im allgeme<strong>in</strong>en<br />

Bezug auf Russell und Whitehead, und zwar <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne,<br />

<strong>in</strong> dem Carnap sich beispielsweise dem Phänomenalismus<br />

Ernst Machs verpflichtet fühlt (Vgl. Carnap 1993, 29.),<br />

sondern er formuliert bezüglich der „Pr<strong>in</strong>cipia“, daß jene<br />

‘e<strong>in</strong> „Konstitutionssystem“ der ma<strong>the</strong>matischen Begriffe’<br />

darstellen (Vgl. Carnap 1966, 47f.).<br />

Gegen Carnaps Konstitutions<strong>the</strong>orie wurden nun<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Literatur e<strong>in</strong>e Vielzahl von Argumenten<br />

vorgebracht, wobei <strong>in</strong>sbesondere auch se<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition<br />

von ‚Reduktion’ bzw. ‚Zurückführbarkeit’ im Mittelpunkt der<br />

Kritik st<strong>and</strong>. Bevor aber auf das prom<strong>in</strong>enteste dieser<br />

Argumente gegen se<strong>in</strong> Reduktionskonzept e<strong>in</strong>gegangen<br />

werden soll, seien vorerst Beispiele für konstitutionale<br />

Def<strong>in</strong>itionen aus der „Pr<strong>in</strong>cipia“ und dem „Aufbau“<br />

angeführt:<br />

(K1) 0 =Def {∅}, 1 =Def {α | ∃x (α={x})}, 2 =Def {α | ∃x∃y (x ≠ y ∧ α={x,y})}<br />

μ+ν={ζ | ∃α∃β (μ∈nc ∧ ν∈nc ∧ α∈μ ∧ β∈ν ∧ α∩β=∅ ∧ ζ=α∪β)}<br />

(K2) gesicht =Def {α | ∃λ(λ∈s<strong>in</strong>n ∧ Dzp( 5, λ, α, Umgr’Aq))}<br />

(K1) gibt also die Def<strong>in</strong>ition von Zahlausdrücken sowie des<br />

additiven Funktionszeichens an, wobei ‘nc’ die Klasse aller<br />

Kard<strong>in</strong>alzahlen bezeichnet. Es ist hier die vere<strong>in</strong>fachte<br />

Carnapsche Version der „Pr<strong>in</strong>cipia“ dargestellt (Vgl. Carnap<br />

1929, 52.), welche aber die zugrundeliegende Idee<br />

präzise widerspiegelt (Vgl. zur „Pr<strong>in</strong>cipia-Version“: Russell,<br />

Whitehead 1957, Vol. II, 72.). In (K2) wird der Gesichtss<strong>in</strong>n<br />

als diejenige S<strong>in</strong>nesklasse von Qualitäten bestimmt, deren<br />

Ordnung der Qualitäten <strong>in</strong> Bezug auf die durch Aq bestimmte<br />

Umgebungsrelation die Dimensionszahl 5 hat<br />

(Vgl. Carnap 1966, 155.).<br />

Russell formuliert zur oben angegebenen Def<strong>in</strong>ition<br />

an <strong>and</strong>erer Stelle, dass aufgrund dieser Def<strong>in</strong>ition die Zahl<br />

2 die Klasse aller Paare ist (Vgl. Russell 1975, 29.). E<strong>in</strong>e<br />

der entscheidenden Fragen, welche sich <strong>in</strong> Bezug auf<br />

Carnaps Begriff der Zurückführbarkeit stellen wird, ist jene,<br />

ob wir die konstitutionalen Def<strong>in</strong>itionen so <strong>in</strong>terpretieren<br />

müssen, wie sie jene Äußerung von Russell - welche hier<br />

natürlich völlig aus dem Zusammenhang gerissen<br />

präsentiert wird - nahezulegen sche<strong>in</strong>t.<br />

166<br />

Carnap def<strong>in</strong>iert zunächst folgendermaßen:<br />

Unter e<strong>in</strong>er „konstitutionalen Def<strong>in</strong>ition“ des Begriffes<br />

a auf Grund der Begriffe b, c verstehen wir e<strong>in</strong>e<br />

Übersetzungsregel, die allgeme<strong>in</strong> angibt, wie jede<br />

Aussagefunktion, <strong>in</strong> der a vorkommt, verw<strong>and</strong>elt<br />

werden kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e umfangsgleiche Aussagefunktion,<br />

<strong>in</strong> der nicht mehr a, sondern nur noch b, c vorkommen.<br />

(Carnap 1966, 47.)<br />

Und <strong>in</strong> engem Zusammenhang zum Begriff der konstitutionalen<br />

