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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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Wittgenste<strong>in</strong>s Projektionsmethode als Argument für die<br />

transzendentale Deutung des Tractatus<br />

Włodzimierz Heflik, Krakau, Polen<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Die Projektionsmethode, die ich <strong>in</strong> diesem Beitrag untersuche,<br />

wird von Wittgenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Thesen 3.11 - 3.14<br />

des Tractatus e<strong>in</strong>geführt, und daraufh<strong>in</strong> von e<strong>in</strong>er <strong>and</strong>eren<br />

Seite her <strong>in</strong> der These 4.0141 besprochen. Der Hauptgedanke<br />

dieser Methode ist im folgenden Abschnitt enthalten:<br />

134<br />

„Wir benutzen das s<strong>in</strong>nlich wahrnehmbare Zeichen<br />

(...) des Satzes als Projektion der möglichen Sachlage.<br />

Die Projektionsmethode ist das Denken des<br />

Satzs<strong>in</strong>nes.” (3.11)<br />

Die ontologische Basis für die Projektionsmethode<br />

bestimmen die Thesen über die Abbildungsform als das,<br />

„was das Bild mit der Wirklichkeit geme<strong>in</strong> haben muss”<br />

(vgl. 2.151; 2.16 u. 2.17). Die Form der Abbildung wiederum<br />

hat ihre endgültige Begründung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>fachen Gegenständen<br />

als „die Substanz der Welt” (vgl. 2.021).<br />

Das Ziel dieses Beitrags ist, die Projektionsmethode<br />

nicht nur im Bereich des Systems des Tractatus zu zeigen,<br />

sondern auch e<strong>in</strong>en Versuch zu unternehmen, diese<br />

Methode im Bezug auf Kants Philosophie darzustellen. Auf<br />

diese Weise möchte ich festlegen, ob die transzendentale<br />

Interpretation der sogenannten ersten Philosophie<br />

Wittgenste<strong>in</strong>s berechtigt ist.<br />

Jetzt stelle ich drei Bemerkungen als Hypo<strong>the</strong>sen<br />

dar, <strong>in</strong> denen drei Analogien formuliert werden, die sich<br />

zwischen der Problematik der Deduktion der Kategorien<br />

bei Kant und der Frage nach Wittgenste<strong>in</strong>s Methode der<br />

Projektion des S<strong>in</strong>nes beobachten lassen:<br />

(1) Die von Wittgenste<strong>in</strong> angenommene<br />

Hauptvoraussetzung über das Vorkommen der<br />

Abbildungsform, die etwas Geme<strong>in</strong>sames für das Bild/Satz<br />

und Tatsache ist, ist e<strong>in</strong> Analog der Haupt<strong>the</strong>se der metaphysischen<br />

Deduktion der Kategorien, und diese lautet:<br />

„Dieselbe Funktion, welche den verschiedenen Vorstellungen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Urteile E<strong>in</strong>heit gibt, die gibt auch der<br />

bloßen Syn<strong>the</strong>sis verschiedene Vorstellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Anschauung<br />

E<strong>in</strong>heit, welche (...) der re<strong>in</strong>e Verst<strong>and</strong>esbegriff<br />

heißt.” (A79/B105).<br />

(2) Aussagen darüber, dass (i) „das Bild die<br />

Wirklichkeit erreicht”, und (ii) über „Zuordnungen“ der<br />

Elemente des Bildes den Gegenständen” (vgl. 2.15 -<br />

2.1515), s<strong>in</strong>d analog zum Hauptgedanken der transzendentalen<br />

Deduktion – wie sich die Kategorien auf die<br />

Gegenstände der Erfahrung beziehen.<br />

(3) Die Thesen des Tractatus drucken die<br />

Projektionsmethode aus (vgl. 3.11 -3.13 u. 3.1431),<br />

entsprechen dem, was Kant unter dem Leitwort des<br />

„Schematismus” versteht. Er führt die sogenannte Schematisierung<br />

der Kategorien durch und hebt die Rolle der<br />

E<strong>in</strong>bildungskraft im Prozess des Bezugs der Kategorien<br />

auf Ersche<strong>in</strong>ungen, bzw. Gegenst<strong>and</strong>e der Erfahrung<br />

hervor.<br />

Jede der obigen Bemerkungen verlangt die Entwicklung<br />

und Rechtfertigung, die ich nun darbiete.<br />

1<br />

Jenen wesentlichen Abschnitt der metaphysischen Deduktion<br />

(A79/B105) kann man - <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>ige im Tractatus<br />

auftretende Ideen - folgendermaßen verstehen. Diese<br />

von Kant genannte Funktion kann mit der logischen Form,<br />

d.h. auch mit der Form der Abbildung gleichgesetzt werden.<br />

Daran wird deutlich, dass hier e<strong>in</strong> weitgehender E<strong>in</strong>klang<br />

mit der von Wittgenste<strong>in</strong> gegebenen Bestimmung<br />

vorliegt: „Die Form ist die Möglichkeit der Struktur” (2.033).<br />

Diese Form bzw. Funktion, die e<strong>in</strong>e Struktur (1) den Tatsachen<br />

und (2) Sätzen als deren Bilder gibt, verleiht<br />

zugleich den Tatsachen und auch Sätzen E<strong>in</strong>heit. Die<br />

Struktur besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dung der Elemente - deren<br />

