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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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9330 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />

(A) auch in die Pflicht zu nehmen. Dazu gehört auch die schweige denn, ihre Arbeit aufgenommen haben. Die (C)<br />

Frage der strittigen Grenzziehung.<br />

Mission wird auf breiten Widerstand in der Bevölkerung<br />

Wir müssen uns von deutscher, europäischer und internationaler<br />

Seite massiv für einen Interessenausgleich<br />

zwischen den innersomalischen Parteien und den Regionalmächten<br />

einsetzen, damit die AMISOM-Mission auf der<br />

Grundlage einer allgemeinen Akzeptanz endlich ihre Arbeit<br />

aufnehmen kann und damit der politische Friedensprozess<br />

in Gang kommt.<br />

und bei der UIC stoßen, da sie eine Regierung stärken<br />

soll, die in der Bevölkerung weitgehend abgelehnt wird.<br />

Dies wird sich mit der geplanten Überführung in eine<br />

UN-Mission nicht ändern. Weder die AMISOM noch<br />

eine UN-Mission werden die Probleme lösen. Denn eine<br />

militärische Präsenz in Somalia, unter welcher Führung<br />

auch immer, wird allen Dialogbemühungen entgegenwirken.<br />

Dies lehren uns die beiden anderen Fronten des<br />

Antiterrorkampfes, Afghanistan und Irak.<br />

Ich wiederhole meine Forderung aus vorhergehenden<br />

Afrikadebatten: Eine bessere Zusammenarbeit und Unterstützung<br />

der AU – sei es personell, zum Beispiel bei<br />

der Schulung, finanziell und organisatorisch beim Aufbau<br />

der Strukturen – ist unerlässlich. Wenn wir es mit der<br />

„african ownership“ ernst meinen, dürfen wir die AU<br />

nicht im Regen stehen lassen.<br />

Dr. Norman Paech (DIE LINKE): Seit dem Sturz<br />

des Diktators Siad Barre 19<strong>91</strong> ist Somalia faktisch ohne<br />

Regierung und zerrissen von Kämpfen rivalisierender<br />

Gruppen. Es ist das immer wieder zitierte Beispiel eines<br />

Failed State, eines gescheiterten Staates. Das vollständige<br />

Fehlen öffentlicher Infrastruktur und die desolate<br />

Sicherheitssituation machen Somalia vor allem anfällig<br />

für die Einmischung durch benachbarte Staaten.<br />

Wir sollten allerdings nicht übersehen, dass auch andere<br />

Staaten und vor allem die USA in dem Konflikt ihre<br />

Interessen verfolgen. Derzeit verdächtigen die USA die<br />

UIC, mit al-Qaida zu kooperieren und begründen ihre<br />

Luftangriffe mit ihrem „weltweiten Krieg gegen den<br />

Terror“. Das Horn von Afrika ist aber nicht nur wegen<br />

seiner beträchtlichen Öl- und Gasvorräte, sondern auch<br />

wegen seiner strategischen Position gegenüber der arabischen<br />

Halbinsel, der ölreichsten Region der Erde, von<br />

erheblicher strategischer Bedeutung. So wenig hiervon<br />

zurzeit in den Medien die Rede ist: Diese Vorräte sind<br />

nicht verschwunden und werden mit der Sicherung und<br />

Stabilisierung Somalias wieder in den Vordergrund der<br />

Interessen treten.<br />

Die USA haben auch Äthiopien beim Einmarsch in<br />

Somalia unterstützt. Seitdem hat sich die Situation wieder<br />

drastisch verschlechtert. Die Übergangsregierung ist<br />

zwar formal wieder an der Macht, hat aber bei der Bevölkerung<br />

kaum Zustimmung. Denn sie hat die alten<br />

Warlords, die Korruption und die alte Unsicherheit wieder<br />

mitgebracht.<br />

In dieser Situation beschloss der Friedens- und Sicherheitsrat<br />

