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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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9210 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />

Rüdiger Veit<br />

(A) deswegen wichtig und keineswegs selbstverständlich, In der alten Koalition haben wir dann zumindest erreicht, (C)<br />

weil sehr viele der Betroffenen aufgrund von sogenann- dass durch die Einrichtung einer neuen Unterkunft am<br />

ten, wie ich immer fand, sehr fragwürdigen Freiwillig- Frankfurter Flughafen sowohl für die betroffenen Menkeitserklärungen<br />

erklären, sie würden lieber in der Flugschen als auch die dort tätigen Bediensteten recht verhafenunterkunft<br />

bleiben, als in Abschiebehaft zu gehen. nünftige, humanitär erträgliche Bedingungen geschaffen<br />

Ich glaube, das ist durchaus ein richtiger Schritt in die worden sind. Damit ist ein Großteil der schwierigen Dis-<br />

richtige Richtung.<br />

kussion in der Praxis erledigt worden. Aber mehr – das<br />

Was nun den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/<br />

Die Grünen angeht: Sie beziehen sich in der Begründung<br />

– ich nehme an, auch in dem, was Sie jetzt mündlich<br />

vortragen werden – in der Tendenz zu Recht auf den<br />

Vorschlag einer Richtlinie der EU-Kommission vom<br />

5. September 2005 und weisen ebenso zu Recht darauf<br />

hin, dass die Beratungen darüber leider ins Stocken geraten<br />

sind, übrigens schon in der Arbeitsgruppe „Migration<br />

und Rückführung“, also noch nicht einmal im<br />

Ministerrat selber. Es gab dann unter der finnischen Präsidentschaft<br />

mit Datum vom 6. Oktober und 13. November<br />

2006 noch Änderungen an diesem Vorschlag, die ich<br />

muss man klar und deutlich sagen – haben wir nicht erreicht.<br />

In den Koalitionsverhandlungen 2005 mit unserem<br />

neuen Koalitionspartner, der CDU/CSU, hatten wir – ich<br />

darf das sagen, ohne Betriebsgeheimnisse preiszugeben –<br />

schon verschiedentlich unsere Last, sie zu bitten, auf die<br />

Aufnahme weiterer Abschiebungshaftgründe in das Gesetz<br />

zu verzichten. Das ist uns gelungen. Ich habe vorhin<br />

gesagt, es gebe einen Richtervorbehalt. Auch bei Transitgewahrsam<br />

muss jetzt nach 30 Tagen ein Richter eingeschaltet<br />

werden. Ich denke, das ist ein Schritt in die richtige<br />

Richtung.<br />

inhaltlich als Rückzieher gegenüber den ursprünglichen,<br />

wie ich glaube, sehr vernünftigen und abgewogenen<br />

Vorstellungen bezeichnen möchte.<br />

Zusammengenommen – das gilt für die rot-grüne Regierungszeit<br />

genauso wie für das, was wir bisher in Umsetzung<br />

der Koalitionsvereinbarung gemacht haben – ist<br />

Nunmehr hat der Rat der Europäischen Union am<br />

28. Februar 2007 unter deutschem Vorsitz nur noch eine<br />

Umsetzung der Richtlinie in Teilschritten vorgesehen<br />

und den Rest eher auf die lange Bank geschoben, was<br />

ich bedauern würde. Gerade was die Frage der Ingewahrsamnahme<br />

und der Sicherung der Abschiebung an-<br />

das vielleicht nicht unbedingt als glorreich zu bezeichnen.<br />

Es wäre erfreulicher, eine Reform des nationalen<br />

Rechtes nach Maßgabe des EU-Richtlinienvorschlages<br />

vorzunehmen. Ich würde mir wünschen, dass der deutsche<br />

Ratsvorsitz in dieser Hinsicht mutig, offensiv, klar,<br />

eindeutig und geradlinig voranschreitet.<br />

geht, bezieht sie sich im Wesentlichen auf das nationale, Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.<br />

(B)<br />

deutsche Recht und ist in dieser Hinsicht, gemessen am<br />

Maßstab der ursprünglichen Richtlinie und des Vorschla-<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

(D)<br />

ges, zu weitgehend.<br />

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne<br />

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Josef<br />

Kastner)<br />

Winkler, Bündnis 90/Die Grünen.<br />

Es ist das unbestreitbare Verdienst des Antrags des<br />

Bündnisses 90/Die Grünen, darauf hinzuweisen, dass<br />

auf europäischer Ebene ein wichtiger Gesetzgebungsprozess<br />

– das ist er nämlich – im Gange ist, auf den wir<br />

als nationales Parlament antworten und in den wir uns<br />

einschalten müssen, anstatt uns immer nur hinterher,<br />

wenn eine Richtlinie vorliegt, Gedanken zu machen, wie<br />

wir das jetzt in nationales Recht umsetzen. Dies ist umso<br />

wichtiger, als wir diese Richtlinie bereits am 8. März<br />

2006, wie mir meine Mitarbeiter herausgesucht haben,<br />

auf der Tagesordnung des Innenausschusses hatten, das<br />

dann aber ohne nähere Begründung vertagt haben. Ich<br />

begrüße es, dass wir diese Problematik vor dem Hintergrund<br />

Ihres Antrages jetzt wieder im Innenausschuss<br />

aufrufen.<br />

Lassen Sie mich eine nicht ganz bierernst gemeinte<br />

Schlussbemerkung politischer Art machen. Wir hatten<br />

1998 in der Koalitionsvereinbarung zwischen Rot-Grün<br />

den Satz festgelegt – darauf ist zu Recht hingewiesen<br />

worden –: Wir wollen die Abschiebungshaft und das<br />

Flughafenverfahren im Lichte der Verhältnismäßigkeit<br />

überprüfen.<br />

(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das habe<br />

ich auch gelesen!)<br />

Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />

NEN):<br />

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen<br />

und Kollegen! Meine Fraktion setzt sich seit langem dafür<br />

ein, die Anordnungsdauer von Abschiebehaft auf ein<br />

Mindestmaß zu begrenzen. Wir vertreten die Position,<br />

dass Abschiebehaft lediglich der Sicherung einer Abschiebung<br />

dienen darf. Das heißt, nur dann, wenn sich<br />

jemand der Abschiebung erkennbar entziehen will, darf<br />

Abschiebehaft verhängt werden. Wenn das in dieser Art<br />

und Weise durchgeführt würde, könnte, nebenbei bemerkt,<br />

eine große Anzahl der in Deutschland befindlichen<br />

Abschiebehaftanstalten geschlossen werden.<br />

Des Weiteren setzen wir uns seit langem dafür ein,<br />

dass Minderjährige nicht inhaftiert werden dürfen; denn<br />

die schwerwiegenden psychischen Folgen, die Haft besonders<br />

auf Kinder und Jugendliche haben kann, sind offensichtlich<br />

und bedürfen, glaube ich, keiner weiteren<br />

Erläuterung.<br />

Dass die Abschiebehaft auf den Prüfstand gehört<br />

– zumindest in der Art und Weise, wie sie im Moment<br />

durchgeführt wird –, ist inzwischen durch zahlreiche<br />

Dokumentationen und Berichte belegt. Auf die hohe Anzahl<br />

von Suiziden wurde bereits hingewiesen. Leider

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