Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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<strong>91</strong>90 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
Cornelia Hirsch<br />
(A) dass Bund und Länder mit dem Hochschulpakt ihrer Ver- Zweiter Punkt. Das war noch verlogener, Herr Storm. (C)<br />
antwortung für die junge Generation gerecht werden. Sie haben gesagt, es sei Ihnen gelungen, strukturelle<br />
Für Die Linke möchte ich sagen, dass wir diese Behaup- Vorgaben zu machen und die dann auch entsprechend<br />
tung wirklich deutlich zurückweisen. Ich kann mich umzusetzen. Mit Verlaub: Wenn man sich diesen Antrag<br />
nicht daran erinnern, dass wir den Hochschulpakt, den anschaut, findet man nur Formulierungen wie: Sie wol-<br />
Sie hier vorgelegt haben und den Sie jetzt auch umsetzen len darauf drängen. Sie wollen dafür Sorge tragen. Sie<br />
wollen, im Ausschuss jemals begrüßt hätten. Wir sind wollen darauf hinwirken. Sie wollen bestimmte Dinge<br />
für einen grundsätzlich anderen Hochschulpakt eingetre- zu nutzen versuchen. – Das ist wirklich nicht das, was<br />
ten.<br />
wir unter verbindlichen Vorgaben verstehen.<br />
Das wird sehr deutlich, wenn man den heute von den<br />
Koalitionsfraktionen vorgelegten Antrag mit dem von<br />
uns, von der Fraktion Die Linke, schon im letzten November<br />
eingebrachten Antrag vergleicht.<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Unserer ist besser!)<br />
Ich möchte drei zentrale Forderungen unseres Antrags<br />
aufgreifen, Herr Tauss, die Sie in Ihrem Antrag „Den<br />
Hochschulpakt erfolgreich umsetzen“ vollständig außen<br />
vor lassen.<br />
Erstens. Wenn man die Hochschulen wirklich öffnen<br />
will, wenn man wirklich mehr jungen Menschen einen<br />
Zugang zu den Hochschulen ermöglichen will, dann<br />
muss man der Frage nachgehen, wie viel Geld für einen<br />
Hochschulpakt zur Verfügung gestellt wird. Man kann<br />
sagen: 1,25 Milliarden Euro, das klingt nach schrecklich<br />
viel Geld.<br />
Herr Storm hat gesagt: Wir haben jetzt den Bolognaprozess,<br />
in dem die Studiengänge umgestellt werden sollen.<br />
– Da ist einfach noch mehr Geld vonnöten.<br />
(Uwe Barth [FDP]: So kann nur jemand reden,<br />
der mit Geld nicht umgehen kann! – Monika<br />
Grütters [CDU/CSU]: Das müssen Sie den<br />
Bundesländern sagen!)<br />
Dies beziehen Sie in Ihre Berechnung für mehr Studienanfängerinnen<br />
und -anfänger kein bisschen ein. Das halten<br />
wir für falsch.<br />
Man muss anmerken, dass im Rahmen der Föderalismusreform<br />
Gelder weggefallen sind. Die Gelder, die<br />
mit dem Hochschulpakt hineinkommen, sind teilweise<br />
nur Kompensationsmittel, sodass es nicht viel Geld ist,<br />
was am Ende für die Hochschulen faktisch übrig bleibt.<br />
Im Prinzip hat diese Kritik, die wir hier üben, nämlich<br />
dass das Geld nicht ausreicht, auch Herr Rossmann in<br />
seiner Rede gerade zum Ausdruck gebracht. Er hat gezeigt,<br />
dass im Antrag durchgängig nur von Studienanfängerinnen<br />
und -anfängern die Rede ist, aber gerade<br />
nicht von Studienplätzen. Wenn es wirklich um eine gute<br />
Ausfinanzierung gehen soll – für mehr Studierende an<br />
den Hochschulen –, müsste sichergestellt sein, dass für<br />
diesen Hochschulpakt mehr Geld zur Verfügung gestellt<br />
wird. Deshalb halten wir das so für falsch.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Das beste Beispiel ist das Frauenförderprogramm. Sie<br />
haben hier gesagt: Die Länder werden das tun. Sie werden<br />
dafür sorgen, dass mehr Frauen auf Stellen für Professorinnen<br />
und Professoren kommen. – Im Antrag steht<br />
aber, dass man auf die Länder einwirken möchte, dass<br />
sie sich bitte darum kümmern mögen. Darüber, ob das<br />
funktioniert, können wir uns vielleicht im nächsten Jahr<br />
noch einmal unterhalten, aber für uns ist relativ klar,<br />
dass man mit einer solchen Politik sicherlich keinen qualitativen<br />
Umbau an den Hochschulen hinbekommen<br />
wird.<br />
Noch ein Punkt zur Qualität. Auch das war einmal<br />
wieder sehr eindeutig. Qualität heißt immer auch, dass<br />
die Beschäftigten in der Wissenschaft gute Rechte und<br />
gute Arbeitsbedingungen haben müssen. Sie begrüßen<br />
– das müssen wir hier lesen –, dass das Wissenschaftszeitvertragsgesetz<br />
durchgesetzt wurde.<br />
(Uwe Barth [FDP]: Das ist es ja wohl auch!)<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)<br />
Alle Zuhörerinnen und Zuhörer werden dazu erst einmal<br />
sagen: Wow! Das ist ja wirklich eine große Menge. Man<br />
Damit sind aber gerade schlechtere Arbeitsbedingungen<br />
für die Beschäftigten in der Wissenschaft verbunden.<br />
(B) muss aber überlegen: Was wird damit eigentlich finanziert?<br />
Darauf möchte ich ganz konkret eingehen.<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)<br />
Das halten wir dann wirklich für eine komplette Heuchelei<br />
und weiß Gott nicht für einen qualitativ hochwertigen<br />
Hochschulpakt.<br />
(D)<br />
Dritter und letzter Punkt. Ich fand es sehr nett, dass<br />
auch Herr Rossmann das an die letzte Stelle gesetzt hat.<br />
Es geht um die Frage: Wie geht man mit der sozialen<br />
Öffnung der Hochschulen um, und wie bekommt man<br />
das hin? Im Zusammenhang mit dem Hochschulpakt haben<br />
wir im Ausschuss darüber diskutiert. Wir haben eingefordert,<br />
dass das zum Thema gemacht wird. Da bekamen<br />
wir von der Bundesregierung zur Antwort: Man<br />
wird sich schon irgendwann einmal darum kümmern;<br />
wenn man das jetzt noch in den Hochschulpakt einbezieht,<br />
besteht das große Problem, dass dann vermutlich<br />
sogar der ganze Pakt scheitert, was man in keinem Fall<br />
will.<br />
Dazu sagen wir: Wann geht man das Problem, dass<br />
nur rund 10 Prozent der Studierenden aus einkommensschwachen<br />
Schichten kommen, denn sonst an, wenn<br />
nicht bei einem Pakt, bei dem es gerade darum geht, die<br />
Hochschulen zu öffnen und mehr Studierende in die<br />
Hochschulen zu holen? Wenn man bei der Gelegenheit<br />
nicht sagt: „Wir wollen diese Entwicklung nutzen, um<br />
gleichzeitig soziale Ungleichheit abzubauen“, dann ist<br />
das aus unserer Sicht kein guter Pakt und kein Pakt, dem<br />
wir in dieser Form zustimmen können.<br />
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Ernst Dieter<br />
Rossmann [SPD]: BAföG!)