der AU am 19. Januar 2007 die Entsendung<br />

einer Friedensmission nach Somalia, der sogenannten<br />

AMISOM. Dass diese Mission scheitern wird, ist allzu<br />

offensichtlich: Sie ist auf sechs Monate begrenzt und<br />

wird sich in dieser Zeit nicht einmal installiert, ge-<br />

Letztendlich wird nur eine demokratisch gewählte<br />

Regierung eine nachhaltige Stabilisierung des Landes<br />

bewirken können. Hierzu muss es dringend zu Verhandlungsgesprächen<br />

zwischen der Übergangsregierung und<br />

der UIC kommen. Darin stimmen wir dem Antrag von<br />

Bündnis 90/Die Grünen zu. An einem solchen Dialog<br />

sollten auch die Länder des afrikanischen und arabischen<br />

Raums unbedingt teilnehmen, die nicht in den Konflikt<br />

involviert sind.<br />

Wir fordern die Bundesregierung auf, mit ihren Vermittlungsdiensten<br />

diesen Prozess zu unterstützen. Um<br />

jedoch einen solchen Dialog überhaupt zu ermöglichen,<br />

muss sich die äthiopische Armee vollständig aus Somalia<br />

zurückziehen und das Waffenembargo durchgesetzt<br />

werden, müssen die USA ihre Luftangriffe einstellen<br />

So tragen Äthiopien und Eritrea ihre Grenzkonflikte<br />

über die Unterstützung der rivalisierenden Kräfte in Somalia<br />

aus. Äthiopien wollte mit seinem Einmarsch in<br />

und die Nachbarstaaten dazu gebracht werden, ihre Unterstützung<br />

der Konfliktparteien aufzugeben.<br />

(B)<br />

Somalia vor allem die Union der Islamischen Gerichte<br />

– UIC – verjagen, der es immerhin gelungen war, nach<br />

knapp fünfzehn Jahren Chaos eine gewisse Sicherheit im<br />

Lande wiederherzustellen.<br />

Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aktuell<br />

spitz sich der Somaliakonflikt deutlich zu. Die<br />

Kämpfe und Anschläge in Mogadischu intensivieren und<br />

häufen sich und veranlassen Zehntausende zur Flucht.<br />

Die humanitäre Lage spitzt sich zu.<br />

(D)<br />

Die Bundesregierung steht derzeit als Ratspräsidentin<br />

der EU in besonderer Verantwortung dafür, Frieden und<br />

die Wiederherstellung staatlicher Strukturen in Somalia<br />

zu fördern. Dies kann nur gelingen, wenn die internationale<br />

Gemeinschaft gleichzeitig der inneren und der<br />

regionalen Komplexität des Konflikts gerecht wird. Sie<br />

muss rational mit den politischen islamischen Bewegungen<br />

umgehen und den Konflikt nicht vorwiegend als Teil<br />

des Kampfes gegen den islamistischen Terrorismus begreifen.<br />

Nur zu gerne würde ich den Optimismus internationaler<br />

Erklärungen teilen, die davon ausgehen, dass sich<br />

nach dem äthiopischen Einmarsch vom Jahresende 2006<br />

eine neue Friedenschance aufgetan hat. Doch die aktuelle<br />

Eskalation belegt, dass in Somalia eine neue Kräftekonstellation<br />

entstanden ist, die konfliktträchtiger ist als<br />

zuvor. Mit der Union der Islamischen Gerichtshöfe hat<br />

Äthiopien – ermutigt durch die USA – einen handlungsfähigen<br />

Akteur zerschlagen, der sich trotz einiger Menschenrechtsverletzungen<br />

die Anerkennung weiter Teile<br />

der Bevölkerung erworben hat. Erstmals seit langen Jahren<br />

verbesserten die Gerichtshöfe im letzten Jahr nicht<br />

nur die öffentliche Sicherheit deutlich, sondern auch die<br />

Möglichkeiten, Handel zu treiben. Der Einmarsch<br />

stärkte dagegen die nicht repräsentative somalische<br />

Übergangsregierung, die eine Mehrheit der Somalis als

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