Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007 9335<br />
(A) Verhandlungen mit dem Galileo-Konsortium behaupten und folglich eine neue Autobahn gebraucht wird, so (C)<br />
will.<br />
schwelgen einige Politiker aus dem Norden und Nordwesten<br />
in Brückenphantasien. Aber während die kindlichen<br />
Weihnachtswunschlisten meist finanziell im Rahmen<br />
bleiben, soll ihr Traum, für mich ist es ein<br />
Albtraum, 5,5 Milliarden Euro kosten.<br />
Da können Sie, mit Verlaub Frau Dr. Wetzel, in den<br />
Medien noch so oft erklären, dass Sie und Ihre Mitstreiter<br />
dem Minister den Rücken stärken. Tatsächlich läuft es<br />
doch darauf hinaus, dass Sie ihn in dieser Frage im Regen<br />
stehen lassen. Denn anders als Sie es zum Beispiel im<br />
„Hamburger Abendblatt“ darstellen, hat die Frage der Finanzierung<br />
von Hinterlandanbindungen nun rein gar<br />
nichts mit dem finanziellen Anteil der Dänen an diesem<br />
Projekt zu tun, ganz zu schweigen davon, dass ich auch<br />
nicht gehört habe, dass Sie Ihre Position geändert hätten,<br />
nachdem die Dänen sich in dieser Frage kompromissbereit<br />
gezeigt haben. Natürlich müssen – wenn die Entscheidungen<br />
für die Fehmarnbelt-Querung gefällt wird –<br />
auch entsprechende Hinterlandanbindungen vorhanden<br />
sein. Das ist eine conditio sine qua non, um überhaupt die<br />
Tragfähigkeit des Projektes zu gewährleisten. Aber wenn<br />
– ich betone: wenn – wir feststellen, dass die Fehmarnbelt-Querung<br />
ein lohnendes Projekt ist und gebaut werden<br />
soll, dann erhalten die dafür notwendigen Neu- und<br />
Ausbauten zur Hinterlandanbindung natürlich eine ganz<br />
andere Priorität. Denn in diesem Fall würde sich natürlich<br />
die Auslastung dieser Verkehrswege ganz anders gestalten,<br />
als bei den ursprünglichen Prognosen des Bundesverkehrswegeplans<br />
angenommen wurde. Ihrer Logik<br />
folgend, sollen wir zunächst die Hinterlandanbindung<br />
bauen, bevor die Querung entschieden würde; das kann<br />
es doch wohl nicht sein.<br />
Wir können leider nicht anders, als diesen Vorgang mit<br />
Besorgnis zur Kenntnis zu nehmen. Ein schwacher Minister<br />
mag dem Oppositionspolitiker eine Freude sein – selten<br />
war Kritik an einem Verkehrsminister so einfach und<br />
so berechtigt. Doch zugleich muss ein solcher Zustand<br />
jedem verantwortungsbewussten Volksvertreter, ob in<br />
der Opposition oder in der Regierung, zuwider sein.<br />
Denn den Schaden hat das Land. Ich kann sie, verehrte<br />
Damen und Herren von der SPD, daher nur dazu auffordern,<br />
sich heute klar zu einer ergebnisoffenen Prüfung<br />
der Fehmarnbelt-Querung zu bekennen und jeder voreiligen<br />
Entscheidung entschieden entgegenzutreten. Mit<br />
ihrer Haltung schaden sie dem Ansehen Deutschlands<br />
und der Regierung – nicht nur bei der Fehmarnbelt-<br />
Frage.<br />
Lutz Heilmann (DIE LINKE): Wir befinden uns in<br />
der letzten Sitzungswoche vor Ostern. Nicht Weihnachten.<br />
Die feste Fehmarnbelt-Querung erinnert aber an<br />
kindliche Weihnachtswünsche. Mit realistischer Politik<br />
hat sie nichts zu tun. So wie vielen sogenannten Verkehrsexperten<br />
ein Blick auf die Straßenkarte genügt, um<br />
festzustellen, dass sich darauf ein großes Loch befindet<br />
Die bestehende Fährverbindung ist gut und effektiv.<br />
Sie kann bei Bedarf weiter verbessert werden – zu einem<br />
