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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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Supervenienz, Zeit und ontologische Abhängigkeit<br />

Pedro Schmechtig, Dresden, Deutschl<strong>and</strong><br />

1. Ausgangsproblem<br />

Viele Philosophen f<strong>in</strong>den die Idee attraktiv, dass zum<strong>in</strong>dest<br />

die Wahrheit kont<strong>in</strong>genter Propositionen von D<strong>in</strong>gen<br />

abhängt, die <strong>in</strong> der Welt existieren. Typischerweise wird<br />

gesagt, für jede Proposition und Entität α gilt, wenn α<br />

e<strong>in</strong> Wahrmacher für ist, dann kann unmöglich<br />

wahr se<strong>in</strong>, ohne dass α existiert. Pr<strong>in</strong>zipen dieser Art charakterisieren<br />

die Verb<strong>in</strong>dung zwischen Wahrheit und Welt<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er modalen Existenzabhängigkeit, die für jede<br />

präsentistische Zeitkonzeption e<strong>in</strong>e Herausforderung darstellt.<br />

Gemäß der präsentistischen Sichtweise existieren<br />

D<strong>in</strong>ge nur <strong>in</strong> der Gegenwart. Doch natürlich ist es so, dass<br />

wir mit zahlreichen Propositionen auf vergangene oder<br />

zukünftige Ereignisse bzw. Individuen Bezug nehmen;<br />

solche Propositionen können offenkundig wahr se<strong>in</strong>, obgleich<br />

deren Wahrheit nicht von der Existenz gegenwärtiger<br />

D<strong>in</strong>ge abhängt. Entsprechend lässt sich folgendes<br />

Argument formulieren:<br />

Wahrmacher-Argument gegen den Präsentismus:<br />

304<br />

(P1) Wenn der Präsentismus wahr ist, dann existieren<br />

D<strong>in</strong>ge nur <strong>in</strong> der Gegenwart [Prämisse des Präsentismus].<br />

(P2) Kont<strong>in</strong>gente Propositionen s<strong>in</strong>d wahr, weil sie<br />

durch D<strong>in</strong>ge wahrgemacht werden, die <strong>in</strong> der Welt<br />

existieren [Prämisse des Wahrmachens].<br />

(P3) Propositionen <strong>in</strong> Bezug auf die Vergangenheit<br />

bzw. Zukunft s<strong>in</strong>d manchmal wahr [offensichtliche<br />

Tatsache].<br />

Aufgrund von (P1) und (P2):<br />

(P4) Propositionen <strong>in</strong> Bezug auf die Vergangenheit<br />

bzw. Zukunft werden durch D<strong>in</strong>ge wahrgemacht, die<br />

nur <strong>in</strong> der Gegenwart existieren.<br />

Aufgrund von (P3) und (P2):<br />

(P5) Wenn Propositionen mit Bezug auf die Vergangenheit<br />

bzw. Zukunft wahr s<strong>in</strong>d, hängen sie<br />

(zum<strong>in</strong>dest teilweise) von D<strong>in</strong>gen ab, die <strong>in</strong> der Welt<br />

existieren, aber nicht gegenwärtig s<strong>in</strong>d.<br />

Aufgrund der Unvere<strong>in</strong>barkeit von (P4) und (P5):<br />

(K) Der Präsentismus kann nicht erklären, warum<br />

(P3) gilt.<br />

Es gibt verschiedene Strategien, das vorliegende Argument<br />

zu entkräften. Man könnte beispielsweise Prämisse<br />

(P3) bestreiten, <strong>in</strong>dem man sagt, dass Propositionen <strong>in</strong><br />

Bezug auf die Vergangenheit bzw. Zukunft weder wahr<br />

noch falsch s<strong>in</strong>d. Vielleicht ist es plausibel, zu behaupten,<br />

dass Propositionen mit Blick auf zukünftige Ereignisse<br />

weder wahr noch falsch s<strong>in</strong>d (Tooley 1997); doch <strong>in</strong> Bezug<br />

auf vergangene Ereignisse wäre e<strong>in</strong>e ähnliche Behauptung<br />

sicherlich absurd. E<strong>in</strong>e <strong>and</strong>ere Möglichkeit bestünde<br />

jedenfalls dar<strong>in</strong>, Prämisse (P3) zu akzeptieren und stattdessen<br />

(P2) abzulehnen. Derartige Ansätze behaupten<br />

entweder, dass D<strong>in</strong>ge neben ihrer Existenz noch e<strong>in</strong>e <strong>and</strong>ere<br />

‚Se<strong>in</strong>sweise’ besitzen, so dass sie – gleichwohl sie<br />

nicht existieren – trotzdem als Wahrmacher für kont<strong>in</strong>gente<br />

Propositionen fungieren können (Me<strong>in</strong>ong 1904). Oder<br />

aber man weist (P2) zurück, weil man denkt, dass sich die<br />

Abhängigkeit, welche im H<strong>in</strong>blick auf die gegenwärtige<br />

Welt besteht, nicht an der ontologischen Fundierung durch<br />

entsprechende Entitäten festmacht, sondern re<strong>in</strong> semantisch<br />

