Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9220 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
Philipp Mißfelder<br />
(A) unseres Jahrhunderts und ist deshalb als prioritär anzuse- Vor wenigen Wochen hat sich selbst das Öko-Institut, (C)<br />
hen. Ich glaube, auch heute wird niemand ernsthaft das wirklich dafür bekannt ist, gegen Kernkraft zu sein,<br />
bestreiten, dass die Erderwärmung im Wesentlichen vom dazu ganz deutlich geäußert und verschiedene Alterna-<br />
Menschen verursacht worden ist. Umso wichtiger ist es,<br />
dem dringend notwendigen Handlungsbedarf gerecht zu<br />
tiven genannt. Der CO2-Ausstoß eines Kernkraftwerkes<br />
liegt bei 32 Gramm pro Kilowattstunde Strom. Ich<br />
werden. Das tun wir, wie wir es hier in den vergangenen glaube, dass wirklich niemand in Abrede stellen kann,<br />
Wochen mit zahlreichen Debatten zum Thema Klima- dass Atomkraft klimafreundlicher ist als zum Beispiel<br />
wandel gezeigt haben.<br />
Kohlekraft.<br />
(Ulrich Kelber [SPD]: Debatte reicht nicht!)<br />
– Herr Kollege Kelber, Sie und Ihre Fraktion wissen genauso<br />
gut wie ich, dass wir schon mit dem, was wir auf<br />
der Konferenz der europäischen Staats- und Regierungschefs<br />
unter Führung unserer Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel beschlossen haben, auf dem richtigen Weg sind.<br />
Das reicht mit Sicherheit nicht aus, aber wir werden uns<br />
weiter anstrengen. Ich glaube, das war ein großer Erfolg,<br />
auf den sowohl die SPD als auch die CDU/CSU zu<br />
Recht stolz sein können.<br />
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Natürlich! Es gibt auch bei Ihnen welche,<br />
die gegen Atomkraft sind!)<br />
Ihre These, dass gerade die Laufzeitverlängerung dem<br />
Ausbau regenerativer Energieträger im Wege steht, ist<br />
einfach falsch. Das möchte ich gleich an mehreren Beispielen<br />
deutlich machen. Ich glaube, dass Sie sich mit<br />
dieser Frage ernsthafter auseinandersetzen sollten, als es<br />
bisher der Fall war.<br />
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Sie als Klimaexperte werden das wissen!)<br />
Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass – das hat einfach<br />
physikalische Gründe – die Nutzung von Kernkraft<br />
CO 2-Ausstoß vermeidet.<br />
(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist falsch!)<br />
Das räumen selbst erklärte Gegner der Atomenergie ein.<br />
(Ulrich Kelber [SPD]: Nein!)<br />
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Sie kommen aber noch zum Thema,<br />
oder?)<br />
– Ja, natürlich. Ich äußere mich zu dem, was in Ihrem<br />
Antrag steht.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber<br />
Es ist wichtig, die Frage der regenerativen Energieträger<br />
im Gesamtzusammenhang eines geschlossenen<br />
Energiekonzepts zu sehen. Nur regenerative Energieträger<br />
zu fordern, ohne zu sagen, dass die Abschaltung der<br />
Kernkraftwerke ohne Ersatz letztendlich gar nicht möglich<br />
sein wird, reicht aus meiner Sicht nicht aus. Würde<br />
[SPD]: Sie müssen es jetzt noch in Instrumente man Ihrem Vorschlag folgen, würde die Energieabhän-<br />
umsetzen!)<br />
gigkeit von anderen Ländern auf Dauer nämlich erhöht.<br />
– Ja, das werden wir auch tun. Herr Kelber, nach zwei<br />
Minuten sind Sie schon auf zwei Zwischenrufe gekommen.<br />
Die von Ihnen angekündigten elf werden Sie sicherlich<br />
schaffen.<br />
Wir wollen weder wieder stärker von fossilen Energieträgern<br />
abhängig werden, noch wollen wir stärker vom<br />
Ausland abhängig sein. Wenn Sie Vorschläge zur Abschaltung<br />
der Kernkraftwerke machen, müssen Sie sagen,<br />
wie Sie die Kernenergie auf Dauer ersetzen wollen.<br />
(B)<br />
Allerdings erwarte ich gerade von den Kolleginnen<br />
und Kollegen von den Grünen, sich mit dieser Frage in<br />
ihren Anträgen mit der gleichen Ernsthaftigkeit wie wir<br />
zu beschäftigen. Zu Ihren Anträgen möchte ich an dieser<br />
Stelle sagen: Beziehen Sie sich doch einfach einmal auf<br />
das, was die in Ihrer Regierungszeit von Ihnen benannten<br />
Experten Ihnen gesagt haben – wir sollten einfach einmal<br />
zurückblicken –: Der Vorstandsvorsitzende des Windradherstellers<br />
Repower Systems AG, Fritz Vahrenholt, hat<br />
als Mitglied des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige<br />
Entwicklung schon vor zwei Jahren gesagt, dass die<br />
Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke sinn-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der FDP)<br />
Wie wir sehen, weisen viele momentan getroffene<br />
Unternehmensentscheidungen – auch auf Basis des Koalitionsvertrages<br />
–, in absehbarer Zeit Kernkraftwerke<br />
abzuschalten, eher in eine andere Richtung als in die von<br />
Ihnen befürwortete, nämlich regenerative Energien auszubauen.<br />
Überall, wo Atomkraft in Zukunft nicht mehr<br />
verwendet werden soll, werden Unternehmensentscheidungen<br />
vorbereitet, die auf Kohlekraftwerke setzen. Das<br />
hat mit Klimafreundlichkeit überhaupt nichts zu tun.<br />
(D)<br />
voll ist.<br />
(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Das ist wahr!)<br />
Ich teile Ihre Kritik an der Industrie in vieler Hinsicht.<br />
Aber man muss doch sehen, wie sich die Entwicklung<br />
vollzieht. Wenn man aus der Kernenergie aussteigt, dann<br />
kommt es doch nicht automatisch zu einem höheren Anteil<br />
der regenerativen Energien. Vielmehr wird dadurch<br />
der Anteil der fossilen Energieträger gestärkt, und das ist<br />
klimaunfreundlich. Das wollen wir hier in diesem Hause<br />
nicht.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Sie betreiben in Ihrem Antrag verschiedene Zahlenspiele.<br />
Basis der Zahlenspielereien in Ihrem Antrag<br />
sollte aber die Realität sein. Ein Beispiel: In Ihrem Antrag<br />
schreiben Sie, dass die Kernkraft in Deutschland nur<br />
6 Prozent der gesamten Energieerzeugung abdecke.<br />
Aussagekräftiger ist allerdings – das muss ich hier wirklich<br />
feststellen – der Anteil der Kernenergie an der<br />
Stromerzeugung: Daran hat die Kernenergie im Vergleich<br />
zu allen anderen Energieträgern mit 27 Prozent<br />
den größten Anteil, und das ist der eigentliche Maßstab.