Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9318 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
(A) Rahmenvereinbarung zwischen SWIFT und den ameri- eine besondere Rolle zu. Hierbei werden auch Fragen (C)<br />
kanischen Behörden, die sicherstellen soll, dass die Da- der Aufbewahrzeit der Daten, des Datenzugangs und<br />
tenmenge möglichst gering gehalten wird; auch nach Be- Aufsichtsfragen zu klären sein. Die Bundesregierung hat<br />
kanntwerden des Sachverhaltes im Jahre 2006 werden angekündigt – mit Blick auf die vorstehenden Anträge –,<br />
allerdings weiterhin Daten mit personenbezogenen In- den Deutschen <strong>Bundestag</strong> über den Fortgang und die auf<br />
formationen übertragen.<br />
europäischer Ebene zu erzielende Lösung zu unterrich-<br />
Die Mitteilung der US-Behörden, wonach das Proten.gramm<br />
zur Aufdeckung von Finanzströmen immer nur Gemeinsames Ziel der deutschen Ratspräsidentschaft<br />
dann eingesetzt worden sei, wenn konkrete Anhalts- und der Europäischen Kommission ist es, eine Lösung<br />
punkte auf terroristische Aktivitäten von Personen oder zu erreichen, die einerseits dem Erfordernis einer effek-<br />
Organisationen vorgelegen hätten, und es sich daher um tiven Bekämpfung des Terrorismus, einschließlich der<br />
eine zielgenaue, anlassbezogene Suche nach abgrenzba- Terrorismusfinanzierung, und gleichzeitig den Vorgaben<br />
ren Datenmengen gehandelt habe, kann nach unserer des europäischen Datenschutzrechtes, insbesondere der<br />
geltenden Rechtsauffassung nicht befriedigen. Zentrale EG-Datenschutzrichtlinie 95/46/EG, sowie einem rei-<br />
Informationen, die für eine rechtsstaatliche Kontrolle der bungslosen Zahlungsverkehr Rechnung trägt.<br />
Vorgänge unabdingbar sind, stehen weder der Bundesregierung<br />
noch dem <strong>Bundestag</strong> zur Verfügung. Dazu gehören<br />
Auskünfte über: die verwendeten Methoden der<br />
Datenauswertung, den Umfang der von SWIFT übermittelten<br />
Daten, die Kenntnis und Beteiligung deutscher<br />
Banken an der Datenübergabe – grundsätzlich ist Banken<br />
die Übermittlung personenbezogener Daten an<br />
SWIFT innerhalb der Europäischen Union und in einem<br />
Drittstaat erlaubt, wenn diese im Rahmen der Ausführung<br />
eines Zahlungsauftrages des Kunden erfolgt; kritisch<br />
zu bewerten ist meines Erachtens allerdings die<br />
Rechtmäßigkeit der Übermittlung von personenbezogenen<br />
Daten an Dritte, die als Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht<br />
gegenüber dem Auftrag gebenden<br />
Ich fasse zusammen: Sicher sind wir uns fraktionsübergreifend<br />
einig, dass der Datenschutz auch im internationalen<br />
Zahlungsverkehr wieder herzustellen ist und<br />
dass der Datenschutz sowohl die nationalstaatlichen<br />
Grenzen überwinden muss, als auch nicht vor den Türen<br />
unserer Verbündeten Halt machen darf. Ich bin froh, dass<br />
sich unserer Regierung unmittelbar nach Bekanntwerden<br />
der Weitergabe von SWIFT-Daten an US-Behörden erstens<br />
um Aufklärung kümmert, zweitens aber auch an Lösungen<br />
für diesen komplexen Sachverhalt arbeitet. An<br />
dieser Stelle habe ich den Applaus des ganzes Hauses<br />
eingeplant.<br />
(B)<br />
Kunden und damit als Verletzung der bankvertraglichen<br />
Nebenpflicht zu bewerten ist –, die Betroffenheit deutscher<br />
Bankkunden, die Weiterverwendung der Daten. Im<br />
Raum steht der Vorwurf, durch die Einsichtnahme USamerikanischer<br />
