02.11.2012 Views

Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Impliziert der <strong>in</strong>tentionale Reduktionismus e<strong>in</strong>en psychologischen<br />

Elim<strong>in</strong>ativismus? Fodor und das Problem psychologischer<br />

Erklärungen<br />

Thomas Szanto, Wien & Graz, Österreich<br />

1.<br />

E<strong>in</strong>es der wenigen Kriterien für die Akzeptierbarkeit der<br />

Psychologie als legitimer E<strong>in</strong>zelwissenschaft unter <strong>and</strong>eren<br />

Naturwissenschaften, auf das sich die meisten nichtreduktiven<br />

Naturalisten e<strong>in</strong>igen können, ist ihre Kompatibilität<br />

mit e<strong>in</strong>em Naturalismus <strong>in</strong> Bezug auf jene mentalen<br />

Zustände, die wesentlich durch Intentionalität charakterisiert<br />

s<strong>in</strong>d. J. Fodor hat diesem M<strong>in</strong>imalkriterium se<strong>in</strong>e kanonische<br />

Form verliehen: Was wir Fodor zufolge brauchen,<br />

ist e<strong>in</strong>e Theorie, die <strong>in</strong> nicht-semantischen und nicht<strong>in</strong>tentionalen<br />

Kategorien h<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gungen für<br />

das Vorliegen e<strong>in</strong>er Repräsentationsbeziehung zwischen<br />

zwei Teilstücken („bits“) der natürlichen Welt, nämlich e<strong>in</strong>em<br />

mentalen und e<strong>in</strong>em physikalischen Zust<strong>and</strong>, angibt<br />

(vgl. Fodor 1987, 98).<br />

Fodors kognitivistisches Gesamtprojekt fußt auf zwei<br />

– sche<strong>in</strong>bar gegenläufige – meta<strong>the</strong>oretischen Prämissen:<br />

Fodor zufolge werden wir ke<strong>in</strong>e ernstzunehmenden<br />

psychologischen Erklärungen erzielen, wenn wir 1.) ke<strong>in</strong>e<br />

verallgeme<strong>in</strong>erbaren Gesetzmäßigkeiten bezüglich der<br />

<strong>in</strong>tentionalen Verursachung von Verhalten beschreiben<br />

können, die mit den grundsätzlichen Erklärungsansprüchen<br />

der Volkspsychologie vere<strong>in</strong>bar s<strong>in</strong>d; 2.) müssen<br />

diese alltagspsychologisch relevanten Gesetzmäßigkeiten<br />

wiederum zum<strong>in</strong>dest pr<strong>in</strong>zipiell <strong>in</strong> den kausalen<br />

Erklärungsrahmen nach dem Modell empirischer Wissenschaften<br />

übersetzbar se<strong>in</strong>. Wenn wir also die Realität<br />

<strong>in</strong>tentionaler Zustände nicht bezweifeln und sie auch aus<br />

e<strong>in</strong>er seriösen Psychologie nicht elim<strong>in</strong>ieren wollen,<br />

müssen wir die <strong>in</strong>tentionalen Gesetzmäßigkeiten naturalisieren<br />

(vgl. Fodor 1994, 3). Nur wenn das gel<strong>in</strong>gt,<br />

haben wir Aussicht auf e<strong>in</strong>e wissenschaftlich akzeptable<br />

Psychologie. Psychologie als genu<strong>in</strong>e Wissenschaft wäre<br />

demnach e<strong>in</strong>e Erklärung der gesetzmäßigen Struktur und<br />

der formalen Prozesse <strong>in</strong>tentionaler Systeme; und genu<strong>in</strong><br />

psychologisch wäre die Erklärung, sofern sie sich nicht auf<br />

Verallgeme<strong>in</strong>erungen <strong>and</strong>erer empirischen E<strong>in</strong>zelwissenschaften<br />

(wie etwa die Neurobiologie) reduzieren lässt.<br />

(vgl. Fodor 1990, 5)<br />

Sollten wir e<strong>in</strong>e solche Theorie nicht zust<strong>and</strong>e<br />

br<strong>in</strong>gen, müssten wir unsere Alltagspsychologie <strong>in</strong> die<br />

historische Senkgrube <strong>in</strong>tellektueller Fehltritte verbannen –<br />

was aber nach Fodor der „greatest <strong>in</strong>tellectual catastrophe<br />

<strong>in</strong> <strong>the</strong> history of our species“ (Fodor 1987, xii) gleichkäme.<br />

S. Stich hat diese besorgniserregende Ansicht Fodors<br />

ironisch als „die Katastrophen<strong>the</strong>orie“ diagnostiziert (Stich<br />