über die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er primitiven Masch<strong>in</strong>erie –<br />

universelle Quantifikation plus zugehörigem Tense-<br />

Operator – erklären lässt (Prior 1968). 1<br />

Gegenüber solchen – auch als ‚Truthmaker-Deny<strong>in</strong>g<br />

Presentism’ (Keller 2004) bezeichneten – Ansätzen wird<br />

e<strong>in</strong>gew<strong>and</strong>t, dass es die wesentlich luzidere Strategie sei,<br />

an der grundlegenden Fundierungs-Intuition festzuhalten<br />

und im Austausch dafür zu überlegen, ob sich Prämisse<br />

(P2) – und damit das betreffende Wahrmacher-Pr<strong>in</strong>zip –<br />

modifizieren lässt. Demnach lässt sich die bisherige<br />

Explikation der Wahrmacher-Relation durch e<strong>in</strong> sog.<br />

Supervenienz-Pr<strong>in</strong>zip der Wahrheit ersetzen.<br />

Ich werde kurz die Gründe benennen, die für e<strong>in</strong>e<br />

solche Modifikation sprechen, und anschließend die Frage<br />

klären, ob e<strong>in</strong> Präsentist im Rahmen dieser Strategie<br />

bessere Karten hat, das angeführte Wahrmacher-<br />

Argument zu entkräften. Das Ergebnis me<strong>in</strong>er Überlegungen<br />

wird jedoch ernüchternd ausfallen.<br />

2. Was spricht für e<strong>in</strong> modifiziertes<br />

Wahrmacher-Pr<strong>in</strong>zip?<br />

Ursprünglich wurde die Idee des Wahrmachens <strong>in</strong> direkter<br />

Anwendung auf e<strong>in</strong>e konkrete (aktuale) Welt verst<strong>and</strong>en.<br />

Man fragt sich, was es heißt – bezogen auf diese e<strong>in</strong>zelne<br />

Welt –, dass etwas existieren muss, aufgrund dessen e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Proposition wahr ist. E<strong>in</strong> Vergleich zwischen<br />

verschiedenen Welten, <strong>in</strong> denen Propositionen sowohl<br />

wahr als auch falsch se<strong>in</strong> können, spielt dabei ke<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Demgegenüber wurde betont, dass sich die zentrale Intuition<br />

der Abhängigkeit von Wahrheit und Realität <strong>in</strong> <strong>and</strong>erer<br />

Weise problemloser verständlich machen lässt. Die Essenz<br />

der Fundierungs-Intuition beruht darauf, dass es<br />

ke<strong>in</strong>e Differenz zwischen Welten geben kann, <strong>in</strong> denen<br />

e<strong>in</strong>e Proposition wahr oder falsch ist, ohne dass es e<strong>in</strong>e<br />

Differenz bezüglich der D<strong>in</strong>ge gibt, die <strong>in</strong> diesen Welten<br />

vorkommen. Der damit verbundene Slogan ‚Wahrheit superveniert<br />

auf Se<strong>in</strong>’ (Bigelow 1988) lässt sich – mit Bezug<br />

auf Notwendigkeit und mögliche Welten – durch das folgende<br />

Pr<strong>in</strong>zip (Lewis 2001: 216) wiedergeben:<br />

Supervenienz-Pr<strong>in</strong>zip der Wahrheit (SPW): Für jede<br />

Proposition , Welt ω und ω* gilt: Wenn <strong>in</strong> ω<br />

wahr ist, aber nicht <strong>in</strong> ω*, dann existiert entweder<br />

etwas <strong>in</strong> ω, das nicht <strong>in</strong> ω* existiert, oder es gibt irgende<strong>in</strong><br />

n-tuple von D<strong>in</strong>gen, das <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er fundamentalen<br />

Relation <strong>in</strong> ω, aber nicht <strong>in</strong> ω* steht.<br />

Es s<strong>in</strong>d vor allem drei Gründe, warum man glaubt, dass<br />

(SPW) im Vergleich zu bestehenden Wahrmacher-<br />

Pr<strong>in</strong>zipien besser abschneidet. Erstens liefert (SPW) e<strong>in</strong>e<br />

simple Lösung für das Kard<strong>in</strong>alproblem jeder Wahrmacher-Theorie.<br />

Die Idee des Wahrmachens wird als e<strong>in</strong>e<br />

cross-kategoriale Relation der Notwendigkeit begriffen, die<br />

1 E<strong>in</strong>e etwas <strong>and</strong>ers gelagerte Skepsis gegenüber e<strong>in</strong>em ‚Truthmaker-<br />

Deny<strong>in</strong>g Presentism’ wird von Kierl<strong>and</strong> & Monton (2007) <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es sog.<br />

‚brute Presentism’ vertreten.

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