Def<strong>in</strong>ition steht jener der Zurückführbarkeit:<br />

Gibt es zu jeder Aussagefunktion ausschließlich über<br />

die Gegenstände a, b, c,... (wobei b, c ... auch<br />

fehlen dürfen) e<strong>in</strong>e umfangsgleiche Aussagefunktion<br />

ausschließlich über b, c ..., so heißt a „zurückführbar“<br />

auf b, c, ...<br />

[...] Unter e<strong>in</strong>er Aussage oder Aussagefunktion<br />

„ausschließlich über die Gegenstände a, b ...“ verstehen<br />

wir e<strong>in</strong>e solche, <strong>in</strong> deren schriftlichem Ausdruck<br />

als nichtlogische Zeichen nur „a“, „b“, ... vorkommen<br />

(Carnap 1966, 47.).<br />

Gegen e<strong>in</strong>en derartigen Reduktionsbegriff könnte man<br />

e<strong>in</strong>wenden, dass extensionale Identität nicht das Kriterium<br />

se<strong>in</strong> kann, da ja beispielsweise Zahlprädikate <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>er Zahlen<strong>the</strong>orie auf Zahlen zutreffen und nicht auf<br />

Mengen genauso wie Mengenprädikate <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er<br />

Mengen<strong>the</strong>orie auf Mengen zutreffen und nicht auf Zahlen,<br />

weshalb es zu ke<strong>in</strong>em Zahlprädikat e<strong>in</strong> umfangsgleiches<br />

Mengenprädikat geben kann.<br />

Es gilt hier also zunächst zu prüfen, ob die obige<br />

Reduktionsdef<strong>in</strong>ition überhaupt derart <strong>in</strong>terpretiert werden<br />

kann.<br />

Carnap arbeitet bereits 1928 am zweiten Teil zu den<br />

Untersuchungen zur allgeme<strong>in</strong>en Axiomatik (Vgl. Bonk,<br />

Moster<strong>in</strong> 2000, 47.), <strong>in</strong> welchen es u. a. um e<strong>in</strong>e<br />

Formulierung von Extremalaxiomen <strong>in</strong> der Objektsprache<br />

geht. E<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong> Extremalaxiom wäre <strong>in</strong>nerhalb<br />

des Hilbertschen Axiomensystems der euklidischen<br />

Geometrie das sogenannte Vollständigkeitsaxiom. Dieses<br />

behauptet, dass die Grundgegenstände des Axiomensystems<br />

bei Aufrechterhaltung sämtlicher <strong>and</strong>erer Axiome<br />

nicht erweitert werden können (Vgl. Carnap 1936, 166f.).<br />

Wir können demnach festhalten, dass für Carnap Theorien<br />

zunächst Satzmengen darstellen, welche sich auf e<strong>in</strong>en<br />

Gegenst<strong>and</strong>sbereich beziehen. Im Abriß der Logistik<br />

formuliert Carnap u. a., wie er das Konstitutionssystem der<br />

„Pr<strong>in</strong>cipia“ mittels des Explizitbegriffes e<strong>in</strong>es (ma<strong>the</strong>matischen)<br />

Axiomensystems zu erweitern versucht. Er<br />

stellt dies u. a. am Beispiel des Hausdorffschen Axiomensystems<br />

dar, welches als Klasse der Hausdorffschen<br />

Umgebungssysteme e<strong>in</strong>en re<strong>in</strong> logischen Begriff darstellt<br />

(Vgl. Carnap 1929, 76ff.). E<strong>in</strong>e derartige Formulierung<br />

kann aber nun <strong>in</strong> der Sprache des „Aufbaus“ als e<strong>in</strong>e<br />

„Zurückführung von ma<strong>the</strong>matischen auf logische<br />

Gegenstände“ betrachtet werden. Nehmen wir nun also<br />

an, die Relata der Zurückführbarkeitsrelation beziehen<br />

sich auf die Gegenst<strong>and</strong>sbereiche zweier verschiedener<br />

Theorien. Da Carnap zu jener Zeit, <strong>in</strong> welcher der „Aufbau“<br />

ausgearbeitet wurde, Theorien immer <strong>in</strong> der typenlogischen<br />

Sprache formuliert (Vgl. Carnap 1929, 70 – 90.),<br />

setzen wir dementsprechend zusätzlich voraus, dass<br />

unsere fraglichen Theorien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Typenlogik gegeben<br />

s<strong>in</strong>d. Und aufgrund der Tatsache, dass <strong>in</strong>sbesondere dem<br />

Problem der Reduzierbarkeit von Grundgegenständen der<br />

e<strong>in</strong>en Theorie auf Gegenstände der <strong>and</strong>eren Theorie<br />

besondere Relevanz zukommt, da e<strong>in</strong>e derartige Reduktion<br />

e<strong>in</strong>es der wesentlichen Ziele e<strong>in</strong>es konstruktionalen<br />

Systems darstellt, soll die Frage an diesem<br />

Spezialfall verdeutlicht werden.

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