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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007 9327<br />

(A) Dass die internationale Gemeinschaft darauf reagiert Somalia niemals ohne oder gegen die islamischen Ge- (C)<br />

hat und auch weiter versucht, im Sinne einer friedlichen richte geben können. – Deutlicher kann auch die Rats-<br />

Lösung Einfluss zu nehmen, ist richtig und notwendig. präsidentschaft dies nicht ausdrücken, wenn sie zusagt,<br />

Ich begrüße die Resolution der Vereinten Nationen 1744 den Prozess politisch und finanziell zu unterstützen,<br />

und die Bereitschaft der Afrikanischen Union, sich hier wenn alle wichtigen Beteiligten in vollem Umfang ein-<br />

zu engagieren. Dabei verkenne ich nicht die problematigebunden werden, darunter die Clan-Ältesten, islamische<br />

Lage, in der die Mission der AU aktuell ist. Von sche Führer, Vertreter der Wirtschaft, der Zivilgesell-<br />

einer Sollstärke von 8 000 Mann kann nur geträumt schaft und Frauen.<br />

werden.<br />

Die Beteiligung afrikanischer Länder beschränkt sich<br />

im Wesentlichen auf Uganda, und auch hier sind erst<br />

1 300 Mann im Einsatz. Man muss keine Kassandra<br />

sein, um hier an einem schnellen Erfolg zu zweifeln.<br />

Umso mehr ist es wichtig, in aller Konsequenz und gebotenen<br />

Eile Schritte hin zu einer politischen Lösung zu<br />

suchen und zu gehen.<br />

Diesen letzten Punkt, die „Beteiligung der Frauen“,<br />

der in der Erklärung der Präsidentschaft der EU zur Lage<br />

in Somalia extra mit aufgeführt ist, begrüße ich ausdrücklich.<br />

Die nicht gleichberechtigte Lage der Frauen<br />

in vielen Gebieten in Afrika ist schon oft in anderen<br />

Debatten genannt worden. Auch bei der Lösung dieses<br />

Konfliktes ist dies ein wichtiges Element, nicht nur um<br />

in den neu aufzubauenden Strukturen in Somalia Men-<br />

Der vorliegende Antrag unterstreicht zu Recht die beschenrechtsverletzungen und Frauendiskriminierung von<br />

sondere Verantwortung Deutschlands. In diesen Mona- Beginn an zu bekämpfen. Es geht auch darum, dass es<br />

ten unserer EU-Ratspräsidentschaft können wir wichtige einen Dialog zwischen beteiligten Religionsführern in<br />

