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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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<strong>91</strong>70 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />

Hartwig Fischer (Göttingen)<br />

(A) Europa und der internationalen Staatengemeinschaft Ich bin sehr froh, dass Herr Kufuor, der Vorsitzende (C)<br />

einst als positive Entwicklung von der Kolonialzeit in der Afrikanischen Union, deutliche Worte gefunden hat.<br />

eine Transitionszeit gesehen wurde.<br />

Ich bin auch sehr glücklich darüber, dass der <strong>Bundestag</strong><br />

Aber dann wurde das Recht gebrochen. Die rechtsstaatlichen<br />

Strukturen wurden aufgegeben, und die Pressefreiheit<br />

wurde eingeschränkt. 2002 kam es zu weiteren<br />

Einschränkungen der Pressefreiheit. Die Opposition<br />

wurde bis zum heutigen Tage drangsaliert, sowohl durch<br />

Verhaftungen wie gestern Abend, als auch durch die Zerstörung<br />

der Parteistrukturen ebenso wie der familiären<br />

Strukturen und der Stammesstrukturen.<br />

Seit der Hungerrevolution 2003 in Bulawayo und<br />

Chitungwiza sind über 100 000 Menschen durch Gewalt<br />

oder Hunger ums Leben gekommen. Wir haben erhebliche<br />

Flüchtlingsströme nach Botswana und Südafrika erleben<br />

müssen. Die Wanderarbeiter, die nach Mosambik<br />

gegangen sind, haben keine Perspektiven mehr, wie eben<br />

bereits ausgeführt wurde.<br />

dieses Thema nicht zum ersten Mal behandelt, sondern<br />

dass wir schon in der Vergangenheit Druck ausgeübt haben.<br />

Diejenigen, die bei der letzten Debatte über Simbabwe<br />

mitdiskutiert haben, haben allerdings auch die Ignoranz<br />

der Botschafterin aus Simbabwe erlebt, die sich<br />

nach der Debatte in Protestnoten darüber beklagt hat,<br />

dass wir die Situation in ihrem Land falsch darstellen<br />

würden.<br />

Ich bin großer Hoffnung, dass es jetzt ein gemeinsames<br />

Handeln der internationalen Gemeinschaft und der<br />

Europäischen Union gibt, und habe keine Zweifel daran,<br />

dass die Bundesregierung entsprechend verfährt.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der<br />

SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/<br />

DIE GRÜNEN)<br />

Ich will wiederholen, was die Kollegen Strässer und<br />

Erler gesagt haben. 80 Prozent der Bevölkerung von<br />

Simbabwe leben unter der Armutsgrenze. Die Lebenserwartung<br />

ist weltweit am niedrigsten; sie beträgt bei<br />

Frauen 34 Jahre und bei Männern 37 Jahre. Das heißt,<br />

dass bereits eine ganze Generation um die Zukunft und<br />

um das Leben betrogen wurde. Simbabwe hat die weltweit<br />

höchste Kindersterblichkeit und die höchste Anzahl<br />

an Waisen.<br />

Ich persönlich sehe jetzt zum ersten Mal Bewegung<br />

auch in den südafrikanischen Ländern. Der Staatspräsident<br />

von Botswana war in den vergangenen zwei oder<br />

drei Jahren der einsame Rufer in der Wüste, der zu der<br />

Situation, die sich auch auf die Nachbarländer ausgewirkt<br />

hat, offen Stellung bezogen hat. Jetzt hat auch der<br />

Vorsitzende der Afrikanischen Union Stellung genommen.<br />

Die Debatte gestern im Parlament in Südafrika<br />

zeigt auf, dass nicht nur die Opposition, sondern auch<br />

die Regierung – wenn auch unter gewissem öffentlichen<br />

Druck – scheinbar zum Handeln bereit ist.<br />

Ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, dass<br />

Frau Dr. Merkel für die Bundesregierung am Sonntag<br />

das Thema in ihrer Rede noch einmal deutlich angesprochen<br />

hat und bereit ist, Sanktionen anzustreben, wenn<br />

die UN selbst nicht dazu in der Lage ist, Sanktionen einzuleiten.<br />

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />

Das Wort hat die Kollegin Brunhilde Irber von der<br />

SPD-Fraktion.<br />

Die gestrigen Verhaftungen und Misshandlungen ha-<br />

Brunhilde Irber (SPD):<br />

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und<br />

Kollegen! Der afrikanische Kontinent präsentiert sich<br />

derzeit mit unterschiedlichen Gesichtern. Einerseits hat<br />

sich in den letzten 15 Jahren der Grad politischer und<br />

bürgerlicher Freiheit erheblich verbessert. Andererseits<br />

ben gezeigt, dass Mugabe nicht mehr lernfähig ist und erleben wir – wie zum Beispiel jetzt in Simbabwe – eine<br />

(B) dass er ein Diktator ist, der ohne Rücksicht auf sein Volk deutliche Rückwärtsbewegung hin zu autokratischen (D)<br />

vorgeht.<br />

Strukturen.<br />

Die Zermürbungstaktik, die er gegenüber Oppositionellen<br />

und Journalisten anwendet, hat dazu geführt, dass<br />

immer weniger Menschen im Lande bereit sind, sich zu<br />

bekennen. Durch die Art und Weise, wie zum Beispiel<br />

Lebensmittel verteilt wurden – nämlich nur gegen Vorlage<br />

des Parteiausweises von ZANU-PF; auch dagegen<br />

musste die Weltgemeinschaft einschreiten –, hat er den<br />

Menschen jegliche Chance genommen und mit dazu beigetragen,<br />

dass der Stamm der Matabele zu weiten Teilen<br />

Das diktatorische Mugabe-System ist nur am Machterhalt<br />

interessiert. Dies ist heute schon von mehreren<br />

Kollegen geäußert worden. Die Kernaufgaben des Staates,<br />

nämlich die Bereitstellung sozialer und ökonomischer<br />

Grunddienstleistungen, werden nicht erfüllt. Die<br />

letzten sieben Jahre von den insgesamt fast 27 Jahren<br />

mit Mugabe als Ministerpräsident sind gekennzeichnet<br />

durch Armut, Hunger, eine galoppierende Inflation und<br />

wirtschaftliche Rezession.<br />

ausgerottet worden ist.<br />

Seit Mitte der 90er-Jahre ist die Lebenserwartung<br />

– wie heute schon mehrfach geäußert – deutlich gesunken.<br />

Mehr als 12 Prozent der Kinder sterben, bevor sie<br />

das fünfte Lebensjahr erreichen. Simbabwe ist unfähig,<br />

die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Menschenrechte<br />

zu achten, zu gewährleisten und zu schützen.<br />

Mit den politischen Menschenrechten verhält es sich<br />

ebenso. Die Pressemeldungen zu den Misshandlungen<br />

von Morgan Tsvangirai gingen um die Welt. Gestern ist<br />

er abermals verhaftet worden, aber – wie wir wissen –<br />

aufgrund der internationalen Bemühungen und auch der<br />

Bemühungen der Bundesregierung am Abend wieder<br />

freigelassen worden.<br />

Der Druck auf Mugabe wächst. Sein Einfluss, auch<br />

auf die verschiedenen Gruppierungen innerhalb seiner<br />

eigenen Partei, nimmt ab. 2008 stehen Präsidentschaftswahlen<br />

an, und niemand kann sich so recht vorstellen,<br />

dass der dann 85 Jahre alte Mugabe für weitere sechs

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