Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9328 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
(A) söhnungsprozesses weiter unterstützt als auch auf die Da die Probleme letztlich nur durch den innersomali- (C)<br />
Schaffung von Sicherheit durch AMISOM setzt. schen Dialog nachhaltig gelöst werden können, muss alles<br />
unternommen werden, die Versöhnungskonferenz zu<br />
einem Erfolg zu führen. So ist es auch in der Sicherheitsratsresolution<br />
1744 vom 20. Februar 2007 festgehalten.<br />
Darin heißt es:<br />
Einen weiteren wichtigen Punkt sehe ich darin, dass<br />
eine Lösung nur auf regionaler Ebene zu erreichen ist.<br />
Die Situation der Somalis ist nicht zuletzt deshalb so<br />
komplex, weil wir auch hier wieder vor einem Scherbenhaufen<br />
der Geschichte stehen: angefangen bei der willkürlichen<br />
Grenzziehung in der Kolonialzeit bis hin zu<br />
Entscheidungen im 20. Jahrhundert, die für die Somalis,<br />
aber nicht mit ihnen getroffen wurden. Wir müssen als<br />
internationale Akteure begreifen, bei Konflikten dieser<br />
Art den Partner zu sehen und nicht ganze Länder oder<br />
Völker zu instrumentalisieren.<br />
Das Rad der Geschichte aber lässt sich nicht zurückdrehen.<br />
Die UN-Resolution weist darauf hin, dass es um<br />
den Aufbau staatlicher Strukturen in den Grenzen des<br />
heute bestehenden Somalia geht. Diese Sicherheit muss<br />
garantiert bleiben – auch für jene Nachbarn, in deren<br />
Staatsgebiet große somalische Minderheiten leben. Dennoch<br />
ist es richtig, dass es keine dauerhafte und friedliche<br />
Lösung geben kann, wenn Interessen oder Konflikte<br />
aus Nachbarstaaten in Somalia ausgetragen werden.<br />
Um den deutschen Beitrag zu einer friedlichen und<br />
dauerhaften Lösung in Somalia zu unterstützen, würde<br />
ich mir wünschen, dass wir mit allen Fraktionen guten<br />
willens hier im Hause zu einem gemeinsamen Antrag<br />
finden können.<br />
Seitdem hat es drei Versöhnungskonferenzen gegeben,<br />
die Arta-Konferenz im August 2000, die von Kenia<br />
ausgerichtete Versöhnungskonferenz im Oktober 2002<br />
und die Friedens- und Versöhnungskonferenz für Somalia<br />
im Jahr 2004, die ebenfalls in Kenia stattfand.<br />
Der Übergangsregierung ist es aber nicht gelungen,<br />
für Stabilität im Land zu sorgen. Seit Dezember 2006 hat<br />
sich die Situation erheblich verschärft. Trotz der Resolution<br />
1725 des VN-Sicherheitsrates ist es nicht gelungen,<br />
ein Waffenembargo wirksam umzusetzen. Was bisher<br />
bleibt, ist der auf Papier geschriebene Appell an alle<br />
Konfliktparteien, sich an bereits getroffene Absprachen<br />
zu halten. Das ist zu wenig, um eine Zukunftsstrategie zu<br />
entwickeln, wie die in diesen Tagen wieder aufgeflammten<br />
Gefechte in Mogadischu zeigen.<br />
Mit dem Beschluss des Friedens- und Sicherheitsrates<br />
der Afrikanischen Union vom 19. Januar 2007 für eine<br />
AU-Friedensmission sind Hoffnungen verbunden, den<br />
innersomalischen Friedensdialog wieder in Gang zu<br />
bringen. Am <strong>16</strong>. April soll eine zweimonatige Versöhnungskonferenz<br />
beginnen, an der die politischen Führer,<br />
die Clanführer und die Vertreter der Zivilgesellschaft beteiligt<br />
werden sollen.<br />
