Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007 9307<br />
(A) ist zu begrüßen. Auch zu begrüßen ist die im Antrag ge- zu besuchen. Fünf Staaten in fünf Tagen – an Leben hat (C)<br />
forderte Vertiefung der Zusammenarbeit der zentralasia- es dieser Reise sicher nicht gemangelt. Ich habe mir in<br />
tischen Länder untereinander und die Heraushebung der diesen Tagen aber vor allem ein Bild von der Region<br />
Bedeutung der OSZE in der zentralasiatischen Region. selbst machen können. Deshalb stimme ich mit dem analytischen<br />
Teil dieses Antrags weitgehend überein und<br />
teile dessen Grundtenor: Die strategische Bedeutung von<br />
Zentralasien wächst.<br />
Die länderübergreifende Zusammenarbeit ist tatsächlich<br />
beklagenswert. Die Länder Zentralasiens, insbesondere<br />
Kasachstan und Usbekistan, sehen sich eher in<br />
regionaler Konkurrenz zueinander. Grenz- und Zusammenarbeitshindernisse<br />
werden eher auf- als abgebaut.<br />
Kasachstan bewirbt sich für 2009 um den OSZE-Vorsitz.<br />
Die Bundesregierung hat klargestellt, diese Bewerbung<br />
zu unterstützen. Das ist ein begrüßungswerter Ansatz,<br />
weil damit stärker auf die Umsetzung der OSZE-<br />
Prinzipien eingewirkt werden kann. Andere OSZE-Länder<br />
wie Großbritannien und die USA haben dazu noch<br />
eine andere Auffassung.<br />
Zur Situation der Menschenrechte, die in der Tat in allen<br />
Ländern Zentralasiens beklagenswert ist, hat sich der<br />
Deutsche <strong>Bundestag</strong> mehrfach geäußert. Wir sind der<br />
Meinung, dass der Kampf gegen nationalen und internationalen<br />
Terrorismus kein Freifahrtschein für die Einschränkung<br />
von Menschrechten sein darf, wobei auch<br />
eine zu schnelle Festlegung und quasi eine Vorverurteilung<br />
wie nach den Ereignissen in Andischan dem Menschenrechtsdialog<br />
eher schädlich denn förderlich ist.<br />
Auch hier können mehr Ausgewogenheit und der Dialog<br />
mit den Staatsregierungen zielführender sein.<br />
Kasachstan sollte aus mehreren Gründen stärker ins<br />
Blickfeld deutscher und europäischer Außenpolitik genommen<br />
werden. Das Land ist Brücke und Mittler zwischen<br />
Europa und Asien. Es hat eine bemerkenswerte<br />
wirtschaftliche Entwicklung genommen, bei vergleichsweise<br />
guter innerer und äußerer Stabilität. Bei Gesprächen<br />
in Astana findet man in den Ministerien und anderen<br />
Schaltstellen gut ausgebildete junge Leute, die<br />
aufgeschlossen und kooperativ sind.<br />
Einen solchen Generationenwechsel und Eliteaufbau<br />
mit zu befördern, wäre neben wirtschafts- und sicherheitspolitischer<br />
Zusammenarbeit ein lohnendes Ziel der<br />
zukünftigen EU-Zentralasienstrategie.<br />
Johannes Pflug (SPD): „Die EU-Zentralasienstrategie<br />
mit Leben füllen“ – das ist Titel des Antrags des<br />
Bündnisses 90/Die Grünen, und ich frage mich: Mit wie<br />
viel Leben darf man eine Strategie entwickeln, ohne sie<br />
zu überfrachten?<br />
Vom 30. Oktober bis 4. November vergangenen Jahres<br />
hatte ich Gelegenheit mit einigen Kolleginnen und<br />
Kollegen als Begleitung von Bundesaußenminister<br />
Frank-Walter Steinmeier die fünf Staaten Zentralasiens<br />
Zentralasien ist die Schnittstelle zwischen russischem,<br />
