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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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<strong>91</strong>80 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />

Jörn Wunderlich<br />

(A) An die Union gerichtet – schade, dass Herr gen würden. Deshalb ist es geboten, dass wir über dieses (C)<br />

Singhammer schon weg ist – kann ich in diesem Zusam- Thema in dieser Ausführlichkeit sprechen.<br />

menhang nur sagen: Sie haben sich bei dieser Reform<br />

des Unterhaltsrechts mit einem Frauenbild durchgesetzt,<br />

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />

welches aus dem vorletzten Jahrhundert stammt und<br />

weit weg ist von Fortschritt und Moderne.<br />

Sie haben es angesprochen. Deswegen bin ich über den<br />

Vorwurf, es sei nichts passiert, etwas verwundert.<br />

(Beifall bei der LINKEN)<br />

Ende 2005 haben wir unsere Leitlinien in die Koali-<br />

Sie wollen immer noch die Ehe als finanzielle Absicherung<br />

der Frau; Ehefrauen sollen gegenüber unverheirateten<br />

Müttern bei der Rangfolge im Unterhaltsrecht privilegiert<br />

werden.<br />

tionsvereinbarung geschrieben. Im April 2006 gab es<br />

dazu einen Entwurf der Bundesregierung. Ich finde, das<br />

ist nicht übermäßig lange; da kenne ich Regierungsentwürfe,<br />

die mehr Zeit in Anspruch genommen haben.<br />

Dann gab es hier im Plenum eine Debatte über dieses<br />

Thema, wir haben im Ausschuss darüber geredet, und es<br />

gab im Oktober letzten Jahres eine Anhörung. Jetzt ist<br />

gleich April 2007. So wie Sie reden, könnte man denken,<br />

das Ganze hätte zehn Jahre auf Eis gelegen.<br />

Die Fraktion Die Linke fürchtet, dass als Ergebnis<br />

dieses Kompromisses drohen: weniger Mindestunterhalt<br />

für Kinder, ein Unterhalt, der sich an der Armutsgrenze<br />

orientiert, weniger oder kein Geld für den erziehenden<br />

Elternteil, eine größere Erwerbsobliegenheit für Frauen,<br />

was aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und der fehlenden<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen im Grunde unmöglich<br />

zu erfüllen ist. Wenn man dann noch berücksichtigt,<br />

dass die Möglichkeit, den Betreuungsunterhalt steuerlich<br />

abzusetzen, die es im Augenblick gibt, nach der Reform<br />

wegfällt, weil zunächst diejenigen bedient werden müssen,<br />

denen der erste Rang eingeräumt worden ist, dann<br />

kann im Mangelfall – im Osten ist er inzwischen der<br />

Normalfall geworden – nur festgestellt werden, dass für<br />

die Unterhaltsberechtigten weniger Geld übrig bleibt,<br />

zum Vorteil der Unterhaltsvorschusskassen.<br />

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei der LINKEN)<br />

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />

Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine<br />

Lambrecht, SPD-Fraktion.<br />

(Beifall bei der SPD – Sabine Leutheusser-<br />

Schnarrenberger [FDP]: Jetzt kommt die Erhellung!)<br />

Christine Lambrecht (SPD):<br />

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen! Frau Leutheusser-<br />

Schnarrenberger, ich kann Ihre Unruhe und Aufregung<br />

darüber verstehen, dass sich im Unterhaltsrecht noch<br />

nicht mehr getan hat, als bisher auf dem Tisch liegt. Ich<br />

gebe in diesem Zusammenhang aber zu bedenken, dass<br />

diese Materie nicht ganz einfach zu regeln ist, weil ganz<br />

viel damit zusammenhängt.<br />

Das momentan geltende Gesetz hat seine Ursprünge<br />

in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Wenn wir<br />

das Unterhaltsrecht jetzt ändern, sollten wir es nicht in<br />

drei, vier oder fünf Jahren wieder verändern müssen: Es<br />

sollte Bestand haben. Die Fachleute an den Gerichten<br />

und die Fachanwälte würden sich die Haare raufen,<br />

wenn wir in drei Jahren ein völlig neues Konzept vorle-<br />

(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]:<br />

Wir waren uns ja alle einig!)<br />

Ich glaube also, wir haben in dieser Frage recht zügig<br />

beraten. Es gab einen Regierungsentwurf, der im Kabinett<br />

einstimmig beschlossen wurde. Wir hatten eine ausführliche<br />

Beratung in der Anhörung,<br />

(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]:<br />

Ja!)<br />

(B)<br />

(Beifall bei der LINKEN)<br />

Angesichts dessen frage ich mich: Wer soll mit dieser<br />

Reform des Unterhaltsrechts gefördert werden: die Kinder<br />

oder die Landesfinanzminister?<br />

in der viele Fragen geklärt werden konnten. Die Fachpolitiker,<br />

insbesondere die Rechtspolitiker, in der Koalition<br />

waren sich einig. Nach der Anhörung gab es noch einige<br />

Veränderungen. Dann hätte man eigentlich zum Zuge<br />

kommen können.<br />

(Beifall bei der SPD – Sabine Leutheusser-<br />

Schnarrenberger [FDP]: Genau!)<br />

(D)<br />

Aber dann wurden, das muss ich jetzt so deutlich sagen,<br />

einige Damen und Herren in der Union – ich hoffe<br />

jedenfalls, dass es nur wenige waren; vielleicht wurden<br />

sie auch von entsprechender Seite beeinflusst –<br />

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />

NEN]: Sie sind nicht da!)<br />

wach und haben weitgreifende Veränderungen gefordert.<br />

An uns jedenfalls lag es nicht. Auch ich bin über dieses<br />

Vorgehen verwundert, dass man trotz eines Kabinettsbeschlusses,<br />

der einstimmig gefasst wurde, und gegen den<br />

ausdrücklichen Willen der Fachpolitiker sagt, dass man<br />

das Ganze noch einmal auf den Kopf stellen möchte.<br />

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />

der FDP und der Abg. Ekin Deligöz [BÜND-<br />

NIS 90/DIE GRÜNEN])<br />

Das ist verwunderlich und in einer Koalition nicht üblich.<br />

Jetzt muss man sich anschauen, warum das alles verändert<br />

werden soll. Um was geht es? Im Endeffekt geht<br />

es, glaube ich, um eine ideologische Auseinandersetzung.<br />

Wir haben im Unterhaltsrecht mutig die Formel<br />

„Kinder zuerst“ geprägt. Bei all den Debatten, die wir in<br />

diesem Zusammenhang führen, geht es um die Kinder.<br />

Die Kinder sollen im Vordergrund stehen, weil sie in der<br />

Regel keinen Einfluss darauf haben, ob ihre Eltern ver-

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