1996, 92ff.). Fodors Katastrophen<strong>the</strong>orie wird durch die<br />

fragwürdige Annahme gespeist, dass e<strong>in</strong> Versagen auf<br />

dem Feld der Naturalisierung des Intentionalen eo ipso die<br />

„furchtbare Konsequenz“ hätte, dass wir unseren festen<br />

Glauben an die Realität des Intentionalen aufgeben und<br />

das Feld den <strong>in</strong>tentionalen Irrealisten räumen müssten.<br />

Fragwürdig ist diese Annahme, da gar nicht klar ist,<br />

<strong>in</strong>wiefern und ob überhaupt aus dem Versagen auf dem<br />

Feld der Naturalisierung der <strong>in</strong>tentionale Irrealismus folgen<br />

soll.<br />

Fodor nimmt an, dass die Widerlegung des<br />

<strong>in</strong>tentionalen Irrealismus nur durch e<strong>in</strong>e endgültige, und<br />

das heißt vollständige Naturalisierung des Intentionalen<br />

möglich ist. Dabei setzt er jedoch die methodologische<br />

Grundprämisse der zu widerlegenden Position voraus,<br />

wonach nämlich nur das real ist, was pr<strong>in</strong>zipiell naturalisierbar<br />

ist (vgl. Fodor 1994, 5).<br />

Bevor man jedoch irgendwelche Zugeständnisse an<br />

den <strong>in</strong>tentionalen Irrealismus macht, müsste man zunächst<br />

zeigen, dass dieser e<strong>in</strong>e wahre ontologische These oder<br />

zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e brauchbare Doktr<strong>in</strong> bezüglich des<br />

spezifischen Gegenst<strong>and</strong>sbereichs jener Wissenschaft ist,<br />

die sich mit <strong>in</strong>tentionalen Zuständen beschäftigt. Die<br />

Katastrophen<strong>the</strong>orie impliziert, dass die Gültigkeit <strong>in</strong>tentional-psychologischer<br />

Erklärungen notwendig von der<br />

Wahrheit des <strong>in</strong>tentionalen Irrealismus abhängt. Die Wahrheit<br />

des <strong>in</strong>tentionalen Irrealismus hängt wiederum von der<br />

Wahrheit ihrer ontologischen Behauptungen und deren<br />

wissenschafts<strong>the</strong>oretischen Konsequenzen ab.<br />

2.<br />

In se<strong>in</strong>er ontologisch starken Version behauptet der <strong>in</strong>tentionale<br />

Irrealismus, dass solche Zustände, mit denen sich<br />

die <strong>in</strong>tentionale Psychologie beschäftigt, <strong>in</strong> Wirklichkeit –<br />

nämlich <strong>in</strong> jener, welche die seriösen Wissenschaften modellieren<br />

– gar nicht existieren. Der starke <strong>in</strong>tentionale<br />

Irrealismus basiert auf der Ontologie des elim<strong>in</strong>ativen Materialismus.<br />

Entitäten, mit denen sich Psychologen beschäftigen<br />

wenn sie <strong>in</strong>tentionales Verhalten oder <strong>in</strong>tentionale<br />

Zustände analysieren, haben dieser Ansicht zufolge<br />

den gleichen Realitätsgehalt wie jene Zustände, die etwa<br />

mittelalterliche Exorzisten e<strong>in</strong>er Hexe zugeschrieben haben.<br />

Intentionale Psychologie ist demnach durch und<br />

durch Volkspsychologie und hat als solche ebenso wenig<br />

Platz im Kanon ernstzunehmender Wissenschaften wie<br />

religiöser oder sonstiger Aberglaube.<br />

Demgegenüber ist die ontologisch schwächere Version<br />

des <strong>in</strong>tentionalen Irrealismus rigider, was den psychologischen<br />

Erklärungsrahmen betrifft. Die schwächere<br />

Version trifft zwar ke<strong>in</strong>e Behauptung bezüglich der<br />

Existenz der fraglicher Entitäten und stellt lediglich fest,<br />

dass die Eigenschaften, die <strong>in</strong>tentionalen Zuständen<br />

zugeschrieben werden, ke<strong>in</strong>erlei Wirksamkeit <strong>in</strong>nerhalb<br />

der kausalen Gesetzmäßigkeiten ausüben, welche das<br />

Untersuchungsfeld seriöser Wissenschaften konstituieren.<br />

Nun wäre dies noch <strong>in</strong>sofern unproblematisch, solange<br />

man gelten lässt, dass die <strong>in</strong>tentionale Psychologie es gar<br />

nicht mit Kausalerklärungen zu tun hat. Die fodorsche<br />

Version macht jedoch e<strong>in</strong>e weitere Annahme, welche den<br />

Zusammenhang betrifft zwischen der kausalen<br />

Wirksamkeit, der Realität <strong>in</strong>tentionaler Zustände und der<br />

Möglichkeit, psychologisch <strong>in</strong>formative Aussagen über<br />

diese zu machen. Die Zusatzprämisse besagt, dass<br />

<strong>in</strong>tentionale Zustände nur <strong>in</strong>sofern als reale Entitäten<br />

<strong>in</strong>terpretiert werden können, als sie kausal wirksam s<strong>in</strong>d.<br />

Sofern <strong>in</strong>tentionale Eigenschaften ke<strong>in</strong>e kausale Wirksamkeit<br />

ausüben, können auch Erklärungen, die auf solche<br />

Eigenschaften rekurrieren, ke<strong>in</strong>e Rolle bei der Erklärung<br />

343

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!