„… ersucht den Generalsekretär. Den Übergangs-<br />
Bundesinstitutionen bei der Durchführung des Kongresses<br />
der nationalen Aussöhnung sowie darüber<br />
hinaus in Zusammenarbeit mit der Afrikanischen<br />
Union, der Liga der arabischen Staaten und der<br />
Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung bei<br />
der Förderung eines fortdauernden, alle Seiten einschließenden<br />
politischen Prozesses behilflich zu<br />
sein.<br />
Derzeit sieht es allerdings nicht danach aus. Denn<br />
auch heute wird in Mogadischu geschossen. Mindestens<br />
15 Menschen kamen bei Hubschrauberangriffen der<br />
äthiopischen Armee auf islamische Milizionäre ums Leben.<br />
130 Menschen sollen verletzt worden sein.<br />
Die Bundesregierung bemüht sich, den Versöhnungsprozess<br />
zu unterstützen. Derzeit sind unter deutscher Federführung<br />
diplomatische Aktivitäten der Europäischen<br />
Union im Gange. Sie zielen darauf ab, die Einbindung<br />
aller relevanten politischen Kräfte in den Dialog zu erreichen.<br />
(B)<br />
Brunhilde Irber (SPD): Das Scheitern der<br />
UNOSOM-II-Mission Mitte der 1990er-Jahre ist uns allen<br />
noch in schmerzlicher Erinnerung. Eine furchtbare<br />
Hungersnot kostete circa 300 000 Menschen das Leben.<br />
Dennoch kamen die Bürgerkriegsparteien nicht zur Besinnung<br />
und verwickelten die UN-Soldaten in die Auseinandersetzungen<br />
der rivalisierenden Clans.<br />
Dies gilt selbstverständlich auch für den Dialog mit<br />
den moderaten Führern der islamischen Gerichtshöfe.<br />
Im vorliegenden Antrag ist davon die Rede, dass die EU<br />
trotz entsprechender Bemühungen dieser Gruppierung<br />
auf Gesprächswünsche nicht reagiert hätte. Ich habe mir<br />
bestätigen lassen, dass das Gegenteil der Fall ist. Anfang<br />
März 2007 hat es solche Gespräche gegeben. Bei der<br />
Fülle von Akteuren ist es natürlich möglich, dass nicht<br />
immer alle und sofort erreicht werden können. Tatsache<br />
ist jedoch, dass sich die Bundesregierung in diesem<br />
Sinne konstruktiv einbringt. Dies gilt im Übrigen auch<br />
für die Unterstützung des Verfassungsprozesses. Hier<br />
gibt es bereits konkrete Überlegungen.<br />
(D)<br />
Zentral ist in der Tat die Effektivität der durch die AU<br />
beschlossenen Friedensmission AMISOM. Dazu gehört<br />
das Erreichen der Sollstärke ebenso wie eine entsprechende<br />
finanzielle Ausstattung. Wie problematisch sich<br />
eine Unterfinanzierung auswirken kann, haben wir in<br />
Darfur gesehen. Für die Unterstützung von AMISOM<br />
gibt es Bewegung, zum Beispiel was die Auszahlung<br />
von Geldern für die Afrikanische Friedensfazilität anbelangt.<br />
Schließlich muss es uns – wie heute schon während<br />
der Simbabwedebatte erwähnt – um die flankierende<br />
Unterstützung beim Wiederaufbau des Landes gehen.<br />
Dafür werden unter anderem die EU-Mittel aus dem Europäischen<br />
Entwicklungsfonds aufgestockt.<br />
Krieg ist bekanntlich die schlimmste und unsinnigste<br />
Version der Kapitalvernichtung. Denn in Bürgerkriegen<br />
zerstören die Kämpfer sozusagen ihre eigenen künftigen<br />
Lebensgrundlagen.<br />
Alle afrikanischen Konfliktherde bergen das Risiko,<br />
sich zu Flächenbränden auszuweiten. Dies gilt in beson-