Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9224 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
Marco Bülow<br />
(A) Das Gegenteil ist der Fall. Solange wir eine Technologie Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):<br />
(C)<br />
wie die Atomkraft in diesem Land aufrechterhalten, so<br />
lange verhindern wir die notwendigen Investitionen, die<br />
wir brauchen, um eine wirklich nachhaltige, klimafreundliche<br />
Energiepolitik zu produzieren.<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als Umweltminister<br />
Trittin von dieser Stelle aus über den sogenannten<br />
Atomkompromiss sprach. Er hat damals gesagt, der<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der<br />
LINKEN)<br />
Atomausstieg müsse unumkehrbar sein. Ob er wirklich<br />
unumkehrbar ist, wird sich noch zeigen; denn die Atomlobby<br />
formiert sich.<br />
Wir können jeden Tag hören – darin sind wir uns inzwischen<br />
einig –, dass es einen Klimawandel gibt. Vor<br />
einigen Jahren war das noch ganz anders.<br />
Ein Satz zu den angeblich so klimafreundlichen<br />
AKW-Betreibern, die meinen, ihre Atomkraftwerke aufgrund<br />
des Klimawandels doch ein bisschen länger offenhalten<br />
zu müssen. Wenn die gleichen Betreiber weiterhin<br />
so stark auf Braunkohle setzen und weiterhin so stark die<br />
erneuerbaren Energien bekämpfen, dann frage ich mich<br />
natürlich, ob das Argument ernst gemeint ist. Ich kann<br />
jeden Betreiber verstehen, der weiter auf Atomenergie<br />
setzt, weil er damit Geld verdient; aber dann soll er das<br />
bitte auch so sagen, statt zu behaupten, er mache das,<br />
weil er so klimafreundlich geworden sei. Das zumindest<br />
glaubt hier keiner mehr.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der<br />
LINKEN)<br />
(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Ja, bei Ihnen!<br />
Das stimmt!)<br />
– Nein, bei Ihnen, bei den konservativen Parteien. – Jetzt<br />
auf einmal sagt man, dass man aufgrund des Klimawandels<br />
die Atomkraft braucht. Ich denke, jeder, der eine<br />
nachhaltige Politik in diesem Land will, muss den Atomausstieg<br />
forcieren und darf ihn nicht in die Länge ziehen.<br />
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Im Zusammenhang mit der Wertschöpfungskette<br />
– ich bin gerade schon kurz darauf eingegangen – möchte<br />
An die Adresse der Bundesregierung sage ich: Wer<br />
meint, man könne marode Atommeiler mit Nebelbomben<br />
vor Terrorangriffen schützen, handelt naiv und verantwortungslos.<br />
(B)<br />
ich eine Zahl vorrechnen, die man meiner Meinung nach<br />
berechnen muss. In dem Antrag finden sich auch ein paar<br />
Zahlen wieder, die ich teilen kann. Es gibt 435 Atomkraftwerke<br />
auf der Welt. <strong>16</strong> Prozent des Stroms – ich erwähne<br />
extra den Strom – produzieren diese Anlagen; 3 Prozent<br />
des gesamten Energiebedarfs auf der Welt werden damit<br />
gestillt. Ich weiß nicht, ob das so ein großer Beitrag zum<br />
Klimaschutz ist. Wenn wir nur 12 Prozent des Gesamtenergiebedarfs<br />
auf der Welt mit Atomenergie decken wollten,<br />
müssten wir 1 500 Atomkraftwerke bauen. Ich will<br />
gar nicht davon reden, dass man dann auch die entspre-<br />
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Die Energiewirtschaft vernebelt die Wahrheit. Es gibt<br />
keinen ausreichenden Schutz vor dem Absturz von Luftfahrzeugen.<br />
Wer ein Flugzeug navigieren kann, findet<br />
sein Ziel auch mithilfe von Orientierungspunkten außerhalb<br />
möglicher Nebelschwaden. Das AKW Biblis zum<br />
Beispiel kann man bei Google Earth in Ruhe aus der<br />
Luftperspektive betrachten. Auf der Karte ist nichts geschwärzt.<br />
(D)<br />
chenden Netze und Anlagen ausbauen müsste. – Ich<br />
möchte gerne wissen: Woher kommt das für den Bau weiterer<br />
Atomkraftwerke benötigte Uran? Wo in Deutschland<br />
sollen diese Atomkraftwerke gebaut werden? Wenn wir<br />
eine ehrliche Diskussion wollen, müssen die Standorte benannt<br />
werden. Danach können wir darüber reden, ob Klimaschutz<br />
und Atomkraft auf irgendeine Weise zusammenpassen.<br />
Bei starkem Wind ist die Nebeltaktik sowieso hinfällig.<br />
Gefährlich wird es für die Bevölkerung, wenn Politikerinnen<br />
und Politiker derartigen Konzepten das Wort<br />
reden. Es ist daher erschreckend, dass die Bundesregierung<br />
aufgefordert werden muss, sich von der Vernebelungsstrategie<br />
der Atomlobby zu distanzieren. Ich kann<br />
nur an die Debatten in vergangenen Legislaturperioden<br />
erinnern, als wir darüber diskutiert haben, ob um die<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
AKWs herum Boden-Luft-Raketen stationiert werden<br />
sollen. Einige der hier Anwesenden werden sich noch<br />
daran erinnern. Das war Unfug hoch drei.<br />
Über all diese Punkte sollten wir demnächst nachdenken.<br />
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Peter<br />
Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Ich komme nun zum ersten Antrag der Grünen. Entscheidend<br />
ist nicht die Größe der Flugzeuge, die auf<br />
Atomreaktoren stürzen könnten. Aufprallgeschwindigkeit<br />
und Masse der Flugzeuge sowie Drehzahl der Turbi-<br />
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: nen sind die entscheidenden Faktoren dafür, mit welcher<br />
Ich gebe das Wort der Kollegin Eva Bulling-Schröter,<br />
Fraktion Die Linke.<br />
Energie die Flugzeuge aufprallen. Es ist also alles noch<br />
viel schlimmer, als Sie es geschildert haben. Schnelle<br />
Privatjets und Militärmaschinen sind in keiner Weise un-<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
gefährlicher als Passagierflieger.