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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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Eva Bulling-Schröter<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007 9225<br />

(A) Der zweite Antrag der Grünen weist im Titel darauf Gerold Reichenbach (SPD):<br />

(C)<br />

hin, dass erneuerbare Energien nur ohne Atomanlagen<br />

durchzusetzen sind. Ich sage Ihnen: Sie haben recht.<br />

Nur: Wir hätten den Atomausstieg in der 13. Legislaturperiode<br />

wesentlich schneller haben können. Damals hätten<br />

Sie die Mehrheit für einen schnelleren Ausstieg gehabt;<br />

wir hätten Sie darin unterstützt. Schade, diese<br />

Chance wurde vertan. Wir müssen nun gemeinsam weiter<br />

daran arbeiten.<br />

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Der Atomausstieg ist der richtige Weg aus einer Technologie<br />

mit immensen Risiken. An den Grundrisiken der<br />

Atomtechnologie hat sich nichts geändert. Die Entsorgungssicherheit<br />

ist nach wie vor ungeklärt. Die Gefahr<br />

der Proliferation steigt nach Ende des Kalten Krieges<br />

eher. Die Gefahr durch menschliches oder technisches<br />

Versagen besteht fort. Das Atomkraftwerk in Forsmark<br />

war erst vor kurzem ein beredtes Beispiel dafür, dass wir<br />

aufgrund des Versagens von zwei Systemen kurz vor<br />

dem GAU standen.<br />

Noch eine Zahl. Wir reden über Klimaschutz und<br />

Atomkraft. Ab und zu sollte man auch über die Gewinne<br />

der Energiekonzerne reden. Herr Mißfelder, Umweltverbände<br />

haben errechnet, dass ein altes AKW, das abgeschrieben<br />

ist und noch ein Jahr länger läuft, einen Reingewinn<br />

von 1 Milliarde Euro bringt.<br />

(Beifall bei der LINKEN – Philipp Mißfelder<br />

[CDU/CSU]: Dazu habe ich etwas gesagt!)<br />

Das muss die Bevölkerung wissen, um verstehen zu können,<br />

warum es entsprechende Forderungen seitens der<br />

Energiewirtschaft gibt.<br />

Wir sind uns einig, dass wir erneuerbare Energien<br />

brauchen. Wir brauchen KWK-Anlagen, Anlagen auf<br />

der Basis von Erdgas und Biogas. Überdenken Sie,<br />

meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, Ihren<br />

Entschluss noch einmal. Er ist rückwärts gewandt<br />

und zeugt von völliger Ignoranz.<br />

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜND-<br />

NIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

Sie will regenerative Energien.<br />

Reden Sie nicht nur über Energieeffizienz. Tun Sie<br />

endlich etwas! Im Rahmen der Diskussion über das Top-<br />

Runner-Programm wird immer über Energieeffizienz gesprochen.<br />

Setzen Sie endlich entsprechende Maßnahmen<br />

um! Die Mehrheit in diesem Land will eine andere Politik.<br />

Diese muss es endlich geben.<br />

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Sie wollen<br />

doch 5 Euro für einen Liter Benzin!)<br />

Noch einmal zur FDP. Sie zweifeln die Terrorgefahr<br />

in Bezug auf AKWs an. Sie fragen: Was wäre gewesen,<br />

wenn Terroristen ein AKW angegriffen hätten? Niemand<br />

in diesem Land wagt, überhaupt daran zu denken, was<br />

dann passiert. Das wäre ein Super-GAU. Wir müssen die<br />

Bevölkerung schützen, und zwar wir alle miteinander.<br />

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege<br />

Gerold Reichenbach, SPD-Fraktion.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Der Hinweis übrigens, die deutschen Kraftwerke<br />

seien sehr viel sicherer, da ständig Nachbesserungsmaßnahmen<br />

vorgenommen würden – ich denke zum Beispiel<br />

an die falsch montierten Dübel im AKW Biblis –, erinnert<br />

mich ein bisschen an den Versuch eines Automobilhändlers,<br />

die Tatsache, dass es bei der von ihm vertretenen<br />

Marke ständig Rückrufaktionen gibt und Autos<br />

dieser Marke immer wieder zur Reparatur in die Autowerkstatt<br />

müssen, als besondere Qualität seiner Automobilmarke<br />

auszuweisen. Den würde jeder für verrückt erklären;<br />

aber bei den Atomkraftwerken versuchen es die<br />

Betreiber.<br />

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Er ist innovativ!)<br />

Zu diesen Grundrisiken ist ein neues hinzugetreten:<br />

der internationale Terrorismus. Natürlich waren Kraftwerke<br />

schon im Planungsvisier von Terroristen. Die Be-<br />

(B) Die Bevölkerung in diesem Land will keine Atomkraft<br />

mehr.<br />

hauptung, Atomkraft sei seit dem Unfall in Tschernobyl<br />

sicherer geworden, ist falsch. Sie ist seit dem 11. September<br />

2001 unsicherer geworden.<br />

(D)<br />

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der<br />

LINKEN)<br />

Gerade die älteren AKWs, über die wir diskutieren, wie<br />

zum Beispiel bei mir in der Nachbarschaft Biblis A, sind<br />

gegen den Absturz eines Passagierflugzeuges nicht gesichert.<br />

Die Versuche, Atomkraftwerke vor einem Terrorschlag<br />

aus der Luft zu schützen, sind gescheitert, und<br />

zwar nicht nur juristisch; denn das Bundesverfassungsgericht<br />

hat den Abschuss unschuldiger Passagiere untersagt.<br />

Sie sind bereits in der Erprobungsphase technisch<br />

gescheitert; denn es ist richtig: Trotz Vernebelung kann<br />

ein Pilot mithilfe von Navigationssystemen sein Ziel<br />

treffen. Diese können wir im Umkreis von AKWs nicht<br />

abschalten, gerade weil viele Atomanlagen in der Nähe<br />

von Flughäfen liegen.<br />

Das Gleiche gilt übrigens für den Abschuss von Flugzeugen<br />

durch die Bundeswehr. Das Atomkraftwerk Biblis<br />

ist 14 Kilometer Luftlinie vom Frankfurter Flughafen<br />

entfernt, das Atomkraftwerk Neckarwestheim 40 Kilometer<br />

vom Stuttgarter und das Atomkraftwerk Brunsbüttel<br />

60 Kilometer vom Hamburger Flughafen. Alle liegen<br />

viel zu nahe an einem Flughafen, sodass ein militärisches<br />

Eingreifen nicht erfolgen kann. Die ganze Diskussion<br />

über den militärischen Abschuss dient einem einzigen<br />

Zweck: die falsche Vorstellung zu erwecken, wir

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