Weichen stellen, und das geschieht auch.<br />

dieser Richtung gibt. Das ist auch ein wichtiges Zeichen<br />

Die EU hat jüngst wieder ihre Bereitschaft bekräftigt,<br />

sich für einen Prozess der Aussöhnung als Voraussetzung<br />

für einen Wiederaufbau staatlicher Strukturen im<br />

für uns im Westen, um zu begreifen, dass das Wort von<br />

der „Sharia“ und ihren Vertretern auch in einem konstruktiven<br />

Aussöhnungsprozess seinen Platz haben kann.<br />

(B)<br />

Lande einzusetzen. Dabei nimmt der „Dialog zur Versöhnung“<br />

eine Schlüsselrolle ein. Es ist unverzichtbar<br />

und richtig, dass die EU in Aussicht gestellte Gelder<br />

wesentlich an die Durchführung dieses Prozesses der<br />

Aussöhnung bindet. Am Gelingen dieses notwendigen<br />

ersten Schritts ist die EU – sind wir aus Deutschland –<br />

aktiv beteiligt.<br />

Die EU und Deutschland im Besonderen gehören zu<br />

jenen – und ich möchte betonen: zu den wenigen – internationalen<br />

Gesprächspartnern, die von den Beteiligten<br />

nicht einseitig einer Partei zugeordnet werden und damit<br />

ihre Fähigkeit zu moderieren und zu unterstützen verlo-<br />

Der notwendige Dialog der Versöhnung braucht nicht<br />

nur die Beteiligung aller, er braucht auch die Bereitschaft<br />

der internationalen Partner, den Islam und seine<br />

Vertreter differenziert wahrzunehmen. Eines der Argumente<br />

islamistischer Demagogen ist, dem Westen eine<br />

aggressive, undifferenzierte Islamphobie vorzuwerfen.<br />

Auch hier in Somalia, wo der Kontakt zwischen westlicher<br />

Welt und dem Islam ein besonderes Potenzial hat,<br />

haben wir die Chance, zu zeigen, dass dies nicht stimmt.<br />

Auf der Grundlage der Menschenrechte – und die Rechte<br />

der Frauen gehören dazu – gibt es keine Religion, die<br />

unsere Politik bevorzugt oder benachteiligt.<br />

(D)<br />

ren hätten. Um die politischen Voraussetzungen für das<br />

Gelingen eines Aussöhnungsprozesses zu finden, muss<br />

auch nach internationalen Akteuren gesucht werden, die<br />

bei den Beteiligten akzeptiert werden. Auch Mitgliedern<br />

der Islamischen Liga, zu der auch Somalia gehört,<br />

könnte und sollte hier eine wichtige Rolle zukommen.<br />

Die islamischen Gerichte haben im Augenblick<br />

scheinbar auch die beste Chance, mäßigend auf extremistische<br />

Tendenzen im Land einzuwirken – ein Grund<br />

mehr, die moderaten Mitglieder der UIC in den Prozess<br />

einzubinden. Die Bereitschaft der Übergangsregierung<br />

zu einem solchen Dialog wäre auch ein wichtiges Ele-<br />

Aber auch Deutschland ist ein wohl akzeptierter Gesprächspartner,<br />

und ich bin froh, dass unsere Bundesregierung<br />

dementsprechend schon tätig ist. Wir nutzen<br />

dieses gute Ansehen Deutschlands aktuell auch, um die<br />

Bereitschaft für diesen Versöhnungsprozess nachzufragen<br />

und aufzubauen. Daher ist die Bundesregierung seit<br />

Wochen in Gesprächen in der Region und in den Nachbarländern<br />

wie zum Beispiel mit der Regierung des<br />

Jemen.<br />

ment, ihr in der Bevölkerung mehr Rückhalt zu verschaffen.<br />

Das Einwirken der EU und der Bundesregierung<br />

auf Präsident Yussuf ist hier unverzichtbar. Dass<br />

die Versöhnungskonferenz auf Ende April verschoben<br />

werden musste, darf nicht den Eindruck erwecken, sie<br />

sei verzichtbar. Dabei knüpfen Vertreter der UIC ihre<br />

Teilnahme auch bei einer Konferenz in Somalia an eine<br />

Sicherheitsgarantie. Diese Garantie kann im Augenblick<br />

von der Übergangsregierung realistisch nicht erwartet<br />

Das sind aber auch Gespräche mit Vertretern der islamischen<br />

Gerichte. Von den ungefähr elf islamischen Gerichtshöfen<br />

werden von Experten zwei als explizit extremistisch<br />

eingestuft. Die große Mehrheit ist moderat.<br />

Traditionell gehören die Somalis einem gemäßigten sunnitischen<br />

Islam an.<br />

werden. Das macht noch einmal deutlich, dass in dieser<br />

Übergangsphase, an deren Ende eine durch demokratische<br />

Wahlen legitimierte Regierung für ganz Somalia<br />

stehen muss, im Augenblick nur die internationale Gemeinschaft,<br />

die AU, soweit überhaupt möglich, Garant<br />

für Sicherheit sein kann.<br />

Auf dem Nationalen Forum der Muslimischen Führer Ich halte es auch für richtig, dass die Bundesregierung<br />

in Kenia am 26. November 2006 wurde ausdrücklich un- in ihren Bemühungen den Ansatz der Parallelität weiter<br />

terstrichen: Es wird eine dauerhafte Lösung der Krise in verfolgt, das heißt: sowohl die Unterstützung des Ver-

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