Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9214 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
(A) Martin Zeil (FDP):<br />
Unantastbarkeit des ERP-Vermögens in seiner Substanz (C)<br />
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und wird auf dem Altar Ihrer Koalitionsabsprache geopfert.<br />
Kollegen! Wilhelm Busch hat einst gereimt:<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Das Gute – dieser Satz steht fest – ist stets das<br />
Böse, was man läßt!<br />
Sie können noch so viele Parlamentsvorbehalte und<br />
schöne Absichtserklärungen in das Gesetz hineinschrei-<br />
Die FDP-Fraktion hat die Regierungen in den letzten ben – an der Verfügungsgewalt des KfW-Vorstandes, an<br />
acht Jahren immer vor der bösen Tat gewarnt. Bis zum der Entmachtung des Parlaments ändert dies alles nichts.<br />
Regierungswechsel hatten wir unsere Freunde von der<br />
Union dabei an unserer Seite.<br />
Und das schlechte Gewissen, meine Damen und Herren<br />
von der Koalition, dringt Ihnen ja schon aus den Po-<br />
(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ ren. Es ist ja anders nicht zu erklären, dass uns verspro-<br />
DIE GRÜNEN]: Die sind jetzt abhanden gechene Unterlagen entweder viel zu spät oder gar nicht<br />
kommen!)<br />
erreichen. Dieses Gesetz soll so schnell wie möglich<br />
Für uns ist festzuhalten: Das ERP-Vermögen eignet<br />
sich aus vielerlei Gründen nicht als Steinbruch für den<br />
durch das Parlament gepeitscht werden als willfähriger<br />
Erfüllungsgehilfe des Finanzministers.<br />
Bundeshaushalt und auch nicht als Kapitalspritze für (Ute Berg [SPD]: Was wollen Sie denn damit<br />
staatliche Großbankträumereien.<br />
sagen?)<br />
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Hans-Josef Und wie das so ist mit den bösen Taten, Frau Kollegin<br />
Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])<br />
Berg: Es schleichen sich auch gravierende Fehler ein.<br />
Der Mittelstand in Deutschland ist mit der umsichtigen<br />
(Lachen der Abg. Ute Berg [SPD])<br />
Verwaltung dieses Treuhandvermögens und mit der klugen,<br />
von allen Regierungen getragenen Förderpolitik<br />
jahrzehntelang sehr gut gefahren. Es gibt nicht den geringsten<br />
Grund, hieran irgendetwas zu ändern.<br />
Die jüngste Reaktion der USA – Sie lachen: aber ich<br />
finde das, ehrlich gesagt, gar nicht zum Lachen –, von<br />
der wir übrigens erst aus der Zeitung erfahren mussten,<br />
obwohl der Brief von Mitte März datiert, spricht Bände.<br />
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Hans-Josef Die Vereinigten Staaten haben sich unverblümt zum Ver-<br />
Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])<br />
fahren, zum Stil und zum Inhalt geäußert.<br />
Sie wollen heute mit dem Gesetz zur Neuordnung der (Ute Berg [SPD]: Dazu hat Herr Schauerte<br />
ERP-Wirtschaftsförderung einzig und allein die Begehr-<br />
schon was gesagt!)<br />
(B)<br />
lichkeiten Ihres Finanzministers bedienen.<br />
Und wir haben immer davor gewarnt, Frau Kollegin, (D)<br />
(Dr. Werner Hoyer [FDP]: So ist es!)<br />
ausgerechnet in dieser Frage kleinkariert auf Rechts-<br />
Dabei verwickeln Sie sich zusehends in Widersprüche:<br />
Zunächst mussten die 2 Milliarden herhalten, um zu sagen,<br />
Deutschland muss das Maastrichtkriterium endlich<br />
wieder einhalten. Nun, nach der größten Steuererhöhung<br />
in der deutschen Geschichte, ist Ihnen dieses Argument<br />
standpunkten zu beharren. Es verbietet sich unseres Erachtens,<br />
dem amerikanischen Volk als dem großherzigen<br />
Geldgeber ausgerechnet kurz vor dem 60. Geburtstag<br />
mit dieser unsensiblen Tollpatschigkeit zu begegnen,<br />
meine Damen und Herren.<br />
aus der Hand geschlagen. Jetzt rücken die Großbankfan-<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
tasien wieder in den Vordergrund: 9,3 Milliarden Euro<br />
aus dem Treuhandvermögen des Mittelstandes sollen<br />
die zweitgrößte deutsche Bank außerhalb der Banken-<br />
„Geschichtsvergessen“ nannte dies gestern die „Financial<br />
Times“.<br />
aufsicht entstehen lassen. Ordnungspolitisch, aber auch<br />
(Zuruf von der FDP: Gute Zeitung!)<br />
wettbewerbspolitisch ist das ein Sündenfall ersten Ranges.<br />
Hier wäre eigentlich der Wirtschaftsminister gefordert.<br />
Aber er schweigt – wieder einmal.<br />
Und ich füge hinzu: Selbst die größte Haushaltsnot<br />
würde es nicht rechtfertigen, die Grenzen der Peinlichkeit<br />
in dieser Weise zu überschreiten.<br />
Hätte man es nur darauf angelegt – wofür ja viel<br />
spricht –, Effizienzsteigerungen in dem ERP-Vermögen<br />
(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!)<br />
zu erzielen, so hätte die Anlage in einem sauberen Ver- Tätige Reue, meine Damen und Herren von der Kofahren<br />
öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Auch alition, reinigt bekanntlich von den Sünden. Beschreiten<br />
die vorgesehene Zinsregelung ist weder marktgerecht Sie die im Schreiben der USA vom <strong>16</strong>. März gebaute<br />
noch auf Dauer ausreichend für den Substanzerhalt. goldene Brücke und nehmen Sie Ihren Gesetzentwurf<br />
Und, Herr Schauerte – Sie haben das zwar etwas ver- zurück oder setzen Sie wenigstens das Verfahren aus!<br />
kleistert –: Erst nach Ablauf des Förderjahres ist künftig<br />
eine Berichterstattung des Ministeriums gegenüber dem<br />
(Dr. Rainer Wend [SPD]: Rücktritt!)<br />
<strong>Bundestag</strong> im Gesetz vorgesehen. Damit wird der Bun- Wir sollten den freundlich formulierten Vorschlag der<br />
destag einer wichtigen Mitwirkungsmöglichkeit beraubt. Amerikaner aufgreifen und den 60. Jahrestag nutzen, um<br />
(Zuruf von der FDP: Aha!)<br />
– ich zitiere wörtlich – „gemeinsam über innovative<br />
Wege zur Nutzung der Gelder in Übereinstimmung mit<br />
Lassen Sie uns trotz aller Winkelzüge und kosmeti- den ursprünglichen Zielen des Marschall-Plans zu sprescher<br />
Bemühungen festhalten: Die Selbstständigkeit und chen“.