02.11.2012 Views

Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Das ‘schwierige Problem’ des Bewusstse<strong>in</strong>s – oder wie es ist, Person zu se<strong>in</strong> — Patricia M. Wallusch<br />

2. David Chalmers Ansatz zu e<strong>in</strong>er Theorie<br />

des Bewusstse<strong>in</strong>s (consciousness)<br />

An diesem Punkt des Scheiterns jener Theorien, knüpft<br />

Chalmers an und versucht e<strong>in</strong>en nicht-reduktiven Ausweg<br />

zu weisen. Er diagnostiziert das Problem, das bisherige<br />

physikalistische Ansätze bei der Erklärung des Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

hatten, zum e<strong>in</strong>en dar<strong>in</strong>, dass sie reduktionistisch<br />

ausgerichtet waren und dass es sich bei den erklärten<br />

Merkmalen um die ´leichten´ Probleme h<strong>and</strong>elte, – dass<br />

also entgegen dem Anspruch, den diese Theorien h<strong>in</strong>sichtlich<br />

ihrer explanativen Kraft hegten, das wirklich<br />

´schwere´ Problem von ihnen nicht berührt wurde.<br />

Die ´leichten´ Probleme umfassen „<strong>the</strong> ability to<br />

discrim<strong>in</strong>ate, categorize, <strong>and</strong> react to environmental<br />

stimuli; <strong>the</strong> <strong>in</strong>tegration of <strong>in</strong>formation by a cognitive<br />

system; <strong>the</strong> reportability of mental states; <strong>the</strong> ability of a<br />

system to access its own <strong>in</strong>ternal states; <strong>the</strong> focus of<br />

attention; <strong>the</strong> deliberate control of behavior; <strong>the</strong> difference<br />

between wakefulness <strong>and</strong> sleep.” (Chalmers 1995, 200)<br />

Diese bilden den Bereich des Bewusstse<strong>in</strong>s im S<strong>in</strong>n von<br />

´awareness´. Ihnen sei mit e<strong>in</strong>em reduktionistischen<br />

Ansatz leicht beizukommen, da sie mittels computationaler<br />

oder neuronaler Mechanismen pr<strong>in</strong>zipiell erklärbar seien, –<br />

auch wenn dies noch e<strong>in</strong>e längere Phase schwieriger<br />

empirischer Forschung durch die Kognitions- und<br />

Neurowissenschaften bedeute. „If <strong>the</strong>se phenomena were<br />

all <strong>the</strong>re was to consciousness, <strong>the</strong>n consciousness would<br />

not be much of a problem. Although we do not yet have<br />

anyth<strong>in</strong>g close to a complete explanation of <strong>the</strong>se<br />

phenomena, we have a clear idea of how we might go<br />

about expla<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>the</strong>m. This is why I call <strong>the</strong>se problems<br />

<strong>the</strong> easy problems.” (Chalmers 1995, 201)<br />

Das eigentliche und schwere Problem, dem<br />

sche<strong>in</strong>bar nicht beizukommen ist, ist h<strong>in</strong>gegen das der<br />

Erfahrung: „When we th<strong>in</strong>k <strong>and</strong> perceive, <strong>the</strong>re is a whir of<br />

<strong>in</strong>formation-process<strong>in</strong>g, but <strong>the</strong>re is also a subjective<br />

aspect. As Nagel (1974) has put it, <strong>the</strong>re is someth<strong>in</strong>g it is<br />

like to be a conscious organism.” (Chalmers 1995, 201)<br />

Um diesem Problem beizukommen, konzipiert Chalmers<br />

e<strong>in</strong>e Theorie, <strong>in</strong> deren Zentrum der Begriff der Information<br />

bzw. des Informationsraums steht. Diese Theorie basiert<br />

auf drei Pr<strong>in</strong>zipien, zwei nicht-grundlegender und e<strong>in</strong>em<br />

grundlegender Art. Das Pr<strong>in</strong>zip struktureller Kohärenz und<br />

das Pr<strong>in</strong>zip funktionaler (´organisational´) Invarianz s<strong>in</strong>d<br />

Pr<strong>in</strong>zipien nicht grundlegender Art, die es ermöglichen<br />

sollen, Entsprechungen zwischen Bewusstse<strong>in</strong> im S<strong>in</strong>n<br />

von awareness und Bewusstse<strong>in</strong> im S<strong>in</strong>n von<br />

consciousness sowohl auf globaler als auf struktureller<br />

Ebene herzustellen. H<strong>in</strong>zu kommt das Doppel-Aspekt<br />

Pr<strong>in</strong>zip, als grundlegendes Pr<strong>in</strong>zip. Es besagt: „whenever<br />

we f<strong>in</strong>d an <strong>in</strong>formation space realized phenomenally, we<br />

f<strong>in</strong>d <strong>the</strong> same <strong>in</strong>formation space realized physically.“<br />

