Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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Brunhilde Irber<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007 <strong>91</strong>71<br />
(A) Jahre das Land regiert und ruiniert. Sein Versuch, die Simbabwe überzeugen. Die Zeiten von Herrschern wie (C)<br />
Präsidentschaftswahlen auf 2010 zu verschieben, wird Mugabe sollten endgültig vorbei sein.<br />
aller Voraussicht nach scheitern. Ein Hoffnungszeichen<br />
ist, dass ihn selbst seine regierende ZANU-PF-Partei<br />
Herzlichen Dank.<br />
nicht zu einer erneuten Kandidatur aufgefordert hat.<br />
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten<br />
der FDP)<br />
Die Lösung könnte ein neuer gesellschaftlicher Pakt<br />
sein. Tsvangirai selbst sagte in einem Interview in der<br />
heutigen Ausgabe der „Frankfurter Rundschau“:<br />
Der einzige Weg zur Lösung der Krise ist ein nationaler<br />
Dialog, der zu einer neuen Verfassung und<br />
schließlich zu freien und fairen Wahlen führt.<br />
Die regierende ZANU-Partei und die oppositionelle<br />
Bewegung für den demokratischen Wandel müssen sich<br />
möglichst schnell an einen Tisch setzen und eine politische<br />
Strategie für die Zeit nach Mugabe entwickeln.<br />
Erste Kontakte mit den Parteileuten von Salomon<br />
Mujuru soll es schon gegeben haben. Südafrika und die<br />
SADC-Staaten, aber auch die Afrikanische Union sollten<br />
diesen Prozess nach Kräften unterstützen und damit ein<br />
Zeichen für das neue Afrika setzen. Nichteinmischung in<br />
die inneren Angelegenheiten des Nachbarstaates reicht<br />
als Ausrede nicht mehr aus. Jetzt geht es darum, eine<br />
weitere Eskalation zu verhindern und die Loyalität des<br />
Mugabe-Apparates zu brechen. Mit dem SADC-Sondergipfel,<br />
der momentan tagt, könnte endlich etwas in Gang<br />
kommen.<br />
Übrigens berichten CNN und BBC derzeit fast täglich<br />
über diverse afrikanische Staaten und die Ereignisse<br />
dort, sei es mit Nachrichten oder Reportagen. Ich würde<br />
es sehr begrüßen, wenn auch bei uns sowohl die öffentlich-rechtlichen<br />
Fernsehanstalten als auch die privaten<br />
Sender hier nachziehen würden. Wenn wir wollen, dass<br />
Afrika mehr ins Bewusstsein rückt, dann sollte eine entsprechende<br />
Berichterstattung die logische Konsequenz<br />
sein. Auch die mediale Öffentlichkeit kann den Menschen<br />
vor Ort helfen und ihnen Hoffnung für eine bessere<br />
Zukunft geben.<br />
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten<br />
der LINKEN)<br />
Die Situation in Simbabwe ist besorgniserregend.<br />
Wenn es gelänge, die bröckelnde Unterstützung<br />
Mugabes in seiner eigenen Partei zu befördern, bestünde<br />
Hoffnung, dass trotz allen Leidens der Bevölkerung<br />
Licht am Ende des Tunnels erkennbar wird. Wir müssen<br />
unsere südafrikanischen Partner im Sinne von NEPAD<br />
von der Notwendigkeit eines politischen Wechsels in<br />
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:<br />
Das Wort hat der Kollege Holger Haibach, CDU/<br />
CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Holger Haibach (CDU/CSU):<br />
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und<br />
Herren! Die Tragödie Robert Mugabes droht zur Tragödie<br />
seines eigenen Landes, Simbabwes, zu werden. Die<br />
Diskussion, die wir jetzt im Deutschen <strong>Bundestag</strong> führen,<br />
kann nur ein Ziel haben: Wir müssen mithelfen, dass<br />
diese Tragödie nicht stattfindet.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
(B)<br />
Eines ist klar: Selbst wenn ein Neuanfang gelingt,<br />
wird es noch lange dauern, bis sich das Land vom wirtschaftlichen<br />
Desaster erholen wird. Über 90 Prozent Arbeitslosigkeit,<br />
Versorgungsausfälle bei Strom und Wasser<br />
sowie Inflationsraten von bis 1 700 Prozent sind kein<br />
gutes Startkapital. Aber es ist Mugabe trotz aller Gewalt<br />
nicht gelungen, die Opposition auszuschalten. Damit<br />
dieser Einsatz nicht umsonst war, braucht Simbabwe<br />
jetzt internationale Unterstützung. Ich wiederhole mich<br />
an dieser Stelle: Südafrika muss hier eine führende Rolle<br />
übernehmen.<br />
Welche teilweise bizarren Formen das Leben in Simbabwe<br />
zurzeit annimmt, möchte ich einmal illustrieren.<br />
Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin aus einem<br />
Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“:<br />
Eines der vielen Anzeichen dafür, dass Zimbabwe<br />
ins Chaos abgleitet, wird nur selten bewusst wahrgenommen:<br />
Die Leichenhäuser werden voller. Das<br />
liegt nicht nur daran, dass mehr Menschen sterben.<br />
Sondern auch daran, dass die Angehörigen vieler<br />
Todgeweihter die Arztrechnungen nicht mehr bezahlen<br />
können. Deshalb lassen sie die Kranken unter<br />
falschen Namen registrieren. Wenn diese dann<br />
sterben, gibt es niemanden, der Anspruch auf die<br />
Leichen erhebt.<br />
So weit ist diese Gesellschaft bereits gekommen.<br />
(D)<br />
Wenn wir zum Beispiel über 1 700 Prozent Inflation<br />
reden, dann ist das erst einmal eine sehr theoretische<br />
Zahl. Wenn es aber heißt, dass die Fahrt zur Arbeit mit<br />
dem Bus teurer ist als das, was man mit der Arbeit verdienen<br />
kann, dann ist das eine wirklich lebensbedrohliche<br />
Situation. Hier haben nicht nur wir und die Afrikanische<br />
Union, sondern hier hat vor allem die Regierung<br />
Simbabwes eine echte Aufgabe; diese muss sie erfüllen.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU und der FDP)<br />
Nicht einmal mehr die Regierung selbst bestreitet,<br />
dass sich das Land in einer schwierigen Situation befindet.<br />
Der Zentralbankchef verkündet vor dem Parlament,<br />
dass er nur noch Geld für Elektrizität habe. Ich zitiere<br />
noch einmal aus dem Artikel:<br />
Es gebe kein Geld, um die Flugzeuge der Luftwaffe<br />
einzusetzen oder Polizeiautos zu reparieren.<br />
300 000 Menschen müssten auf Pässe warten, weil<br />
es kein Papier und keine Tinte gebe, um sie auszustellen.<br />
Lebensmittel- und Ölgroßhändler, die staat-