Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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Josef Philip Winkler<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007 9211<br />
(A) Gottes ist der Befund des Vorsitzenden Richters am Hes- Richtlinie festgelegt werden, auf einen Minimalkonsens (C)<br />
sischen Verwaltungsgerichtshof, von Herrn Göbel- einigt und es den Mitgliedstaaten überlässt, wie repres-<br />
Zimmermann, aus dem Jahre 1996 noch immer aktuell. siv sie vorgehen wollen.<br />
Er sagte:<br />
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)<br />
Abschiebungshaft wird teilweise zu schnell und zu<br />
oft beantragt und angeordnet sowie zu lange vollzogen.<br />
Das Abschiebungshaftverfahren ist häufig mit<br />
gerichtsorganisatorischen Mängeln, Verfahrensfehlern<br />
und Fehleinschätzungen der Rechtslage belastet,<br />
sodass es zu einer nicht unerheblichen Zahl fehlerhafter<br />
Entscheidungen kommt.<br />
Die hohe Anzahl an Menschen, die entlassen wird – es<br />
sind 30 bis 40 Prozent –, zeigt, dass das nicht ganz falsch<br />
ist.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –<br />
Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das hat ja ganz<br />
andere Gründe!)<br />
Nach Auffassung meiner Fraktion hätte die Bundesregierung<br />
schon lange die Konsequenzen aus der Diskussion<br />
über mildere Mittel, die sich stärker am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz<br />
orientieren, ziehen müssen. Das<br />
Problem ist in dem Gesetzentwurf, der eben angesprochen<br />
wurde, in diesem großen Paket, nicht befriedigend<br />
gelöst worden.<br />
Wir sagen, dass § 62 Aufenthaltsgesetz so geändert<br />
werden sollte, dass dieser schwerwiegende Eingriff in<br />
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Die nicht da<br />
ist!)<br />
die Freiheitsrechte des Einzelnen auf absolute Ausnahmefälle<br />
beschränkt wird. Wir orientieren uns dabei an<br />
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Im<br />
also von denen, die jetzt nicht mehr anwesend sind, aber<br />
bis eben noch anwesend waren.<br />
(B) Jahr 2000 hat es entschieden, dass die bisher übliche<br />
Haftdauer bis zu einem Maximum von 18 Monaten nicht<br />
verhältnismäßig ist.<br />
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />
Herr Kollege, bitte.<br />
(D)<br />
Die EU-Richtlinie, die unter anderem von dem Kollegen<br />
Veit schon angesprochen wurde, sieht eine maximale<br />
Dauer der Abschiebehaft von sechs Monaten vor,<br />
zumindest war das im September 2005 noch der Fall.<br />
(Rüdiger Veit [SPD]: Mittlerweile acht!)<br />
– Der Kollege sagt: „Acht.“ – Inzwischen hat sich das<br />
geändert; darauf wollte ich jetzt zu sprechen kommen.<br />
Herr Kollege Brandt, die Vorgehensweise der Bundesregierung<br />
war bisher nicht so rühmlich, wie Sie behauptet<br />
haben. In unserem Antrag haben wir den aktuellen Stand<br />
der Verhandlungen ausführlich geschildert. Das, was Sie<br />
dargestellt haben, deckt sich nicht mit unserer Kenntnis<br />
über die Vorgehensweise der Bundesregierung.<br />
(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Ich rede von erstrebenswerten<br />
Standards!)<br />
Das können Sie gerne noch einmal nachlesen. Aus den<br />
Reihen Ihrer Koalition wurde unser Antrag ja ausdrücklich<br />
gelobt. Vielleicht stellen Sie, wenn Sie sich unseren<br />
Antrag durchlesen, ja fest, dass Sie sich ihm anschließen<br />
können.<br />
Unser Antrag betont im Gegensatz zu dem der Linksfraktion<br />
die europäische Dimension. Das ist wichtig,<br />
weil die Verhandlungen der Bundesregierung auf europäischer<br />
Ebene zurzeit darauf hinauslaufen, dass man<br />
sich hinsichtlich der humanitären Aspekte, die in dieser<br />
Unsere Kriterien, die wir an eine faire Richtlinie stellen,<br />
lauten – das sage ich in aller Kürze –: Schutzbedürftige<br />
sollten nicht abgeschoben werden; Familien dürfen<br />
nicht getrennt werden; Rechtsmittelzugang muss gewährleistet<br />
sein; soweit wie möglich soll Abschiebehaft<br />
das letzte Mittel sein; die humanitären Standards bei den<br />
Flugabschiebungen müssen verbessert werden und dürfen<br />
auf keinen Fall hinter den innerhalb der Bundesrepublik<br />
Deutschland bereits geltenden Bestimmungen über<br />
die Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf<br />
dem Luftweg zurückfallen.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Diese waren als Reaktion darauf erlassen worden, dass<br />
der sudanesische Staatsangehörige Amir Ageeb im<br />
Mai 1999 bei einer Abschiebung durch den Bundesgrenzschutz<br />
zu Tode gekommen ist.<br />
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wir setzen<br />
uns weiterhin dafür ein, dass über diese EU-Richtlinie<br />
von der Bundesregierung besser verhandelt wird,<br />
Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN):<br />
Wir hoffen, dass die Bundesregierung dabei von den<br />
Kollegen aus dem Parlament, denen sie vielleicht zuhört,<br />
im Innenausschuss unterstützt wird.<br />
Herzlichen Dank.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />
Ich schließe die Aussprache.<br />
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf<br />
Drucksache <strong>16</strong>/3537 an die in der Tagesordnung aufgeführten<br />
Ausschüsse vorgeschlagen. Die Vorlage auf<br />
Drucksache <strong>16</strong>/4851 soll zur federführenden Beratung<br />
an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss<br />
für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe sowie<br />
an den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen<br />
Union überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden?<br />
– Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so<br />
beschlossen.<br />
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b auf:<br />
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten<br />
Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung<br />
der ERP-Wirtschaftsförderung