(Chalmers 1996, 284) Dieses Pr<strong>in</strong>zip gibt <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit den erstgenannten Pr<strong>in</strong>zipien Anlass zu der Hoffnung,<br />

nun endlich e<strong>in</strong>e Grundlage <strong>in</strong> der H<strong>and</strong> zu haben, mittels<br />

derer dem ´schweren´ Problem beizukommen ist. Der<br />

daraus resultierenden Theorie zufolge wird jegliche<br />

Information, die bewusst erlebt wird, zugleich physisch<br />

verkörpert. Sie basiert also auf der Annahme e<strong>in</strong>er<br />

strukturellen und <strong>in</strong>haltlichen Entsprechung zwischen<br />

diesen beiden Informationsräumen.<br />

3. Das Problem des Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

(revisited)<br />

Was mich bezüglich der von Chalmers vorgeschlagenen<br />

Vorgehensweise skeptisch stimmt, ist, dass <strong>in</strong> ihm dem<br />

Begriff der Information bzw. des Informationsraums e<strong>in</strong>e<br />

zentrale Rolle zukommt. Mir sche<strong>in</strong>t unser eigentliches<br />

Problem wiederholt nicht berührt zu se<strong>in</strong>, geht es bei dem<br />

eigentlichen Problem des Bewusstse<strong>in</strong>s (consciousness)<br />

doch gerade um e<strong>in</strong> Phänomen, das jenseits aller bewussten<br />

Zustände mit bestimmtem (Informations-)gehalt (awareness)<br />

auftritt, – wie Chalmers selbst feststellte „but <strong>the</strong>re<br />

is also a subjective aspect“ (Chalmers 1995, 201).<br />

Wacome stellt e<strong>in</strong>en Punkt heraus, der e<strong>in</strong>e Intuition<br />

me<strong>in</strong>erseits trifft. Ihm stellt sich unser Problem<br />

folgendermaßen dar: „reducibility was conceived as a<br />

logical relation between l<strong>in</strong>guistic items... but type<br />

reducibility was taken as hav<strong>in</strong>g ontological implications.“<br />

(Wacome 2004, 323) Ansätze des Physikalismus<br />

unterscheiden sich also lediglich h<strong>in</strong>sichtlich der Art, wie<br />

sie über die zu erklärenden Phänomene reden, – nicht<br />

h<strong>in</strong>sichtlich des Ziels, dass sie unterschiedslos auf der<br />

ontologischen Ebene verfolgen: „Physicalism, whe<strong>the</strong>r<br />

reductionist or nonreductionist, denies <strong>the</strong> existence of <strong>the</strong><br />

immaterial m<strong>in</strong>d.“ (Ders., 325) Doch wie könnte e<strong>in</strong>e<br />

Alternative aussehen?<br />

Ke<strong>in</strong> Zweifel dürfte dah<strong>in</strong>gehend bestehen, dass<br />

auch Erklärungen, die e<strong>in</strong>er dualistische Intuition<br />

entstammen, nicht ignorieren können, dass auf<br />

physikalischer Ebene etwas passiert, wenn e<strong>in</strong>e Person<br />

bewusst ist, – also e<strong>in</strong> m<strong>in</strong>imaler Physikalismus als Basis<br />

vonnöten ist, um die Verstehbarkeit mentaler<br />

Verursachung pr<strong>in</strong>zipiell zu ermöglichen. Dieser Aspekt ist<br />

es auch, der selbst den Neurowissenschaften noch<br />

Kopfschmerzen bereitet. Wolf S<strong>in</strong>ger stellte sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Vortrag, den er im März dieses Jahres hielt, der Frage<br />

„Wer regiert im Gehirn?“. Dabei betonte er, dass es zwar<br />

mehrere Zentren im Gehirn gibt (also ke<strong>in</strong>e Zentrale e<strong>in</strong>er<br />

´res cogitans´ wie sie Descartes noch vermutete), jedoch<br />

unabhängig von deren Aktivitäten noch e<strong>in</strong>e weitere<br />

jederzeit messbare Aktivität vorh<strong>and</strong>en sei, die ke<strong>in</strong>em der<br />

bisher lokalisierten Zentren zugeordnet werden kann. In<br />

dieser nicht-lokalisierbaren Aktivität könnte eben jene<br />

m<strong>in</strong>imale physikalische Basis subjektiven Erlebens<br />

vorliegen, – allerd<strong>in</strong>gs ist die Annahme e<strong>in</strong>es solchen<br />

Zusammenhangs nur e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> spekulative Vermutung<br />

me<strong>in</strong>erseits, die plausibel ersche<strong>in</strong>en mag oder nicht, <strong>in</strong><br />

jedem Fall aber noch der Bestätigung durch Ergebnisse<br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer Bemühungen bedürfte.<br />

Sollte me<strong>in</strong>e Vermutung jedoch nicht völlig verfehlt<br />

se<strong>in</strong> und bewusstes Erleben tatsächlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nicht<br />

weiter lokalisierbaren physischen Aktivität korreliert se<strong>in</strong>,<br />

so steht dem nichts mehr entgegen, das Bewusstse<strong>in</strong> (im<br />

S<strong>in</strong>n von consciousness) als e<strong>in</strong>e fundamentale<br />

Eigenschaft anzunehmen, die sich nicht weiter erklären<br />

lässt (dies wäre nach dem Vorbild der<br />

Naturwissenschaften die klassische Gangart im H<strong>in</strong>blick<br />

auf Phänomene, die sich über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum<br />

der Rückführung auf e<strong>in</strong>fachere Best<strong>and</strong>teile widersetzen).<br />

Stellt sich dieser Weg als gangbar heraus, so wäre er mit<br />

neuen Perspektiven für m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> weiteres Problem<br />

verbunden, nämlich der Frage danach, was Personen<br />

wesentlich s<strong>in</strong>d. Im Zusammenhang mit dieser Frage lässt<br />

sich auch der dualistischen Intuition Rechnung tragen, die<br />

bereits angeklungen ist.<br />

375

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!