Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
9334 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
(A) vorliegenden Anträge wollen jedoch eine Entscheidung Verdienst der linken und linkeren Oppositionsfraktionen (C)<br />
vorwegnehmen, ohne eine Abwägung der Argumente in diesem Haus – dieser fragwürdige Lorbeer gebührt<br />
Pro und Contra vorgenommen zu haben.<br />
vielmehr der SPD-Fraktion, die in dieser Sache sogar<br />
den eigenen Minister düpiert. Die sozialdemokratischen<br />
Abgeordneten der fünf Küstenländer haben jedenfalls<br />
durch lautstarke Äußerungen über die Medien deutlich<br />
gemacht, dass das Geld für die Querung und die notwendigen<br />
Hinterlandanbindungen erst in zehn oder 15 Jahren<br />
verfügbar ist. Ehrlicher wäre es gewesen, gleich die<br />
Einstellung des Projektes zu fordern; denn das wäre die<br />
Konsequenz. Für den Fall hätte sich der Herr Minister<br />
auch die Konferenzen mit dem dänischen Kollegen sparen<br />
können.<br />
Gerade einer solchen Verfahrensweise kann sich die<br />
SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion nicht anschließen. Für uns<br />
steht fest – das hatte ich in meiner Rede am<br />
14. Dezember 2006 bereits ausgeführt – dass wir uns<br />
nicht auf ein finanzielles Risiko zulasten der öffentlichen<br />
Hand einlassen werden. Ich finde, der Bundesverkehrsminister<br />
Wolfgang Tiefensee hat in den letzten Monaten<br />
das Thema sehr verantwortungsbewusst behandelt. In<br />
Gesprächen mit der dänischen Regierung und der Landesregierung<br />
Schleswig-Holstein sind die Rahmenbedingungen<br />
für ein PPP-Projekt Feste Fehmarnbelt-Querung<br />
untersucht worden. Hierbei sind natürlich auch die Fragen<br />
eines tragfähigen Finanzierungskonzeptes und möglicher<br />
Staatsgarantiezusagen erörtert worden. Dieser Fragenkomplex<br />
befindet sich nach wie vor in der Verhandlungsphase.<br />
Kein ernsthafter Verhandlungspartner kann<br />
Einzelheiten der Gespräche auf den Markt tragen. Ich<br />
bin sicher, dass der Bundesverkehrsminister in den<br />
nächsten Wochen das Ergebnis seiner intensiven Bemühungen<br />
dem <strong>Bundestag</strong>sausschuss für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung vorstellen wird.<br />
Für mich ist auch klar, dass bei einer ernsthaften Erwägung<br />
des Baus einer festen Fehmarnbelt-Querung<br />
eine Reihe von umweltrelevanten und verkehrstechnischen<br />
Fragestellungen einer ausführlichen Prüfung zu unterziehen<br />
Natürlich ist es richtig, die Frage zu stellen, ob das<br />
Projekt richtig kalkuliert ist und sich rechnen wird. Aber<br />
das ist eben eine Frage; eine abschließende Antwort kennen<br />
wir noch nicht. Die FDP hat sich deshalb immer dafür<br />
ausgesprochen, das Vorhaben unaufgeregt, unvoreingenommen<br />
und ergebnisoffen zu prüfen. Wenn ein<br />
Investor mit Land, Bund und Dänemark einig wird, muss<br />
der <strong>Bundestag</strong> seinen Anteil festlegen. Bis dahin gilt,<br />
dass die feste Querung des Fehmarnbelt ein wünschenswerter<br />
Beitrag für die Entwicklung des transeuropäischen<br />
Verkehrsnetzes wäre. Die Sozialdemokraten<br />
haben sich hingegen nun auch in das Lager derjenigen<br />
geschlagen, die offenbar durch einen Blick in die Kristallkugel<br />
schon jetzt die Antworten auf alle Fragen kennen.<br />
(B)<br />
sind. Im Oktober 2006 sind die Ergebnisse eines informellen<br />
Konsultationsverfahrens vorgestellt worden, an<br />
dem die Öffentlichkeit, Verbände und Behörden beteiligt<br />
