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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007 9309<br />

(A) sehr eingeschränkt. Es gibt derzeit keine auf die fünf Welt und auch in unseren Nachbarschaftsregionen. Dies (C)<br />

zentralasiatischen Staaten beschränkte Regionalorgani- war und ist der Grund für die Attraktivität der Europäisation<br />

mehr. Es ist zu hoffen, dass die Isolationspolitik schen Union und den enormen Fortschritt, der sich mit<br />

Turkmenistans nach dem Tod des Turkmenbaschi ein ihr verknüpft.<br />

Ende hat. Usbekistans Zollbarrieren und Verminung der<br />

Grenzabschnitte zu seinen Nachbarn sind auch nicht das,<br />

was man als vertrauensbildende Maßnahmen bezeichnen<br />

würde. Hinzu kommen insgesamt stark personalisierte<br />

Die ökonomischen Beziehungen, welche die zentralasiatischen<br />

Staaten und die EU verbinden, sollten ebenso<br />

vertieft werden wie die politischen und kulturellen.<br />

Machtstrukturen, die ein Hemmschuh für regionale Integration<br />

sind.<br />

Es wird sich jedoch im Rahmen eines solchen, gut<br />

freundschaftlich geführten Dialogs nicht vermeiden las-<br />

Einige der EU-Projekte sind in der Vergangenheit in<br />

der Region durchaus positiv aufgenommen worden, wie<br />

zum Beispiel die kürzlich zusammengelegten Programme<br />

für Grenzmanagement und Bekämpfung von<br />

Drogentransit durch Zentralasien.<br />

sen, auf gewisse Probleme zu sprechen zu kommen. Die<br />

Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland<br />

treten nach innen wie nach außen strikt für die Einhaltung<br />

der Menschenrechte ein. Vor diesem Hintergrund<br />

können und dürfen wir nicht die Augen verschließen vor<br />

der Lage der Menschenrechte in Zentralasien. Persönliche<br />

Freiheiten und die Pressefreiheit sind in diesen Ländern<br />

nach wie vor nicht ausreichend gesichert. Die Lage<br />

etwa in den usbekischen Gefängnissen ist inakzeptabel,<br />

und eine Aufklärung der Ereignisse in Andischan ist erforderlich.<br />

Deutschland und Europa müssen diese regionalen<br />

Projekte weiter fördern und auch Kooperationen wie die<br />

Shanghai Organisation für Zusammenarbeit, SCO, neu<br />

bewerten. Nicht zu Unrecht hatte der Westen die SCO in<br />

der Vergangenheit als inhaltslose Integrationsblase betrachtet.<br />

Europa darf die Entwicklungen der letzten Jahre<br />

aber nicht verschlafen und Zentralasien nicht Russland<br />

und China überlassen, die jetzt schon in den Bereichen<br />

Energie und Sicherheit enger zusammenarbeiten.<br />

Staatliche Folter und Repression dürfen in keinem<br />

Staat der Welt Normalität sein. Diese ist unsere feste<br />

Überzeugung. Deshalb ist die Lage der Menschenrechte<br />

in Usbekistan eine, die wir als die Linke und als Demo-<br />

(B)<br />

Einen letzten Aspekt möchte ich nennen, der mir sowohl<br />

bei den Grünen als auch bei der Bundesregierung<br />

fehlt: die wichtige Rolle, die die auswärtige Kultur- und<br />

Bildungspolitik bei der europäischen Zentralasienstrategie<br />

spielen kann. Gerade auf zivilgesellschaftlicher<br />

Ebene, gerade im Umgang mit Ländern, wo sich die Beziehungen<br />

auf staatlicher Ebene nicht gerade problemlos<br />

und durch offene Kommunikation auszeichnen, ist das<br />

Instrument der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik<br />

von unschätzbarem Wert.<br />

kraten so nicht hinnehmen können und nicht hinnehmen<br />

