Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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<strong>91</strong>76 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />
(A) Elternteile – ob verheiratet oder nicht – spielt bei der Si- Deshalb möchten wir Ihnen jetzt die Gelegenheit geben, (C)<br />
tuation der Kinder eine ganz entscheidende Rolle. uns hier im Plenum, wo es hingehört, darüber zu informieren,<br />
wie es inhaltlich weitergeht.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD, der LINKEN und des BÜNDNIS-<br />
SES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Deshalb kann die Koalitionsvereinbarung in dem Sinne,<br />
dass Kinder auch nichtjuristisch den ersten Rang haben<br />
sollen, nur umgesetzt werden, wenn auch in diesem Bereich<br />
Klarheit besteht.<br />
Wir als FDP-Fraktion – das ergibt sich aus unserem<br />
Antrag – haben den Gesetzentwurf der Bundesregierung<br />
in dem Punkt unterstützt, dass Geschiedene – Mutter<br />
oder Vater –, die ein Kind betreuen, und nicht Verheiratete,<br />
die ein Kind betreuen, den gleichen Rang haben sollen,<br />
was ihre Unterhaltsansprüche bei der Betreuung angeht,<br />
(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])<br />
gerade weil es sich unmittelbar auf die Situation der Kinder<br />
auswirkt.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der<br />
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Das alles wird noch verwirrender, wenn ich Herrn<br />
Röttgen höre,<br />
(Jürgen Koppelin [FDP]: Wer ist das?)<br />
der sagt: Es wird alles viel besser; denn wir werden hinsichtlich<br />
der Anzahl der Jahre der Unterhaltsansprüche<br />
jetzt die geschiedene Ehefrau mit der betreuenden<br />
nicht verheirateten Mutter gleichstellen. Alle sollen zehn<br />
Jahre lang Unterhaltsansprüche bekommen. – Wir alle<br />
wissen, wie die derzeitige Situation ist. Es wäre wunderbar,<br />
wenn es zu einer Verbesserung käme. Aber das heißt<br />
natürlich, dass die Ansprüche sowohl für die nicht verheiratete<br />
betreuende Mutter, deren Anspruch bisher drei<br />
Jahre beträgt – es sei denn, es wäre grob unbillig, wenn<br />
sie nicht länger Unterhalt bekommt –, als auch für die<br />
geschiedene betreuende Mutter, deren Anspruch bislang<br />
im Schnitt zehn Jahre – acht bis zehn Jahre – beträgt, auf<br />
zehn Jahre angehoben würden. Ich lese das nur. Ich weiß<br />
nicht, was ist. Die interessierte Öffentlichkeit möchte<br />
gerne wissen, was aus dieser wirklich wichtigen Reform<br />
wird.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des<br />
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />
Das Wort hat die Kollegin Ute Granold, CDU/CSU-<br />
Fraktion.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />
Ute Granold (CDU/CSU):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!<br />
Frau Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger, Sie<br />
haben natürlich einen Anspruch auf Information; aber<br />
ich denke, das Wesentliche wissen Sie, wenn nicht aus<br />
dem Parlament, so doch aus der Presse. Insofern sind Sie<br />
nicht ganz unwissend.<br />
Da scheint jetzt innerhalb der Koalitionsfraktionen<br />
eine Kehrtwendung stattzufinden. Darüber sollten wir<br />
die Bürgerinnen und Bürger informieren.<br />
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Britta<br />
Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])<br />
Wir führen heute eine Geschäftsordnungsdebatte.<br />
Deshalb möchte ich einiges zu dem sagen, was Sie hier<br />
vorgetragen haben. Sie haben sicherlich recht, wenn Sie<br />
anmahnen, dass die Unterhaltsreform, was den Inhalt angeht,<br />
abgeschlossen werden soll. Auch hinsichtlich der<br />
Zeit ist Reformbedarf dringend vonnöten; da kann ich<br />
(B)<br />
Sie sollten wissen, was jetzt Gegenstand der Reform ist<br />
und ob das Herzstück dieser Reform – so hat es die Bundesjustizministerin<br />
immer genannt –, die Gleichrangigkeit<br />
der betreuenden Mütter, egal in welchem Status sie<br />
leben, tatsächlich kommen wird oder ob es eher eine<br />
Verschlechterung der Situation der nicht verheirateten<br />
betreuenden Mutter geben wird.<br />
Ihnen nur recht geben. Aber Sie wissen sehr gut, dass<br />
wir den Gesetzentwurf, der schon in der letzten Legislaturperiode<br />
als Referentenentwurf mit den Verbänden eng<br />
abgestimmt wurde, aufgrund der Diskontinuität neu einbringen<br />
und beraten mussten. Die erste Lesung hat im<br />
letzten Jahr stattgefunden. Danach gab es eine umfassende<br />
Anhörung im Rechtsausschuss. Insofern sind wir<br />
völlig d’accord. Ich denke, das bisherige Verfahren ist<br />
bis dahin in Ordnung gewesen.<br />
(D)<br />
Reformbedarf besteht auch aufgrund der Veränderungen<br />
im Gesellschaftsbild. Die Werte haben sich zum<br />
Teil gewandelt. Es hat eine Wandlung von der reinen<br />
Hausfrauenehe über die Zuverdienerehe bis zur Doppelverdienerehe<br />
stattgefunden; Ehen mit Kindern, ohne<br />
Kinder, nichteheliche Lebensgemeinschaften, die hohe<br />
Zahl der Scheidungen, die große Zahl der Alleinerziehenden,<br />
eine steigende Zahl von Zweitehen und von<br />
nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern und<br />
ohne Kinder erfordern, dass wir als Gesetzgeber uns der<br />
Realität stellen und auf diese gesellschaftlichen Entwicklungen<br />
reagieren. Wir haben eine gewisse Ordnungsfunktion,<br />
und die Bevölkerung erwartet von uns, dass wir<br />
Gesetze machen, die von ihr akzeptiert werden.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Insoweit sind wir, denke ich, alle einer Meinung.<br />
Der <strong>Bundestag</strong> hat bereits 2000 einstimmig beschlossen,<br />
das Unterhaltsrecht zu überprüfen und Vorschläge<br />
für eine Neuregelung zu machen. Auch das Bundesverfassungsgericht<br />
hat das angemahnt. Darüber besteht sicher<br />
ebenfalls Konsens. Aber da wir eine Geschäftsordnungsdebatte<br />
führen, sollten wir noch zwei, drei Dinge<br />
zur Genese sagen.