waren. Klar ist, dass dieses Umweltkonsultationsverfahren<br />
nicht die notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />
und die gesetzlich vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligungen<br />
ersetzen kann. Erst, wenn alle damit in<br />
Verbindung stehenden Fragen bewertet und beantwortet<br />
worden sind, ist die Grundlage für die Entscheidung<br />
über den Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung geschaffen<br />
worden.<br />
Dieses Verfahren wird unsere dänischen Freunde sehr<br />
verwundern, die deutlich gemacht haben, dass sie auch<br />
eine stärkere finanzielle Beteiligung in Betracht zögen.<br />
Vor allem aber wird damit die ohnehin schon schwache<br />
Position von Minister Tiefensee durch das unverantwortliche<br />
Verhalten seiner eigenen Fraktion weiter unterminiert.<br />
Es ist in der Tat ein trauriges Schauspiel, das wir<br />
dieser Tage erleben: die endgültige Entzauberung eines<br />
Wunderkindes. In Leipzig war Wolfgang Tiefensee noch<br />
ein kleiner König. In Berlin ist er nur noch Überbringer<br />
netter Grußworte. Die Liste seiner Fehler und Niederlagen<br />
ist lang. Bei der Bahnreform lässt Minister Tiefensee<br />
sich von Mehdorn vorführen. Von einem tragfähigen Gesetzentwurf<br />
sind wir weiter entfernt denn je. Besonders<br />
peinlich beim Thema Bahn: Des Ministers vollkommene<br />
Ahnungslosigkeit über den desaströsen Zustand des<br />
Schienennetzes.<br />
(D)<br />
Wenn die SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion zusammen mit<br />
dem Koalitionspartner und vermutlich der FDP die beiden<br />
Anträge ablehnen wird, geschieht dies auch aus dem<br />
Grund, dass wir uns die Option für einen sachlich notwendigen<br />
Abwägungsprozess offen halten wollen. Eine<br />
Entscheidung zum Bau der festen Fehmarnbelt-Querung<br />
ist weder in der Verkehrsausschussberatung am<br />
28. Februar 2007 getroffen worden, noch erfolgt diese<br />
mit der Ablehnung der beiden Anträge. Wir haben gute<br />
Gründe, die beiden Anträge abzulehnen, weil die Koalition<br />
eine Entscheidung erst dann treffen wird, wenn alle Fakten<br />
auf dem Tisch liegen. Dies ist heute nicht der Fall, daher<br />
ist die Ablehnung der beiden Anträge logisch.<br />
Patrick Döring (FDP): Wir reden heute Abend zu<br />
später Stunde über zwei Anträge, die zwar vermutlich<br />
mit der großen Mehrheit des Hauses – auch von uns –<br />
abgelehnt werden. Die Entwicklung der letzten Wochen<br />
lässt aber vermuten, dass Linke und Grüne leider trotzdem<br />
bekommen, was sie wollen: ein schnelles Ende des<br />
Projektes Fehmarnbelt-Querung. Das ist freilich kein<br />
Beim Rat der EU-Verkehrsminister wurde dann auch<br />
noch die Verkehrsagenda der deutschen Ratspräsidentschaft<br />
vor die Wand gefahren. Das europäische Prestigeprogramm<br />
Galileo und das Luftverkehrsabkommen mit<br />
den USA stehen auf der Kippe.<br />
Jetzt, nachdem die Union dem Minister bei der Bahnreform<br />
schon nicht mehr folgt, fängt auch noch die SPD-<br />
<strong>Bundestag</strong>sfraktion an, seine Autorität in der Fehmarnbelt-Frage<br />
zu untergraben. Das ist keine Erosion mehr,<br />
das ist bald ein ausgemachter machtpolitischer Erdrutsch.<br />
Ich frage mich ernsthaft, wie ein Minister, der<br />
nicht einmal in dieser Frage auf die Unterstützung seiner<br />
Partei zählen kann, sich zum Beispiel in der noch viel<br />
schwierigeren Bahnfrage oder bei den komplizierten