wollen. Ich durfte mir im Oktober des vergangenen Jahres<br />

im Rahmen einer Reise des Menschenrechtsausschusses<br />

nach Usbekistan selbst ein Bild von der dortigen<br />

Situation machen. Und in der Tat: Die Verhältnisse<br />

scheinen von unserer Warte der erlebten 50 Jahre in Frieden<br />

und Demokratie sehr bedenklich. Wenn wir mit den<br />

Ländern der Region einen Dialog auf gleicher Augenhöhe<br />

führen wollen, müssen wir jedoch zwei sehr entscheidende<br />

Aspekte beachten.<br />

(D)<br />

Auf meiner Reise durch Zentralasien vergangenen<br />

November habe ich in den Gesprächen, gerade in Turkmenistan,<br />

erlebt, wie groß das Misstrauen und wie klein<br />

die Bereitschaft des Entgegenkommens ist. Auswärtige<br />

Kultur- und Bildungspolitik kann hier ein guter Zugang<br />

sein und muss in der Tat als eine der tragenden Säulen<br />

der deutschen Außenpolitik gesehen werden.<br />

Egal ob Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Turkmenistan<br />

oder Tadschikistan: Es handelt sich um sehr junge<br />

Staaten, die allesamt in einer schwierigen ökonomischen<br />

und weltpolitischen Zeit, zu Beginn der 1990er-Jahre,<br />

ihre Souveränität erlangten. Auch wenn uns viele Zustände<br />

besorgen: Das Erlernen demokratischen Miteinanders<br />

braucht Zeit, und diese Zeit sollte man den Ländern<br />

Zentralasiens – bei aller Kritik – auch zugestehen.<br />

Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE): Wie die Antragsteller<br />

begrüße ich die Initiativen der EU unter der deutschen<br />

Ratspräsidentschaft, die Beziehungen zu den fünf<br />

Staaten der zentralasiatischen Region zu intensivieren.<br />

Dies ist eine Chance, zur Förderung von Frieden und<br />

Stabilität beizutragen.<br />

Ein zweiter Punkt, den man von dieser deutschen und<br />

europäischen Warte nicht sehen will oder kann, ist die<br />

Angst der dortigen laizistischen Gesellschaften vor dem<br />

politischen Islam. Die Gefahr, die vom Islamismus ausgeht,<br />

hat in dieser Nachbarregion zu Afghanistan und<br />

Pakistan eine wesentlich andere Qualität. Der Islamismus<br />

ist in der Region eine reale Gefahr und keine bloß<br />

virtuelle, wie die Antragsteller unterstellen. Auch wenn<br />

wir mit den Maßnahmen, die gegen die Islamisten ergriffen<br />

werden, natürlich nicht immer einverstanden sein<br />

können, sollten wir bedenken, dass es gerade diese säkularen<br />

Staaten mit muslimischer Bevölkerung sind, die<br />

für uns als Partner immer wichtiger werden!<br />

Wir werden immer wieder daran erinnert, wie bedeutsam<br />

heute die Sicherung unserer Energieversorgung in<br />

Europa geworden ist. Die zentralasiatische Region spielt<br />

hierbei eine hervorragende Rolle. Allein dieser Sachverhalt<br />

macht uns zu Partnern, und diese Partnerschaft sollten<br />

wir pflegen. Ich möchte betonen, dass unsere Beziehungen<br />

sich keinesfalls auf wirtschaftliche Interessen<br />

reduzieren lassen dürfen und dass sie sich auf einem absolut<br />

partnerschaftlichen Niveau abzuspielen haben!<br />

Frieden und Wohlstand, Sicherheit und Freiheit sollen<br />

nicht lediglich in Europa gelten, sondern überall in der<br />

Bei allem Respekt voreinander und bei allen Bemühungen,<br />

keinem Staat und keinem Volk unsere Lebensweise<br />

aufzuzwingen, bin ich der festen Überzeugung,<br />

dass auch Usbekistan und die anderen Länder Zentral-

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