Konfiguration. Wir haben also mit solch e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dung<br />

zu tun: sowohl auf der Seite der Tatsachen, d.h. Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

als auch auf der Seite ihrer Bilder, d.h. es kommt<br />

zu e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dung der Zeichen <strong>in</strong> Form des Satzzeichens.<br />

Das Vorkommen dieser Verb<strong>in</strong>dung der Elemente -<br />

ob im Urteil oder <strong>in</strong> der Anschauung/Tatsache - ist Kant<br />

zufolge gleich, mit dem Angeben der E<strong>in</strong>heit bzw. der Beziehung<br />

auf die E<strong>in</strong>heit.<br />

Diese E<strong>in</strong>heit nennt Kant „Kategorie”. Die Elemente<br />

des Urteils, die durch die Kategorien verbunden werden,<br />

s<strong>in</strong>d empirische Begriffe, d.h. unanschauliche<br />

Vorstellungen, d.h. Zeichen im S<strong>in</strong>ne Wittgenste<strong>in</strong>s. Diese<br />

Elemente als Vielheit und Mannigfaltigkeit werden zuerst<br />

zusammengesetzt. Das heißt: Sie werden syn<strong>the</strong>tisiert,<br />

aber ohne dass ihren e<strong>in</strong>e Struktur gegeben wird. Erst der<br />

Bezug auf Kategorien ermöglicht ihnen e<strong>in</strong>e Gestallt des<br />

Urteils zu erreichen. Analog dazu verläuft der Prozess bei<br />

den Anschauungen, d.h. Ersche<strong>in</strong>ungen oder Tatsachen.<br />

Diesen beschreibe ich nun <strong>in</strong> Wittgenste<strong>in</strong>s Term<strong>in</strong>ologie.<br />

Tatsachen s<strong>in</strong>d also bestehende Sachverhalte, genauer<br />

gesagt – Mitvorkommen zugleich der vielen elementaren<br />

Sachverhalte (vgl. Brief an Russell, Cass<strong>in</strong>o 19.08.1919).<br />

Der Sachverhalt ist e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung der Gegenstände (2.03)<br />

oder deren Konfiguration (2.02071) - e<strong>in</strong>e Syn<strong>the</strong>se ersten<br />

Grades. Die Tatsache wiederum als Mitvorkommen vieler<br />

Sachverhalte, d.h. ihr Produkt, ist die Syn<strong>the</strong>se zweiten<br />

Grade. Dabei aber liegt auch das Angeben der E<strong>in</strong>heit vor.<br />

Das bedeutet: Diese Vielheit der Sachverhalte wird als<br />

E<strong>in</strong>heit erfasst, die Tatsache ist.<br />

Die Wittgenste<strong>in</strong>schen Tatsachen entsprechen den<br />

Gegenständen der Erfahrung bei Kant; beide s<strong>in</strong>d Ersche<strong>in</strong>ungen.<br />

Jeder Gegenst<strong>and</strong> der Erfahrung, d.h.<br />

phenomenon, ist e<strong>in</strong> Ergebnis e<strong>in</strong>er zweigradigen<br />

Syn<strong>the</strong>se; und zwar jede e<strong>in</strong>zelne Vorstellung, im Augenblick<br />

vorkommende, ist e<strong>in</strong>e bestimmte Mannigfaltigkeit.<br />

Die Ersche<strong>in</strong>ung wiederum ist e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>igung vieler<br />

Mannigfaltigkeiten im E<strong>in</strong>en, durch die Beziehung auf das<br />

E<strong>in</strong>e, das e<strong>in</strong>e Kategorie ist, die endgültig auch die transzendentale<br />

E<strong>in</strong>heit der Apperzeption ist.<br />

Zusammenfassend weist die betrachtete Analogie<br />

auf die Funktion h<strong>in</strong>, die zwei Ebenen der Vorstellungen<br />

auf e<strong>in</strong>e transzendentale Grundlage bezieht. Diese<br />

Ebenen s<strong>in</strong>d: (1) Urteile und (2) Ersche<strong>in</strong>ungen bei Kant,<br />

(1’) Sätze und (2’) Tatsachen bei Wittgenste<strong>in</strong>. Diese<br />

Grundlage wird durch Kategorien und transzendentale<br />

Apperzeption festgelegt bei Kant, h<strong>in</strong>gegen bei

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