chinesischem und amerikanischem Einfluss und steht damit<br />
im Brennglas globaler Sicherheitspolitik. Die direkte<br />
Nachbarschaft der Region wirkt zunehmend als Katalysator<br />
für den Bedeutungszuwachs, Zentralasien wird<br />
immer mehr zur Transitregion für Opium aus Afghanistan<br />
und andere Drogen. Die Durchfuhr von Schmuggelwaren,<br />
Menschenhandel und organisierte Kriminalität<br />
sind an der Tagesordnung. Aber die zentralasiatischen<br />
Staaten sind eben auch Importländer für islamistische<br />
Ideen aus Saudi-Arabien, Pakistan und anderen Ländern.<br />
Diese Probleme sind heute schon deutlich sichtbar. Das<br />
macht Zentralasien zum Spielfeld im Kampf gegen den<br />
Terror, den internationalen Drogentransit und Menschenhandel.<br />
Zielführend ist auch die Zusammenarbeit mit der<br />
Shanghai Cooperation Organisation. Diese vereint die<br />
Ein entscheidender Faktor ist bislang noch unsichtbar<br />
unter der Erde: Die Region hat die größten Energiereserven<br />
weltweit. Dieser Aspekt verdeutlicht den Bedeutungszuwachs<br />
vielleicht am besten: Während wir uns in<br />
Europa und Deutschland um unsere Energieversorgung<br />
sorgen, schlummern unter der Erde von Zentralasien<br />
nicht nur Öl und Gas, sondern auch viele andere wichtige<br />
Bodenschätze, insbesondere in Kasachstan.<br />
(B) asiatischen Akteure wie China, Russland und die zentralasiatischen<br />
Staaten. Die SCO durchläuft eine Entwicklung<br />
von einem Sicherheitsforum zu einer Plattform<br />
umfassender sicherheitspolitischer und wirtschaftspolitischer<br />
Kooperationen. Länder wie Kasachstan haben dabei<br />
durchaus Gewicht.<br />
Doch wir werden dieser wachsenden geopolitischen<br />
und wirtschaftlichen Bedeutung nicht dadurch gerecht,<br />
dass wir den Ländern dieser Region unsere Wertvorstellungen<br />
und Demokratiewünsche präsentieren und dafür<br />
strategische und wirtschaftliche Zusammenarbeit anbieten.<br />
Leider tut Bündnis 90/Die Grünen das mit seinem<br />
Antrag zu sehr.<br />
(D)<br />
Die EU hat eine sehr lebendige Zentralasienstrategie,<br />
die einen Teil der von Bündnis 90/Die Grünen aufgestellten<br />
Forderungen bereits aufgreift. Diese Strategie<br />
hat sowohl einen integrativen wie einen bilateralen Teil.<br />
Beim integrativen Ansatz setzt die EU zwei Schwerpunkte.<br />
Zum einen wollen wir eine Sicherheitspartnerschaft,<br />
die alle fünf zentralasiatischen Staaten einschließt.<br />
Mit dieser Partnerschaft sollen Terrorgefahr,<br />
organisierte Kriminalität, Drogen- und Menschenhandel<br />
eingedämmt werden. Zum anderen fokussiert dieser Ansatz<br />
auf die Infrastruktur der Region zur Versorgung der<br />
Menschen mit Energie, Wasser und Gesundheit. Hierbei<br />
gilt es zu beachten, dass so gut wie keine Kooperation<br />
zwischen den einzelnen Staaten besteht. Die Konflikte<br />
zwischen den Öl- und Gasstaaten einerseits und den<br />
wasserbesitzenden andererseits nehmen zu. Ein stabiles<br />
Zentralasien hätte einen großen Effekt auf ganz Asien.<br />
Hier kann die EU eine wichtige Moderatoren- und Partnerrolle<br />
übernehmen.<br />
Der bilaterale Teil basiert auf einer zentralen Erkenntnis<br />
der EU selbst: So wie Europa aus Ländern mit unterschiedlichem<br />
kulturellen und historischen Hintergrund