Behörden in zum Teil betriebswirtschaftlich<br />
sensible Informationen entstünden ausländischen<br />
Unternehmen Wettbewerbsnachteile. Das Europäische<br />
Parlament hat dazu am 6. Juli 2006 den Entschließungsantrag<br />
B6 – 03<strong>91</strong>/06 an SWIFT, Banken, die Europäische<br />
Zentralbank, die Kommission und die Ratspräsidentschaft<br />
verabschiedet, in dem die Datenherausgabe<br />
und -auswertung verurteilt und die Anschuldigung der<br />
Wirtschafts- und Industriespionage erhoben werden. Ermittlungen<br />
des belgischen Justizministeriums und der<br />
belgischen Financial Intelligence Unit, die aufgrund der<br />
Organisation der SWIFT nach belgischem Genossenschaftsrecht<br />
die Zuständigkeit für sich in Anspruch nehmen,<br />
sind noch nicht abgeschlossen.<br />
Gisela Piltz (FDP): Die Frage, die wir uns immer<br />
wieder stellen müssen, ist: Wie viele Einschränkungen<br />
um der Sicherheit willen vertragen die Bürgerrechte, verträgt<br />
die Freiheit, die unsere Gesellschaft, unseren Staat,<br />
unser Grundgesetz ausmacht? Die Annahme, von der die<br />
US-amerikanische Administration seit dem 11. September<br />
2001 ausgeht, ist aber umgekehrt: Freiheit gefährdet<br />
die Sicherheit. Von genau diesem Gedanken sind Aktionen<br />
wie der Zugriff auf die SWIFT-Daten durch die CIA<br />
getragen.<br />
Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass wir den<br />
Terrorismus mit aller Kraft bekämpfen müssen. Aber wir<br />
dürfen doch dabei nie aus den Augen verlieren, dass der<br />
Kampf gegen den Terrorismus zugleich auch ein Kampf<br />
für die Freiheit ist. Denn es gilt doch gerade, die Freiheit,<br />
die Bürgerrechte zu bewahren, die uns die Terroristen<br />
wegbomben wollen. Deshalb muss jede Maßnahme,<br />
die geeignet erscheint, gegen Terroristen vorzugehen,<br />
genau abgewogen werden gegen die Freiheiten, die dafür<br />
eingeschränkt oder infrage gestellt werden.<br />
(D)<br />
Das Ziel muss bei der Datenübermittlung an ausländische<br />
Behörden zur Terrorbekämpfung daher lauten, die<br />
Grundsätze des Datenschutzes nach den entsprechenden<br />
Vorschriften der Europäischen Union, das Bankgeheimnis<br />
und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung<br />
privater und gewerblicher Bankkunden im Zusammenwirken<br />
mit der Bundesregierung und unseren Partnern in<br />
der Europäischen Union zu wahren.<br />
Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft hat die Bundesregierung<br />
mit Unterstützung der Kommission am<br />
27. Februar 2007 Sondierungsgespräche mit der US-<br />
Treasury geführt. Für die weitere Diskussion ist die Verhandlungsbereitschaft<br />
der USA von zentraler Bedeutung.<br />
Weiteren Gesprächen mit den USA kommt daher<br />
Natürlich ist die Kenntnis der Finanzierung des Terrorismus<br />
sehr wichtig, um den Bin Ladens und anderen die<br />
Grundlage ihres verbrecherischen Handelns zu entziehen.<br />
Aber die großangelegte Überwachung des internationalen<br />
Zahlungsverkehrs durch Zugriff auf die SWIFT-Daten<br />
fördert vor allem eines zutage: Millionen von personenbezogenen<br />
Daten von unbescholtenen Bürgern, Millionen<br />
von unternehmensbezogenen Daten, die unter den Schutz<br />
von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen fallen.<br />
Es ist ja nicht so, dass Otto Normalbürger heutzutage<br />
nicht am internationalen Zahlungsverkehr teilnimmt. Da