Bruchteil der Kosten der Brücke. Außerdem sichert allein<br />
diese Fährverbindung über tausend Arbeitsplätze –<br />
bei der Brücke wird es nur ein Bruchteil davon sein.<br />
Auch durch die Brücke selber werden kaum neue Arbeitsplätze<br />
entstehen. Schließlich werden hier nicht zwei<br />
Städte, sondern nur Rapsfelder miteinander verbunden.<br />
Ich war persönlich bei der Vorstellung des Gutachtens zu<br />
den regionalen wirtschaftlichen Effekten der Brücke –<br />
und war sehr enttäuscht. Denn dieses Gutachten zeigt<br />
keine konkreten Perspektiven auf, sondern stützt sich<br />
nur auf vage Vermutungen.<br />
Die Ansicht, dass die Brücke wirtschaftlich unnötig<br />
ist, vertritt übrigens auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft,<br />
dem wohl niemand unterstellen wird, es sei ein<br />
Hort von linker oder ökologisch motivierter Politik.<br />
Während also die erhofften positiven wirtschaftlichen<br />
Effekte mehr als fragwürdig sind, liegen die negativen<br />
Folgen klar auf der Hand:<br />
(B)<br />
Wenn Sie die Fehmarnbelt-Querung partout nicht<br />
wollen, Frau Wetzel, dann sagen Sie das auch. Dann<br />
stimmen sie heute für die vorliegenden Anträge der Grünen<br />
und der Linksfraktion. Das wäre wenigstens ehrlich,<br />
und dann wüssten auch Minister Tiefensee und die Landesregierung<br />
in Schleswig-Holstein – an der sie ja betei-<br />
Erstens der Verlust von Arbeitsplätzen bei den Fähren<br />
und Häfen, nicht nur auf Fehmarn, sondern auch in<br />
Mecklenburg-Vorpommern. Zweitens eine massive Beeinträchtigung<br />
der Meeresökologie und eine erhebliche<br />
Gefährdung der Zugvögel. Und drittens der Verlust der<br />
touristischen Attraktivität von Fehmarn, wenn diese zur<br />
Transitstrecke ausgebaut wird und die Brücke die Landschaft<br />
verschandelt.<br />
(D)<br />
ligt sind – endlich, woran sie wären. Aber ich weiß natürlich,<br />
dass das nicht passieren wird.<br />
Deshalb fordere ich Sie dazu auf: Lassen Sie uns jetzt<br />
hier und heute endlich einen Schlussstrich unter diese<br />
unsinnige Planung setzen. Und Kollege Hacker, Ihnen<br />
möchte ich noch sagen: Wir können eben nicht weitere<br />
Prüfungsergebnisse abwarten. Denn wenn die Bundesregierung<br />
erst einmal eine Vereinbarung mit Dänemark getroffen<br />
hat, dann sind Sie bestimmt der letzte, der den<br />
Mut hat, dies im <strong>Bundestag</strong> wieder zu revidieren.<br />
Auch das Bundesverkehrsministerium sieht die Fehmarnbelt-Querung<br />
erfreulicherweise nicht als vordringlich<br />
an. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das nur<br />
eine taktische Aussage war, damit die Dänen die volle finanzielle<br />
Last und das gesamte Risiko übernehmen.<br />
Wenn es aber der Versuch war, dass Projekt zu beerdigen,<br />
ohne dafür die politische Verantwortung übernehmen<br />
zu müssen, so war die Strategie bislang sogar teilweise<br />
erfolgreich. Jedenfalls mehrt sich auch in<br />
Dänemark die Einsicht, dass die von Deutschland vorgeschlagene<br />
Lastenverteilung nicht gerade gerecht ist.<br />
Als Bundespolitiker könnte man sich natürlich zurücklehnen,<br />
wenn Deutschland praktisch nichts für die<br />
Brücke bezahlt, weil Dänemark fast alles übernehmen<br />
muss. Ich bin aber Abgeordneter aus Schleswig-Holstein<br />
und als solcher liegen mir die von der Landesregierung<br />
zugesagten 60 Millionen Euro schwer im Magen. Ange-