Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9238 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
Frank Spieth<br />
(A) gere Dienste zu leisten. Ihnen werden Ruhezeiten und bzw. machte, so sind etwa 10 Prozent zusätzliche Ärzte- (C)<br />
sonstiger Ausgleich verspätet oder gar nicht gewährt. und Ärztinnenstellen, die sich aus 700 Millionen Euro fi-<br />
Das hat etwas mit Finanzen zu tun. Diesem ausbeuterinanzieren lassen, ein Gutteil der Lösung. Man muss beschen<br />
Treiben muss schnellstens ein Riegel vorgeschotonen, dass es da auch um Personaleinstellungen geht.<br />
ben werden.<br />
(Frank Spieth [DIE LINKE]: Ganz genau!)<br />
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg.<br />
Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN])<br />
Wo liegt für Sie, meine Damen und Herren aus der<br />
Koalition, also das Problem, die, wie gesagt, plausibel<br />
kalkulierten Mittel bereits 2007 einzustellen, wenn doch<br />
Diese Missstände können mit verschärften Kontrollen die Vollzugsfrist 2007 abgelaufen ist? Da wird argumen-<br />
der Aufsichtbehörden einerseits und der Bereitstellung tiert – wir haben ja eine sehr launige Rede von Herrn<br />
der Mittel andererseits bekämpft werden.<br />
Zylajew<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Herr Kollege Spieth, kommen Sie bitte zum Schluss.<br />
Frank Spieth (DIE LINKE):<br />
Ich komme zum Schluss.<br />
Mein Fazit: Kliniken unternehmen verstärkt Anstrengungen.<br />
Wir sollten sie dabei unterstützen und alles tun,<br />
um das nicht auf dem Rücken des Personals zu betreiben.<br />
Deshalb stimmen wir für den Antrag der FDP.<br />
(Beifall bei der LINKEN – Daniel Bahr<br />
[Münster] [FDP]: Das ist eine gute Entscheidung!)<br />
(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Eine rheinische<br />
Rede! Rheinische Frohnatur!)<br />
und auch von der Staatssekretärin gehört –, die Mittel<br />
seien 2005 nur zu 77 Prozent ausgeschöpft worden. In<br />
diesem Zusammenhang drängt sich mir das Gefühl auf,<br />
dass – in Abwandlung des Sprichwortes „Papier ist geduldig“<br />
– Zahlen durchaus geduldig sind. Ich kann mich<br />
jedenfalls gut daran erinnern, dass in der Anhörung gesagt<br />
wurde, zwar habe ein höherer Prozentsatz von Kliniken<br />
versucht, das Arbeitszeitgesetz umzusetzen; aber<br />
nur 23 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte seien erfasst.<br />
Mit den Zahlen ist das immer so eine Sache; es kommt<br />
immer darauf an, was man daraus lesen will.<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Harald Terpe von<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der FDP und der LIN-<br />
KEN)<br />
Bündnis 90/Die Grünen.<br />
Man muss das vor allen Dingen vor dem Hintergrund<br />
(B)<br />
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
sehen, dass das Gros der Krankenhäuser erst die letzten<br />
Monate und Tage des Jahres 2006 genutzt hat, um über-<br />
(D)<br />
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen haupt an die Umsetzung zu denken bzw. eine Neustruk-<br />
und Kollegen! Die Entstehung und Umsetzung des Arturierung abzuschließen. Ein Teil – das betrifft vor allem<br />
beitszeitgesetzes für das ärztliche Personal im Kranken- die kleinen Krankenhäuser – hat das noch nicht gemacht.<br />
haussektor infolge der EU-Richtlinie ist eine Geschichte Wir werden darauf noch zurückkommen.<br />
aus Ignoranz, Verzögerung und Taktieren. Wurde zunächst<br />
das Problem der Überstunden mit der Gefahr der<br />
Übermüdung ignoriert, gab es später mit exekutiver und<br />
legislativer Billigung eine wiederholte Verzögerung der<br />
Umsetzung. Ich habe das Gefühl, dass auch jetzt Taktieren<br />
und Verzögerung die Spielregel ist;<br />
Ich möchte an dieser Stelle auch darauf hinweisen,<br />
dass es gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />
den Krankenhäusern sind und nicht die Politik, die dankenswerterweise<br />
die innovativen Konzepte entwickeln<br />
und umsetzen, und das unter erheblichen finanziellen<br />
Belastungen.<br />
(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ignorieren!)<br />
Zur Umsetzungsrealität gehört aber auch, dass der er-<br />
denn die geplante Gegenfinanzierung wird über den höhte Anforderungsdruck, nämlich in verkürzter Ar-<br />
Vollzugszeitpunkt des Arbeitszeitgesetzes, den 1. Januar beitszeit den gleichen Arbeitsumfang zu realisieren, zu<br />
2007, hinaus gestreckt und verzögert.<br />
einer Veränderung, wenn nicht gar zu einer Verschlech-<br />
Der Sachverhalt ist allgemein bekannt: Im Jahre 2003<br />
wurde, durchaus plausibel – die Staatssekretärin hat gesagt,<br />
es waren wir und nicht die FDP; darauf will ich<br />
jetzt gar nicht eingehen –, davon ausgegangen, dass das<br />
Arbeitszeitgesetz einen zusätzlichen Personal- und damit<br />
auch Finanzbedarf erfordert.<br />
terung der Behandlungskontinuität für den Patienten<br />
führt. Arbeit von Ärztinnen und Ärzten beispielsweise<br />
im Schichtsystem birgt das Risiko, dass das System von<br />
Patientenvisite, Diagnostik und Therapie aus einer Hand<br />
verloren geht. Vertraute Bilateralität wird durch unpersönliche<br />
Multilateralität potenziell verdrängt. Da stellt<br />
sich die Frage der Betreuungsqualität.<br />
(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da hat die<br />
FDP nie widersprochen!)<br />
Auch die Argumentation, mehr Mittel zur Lösung des<br />
Arbeitszeitproblems würden den Schuldenabbau behin-<br />
Deshalb wurden, ebenfalls plausibel, für das damals andern, ist meiner Ansicht nach eine unzulässige Problemgestrebte<br />
Jahr der Umsetzung, nämlich 2009, 700 Milliovermischung. Denn das wäre ein Art Quersubventionienen<br />
Euro kalkuliert. Stellt man in Rechnung, dass die rung. Natürlich sind auch wir der Meinung, dass die<br />
Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes eine Reduzierung der Mittel zielgenau eingesetzt und die besonderen struktu-<br />
Arbeitszeit um 15 bis 20 Prozent erforderlich macht rellen Probleme kleinerer und mittlerer Krankenhäuser