Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9298 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
(A) Linke würde sich wünschen, dieser Mindestsatz läge hö- Diese Vereinheitlichungen sind eine notwendige Vo- (C)<br />
her als die von der Koalition beschlossenen 40 Prozent; raussetzung dafür, dass Krankenkassen diese Aufgabe<br />
die 0 Prozent der FDP sind aber definitiv nicht akzepta- zukünftig an eine kassenübergreifende Stelle übertragen<br />
bel und würden das Verfahren ad absurdum führen und können. Diese Chance sollte von den gesetzlichen Kran-<br />
an die Wand fahren.<br />
kenkassen genutzt werden. Dies würde zu weiteren Ver-<br />
Die Praxis, dass die Arbeitgeber sich bei einer Kasse<br />
einfachungen für die Betriebe führen.<br />
zwischen mehreren Tarifen entscheiden können, wurde Nun zu dem Argument, dass durch diese Regelung<br />
vom Bundessozialgericht verboten, von der Koalition in Wirtschaftlichkeitsanreize fehlten und Trittbrettfahrer-<br />
der Gesundheitsdeform zum 1. April wieder legalisiert. verhalten auftreten könne. Ein echtes Trittbrettfahrerver-<br />
Wir lehnen eine solche Rosinenpickerei, die es einigen halten setzt voraus, dass der Output, den die Mitarbeite-<br />
Arbeitgebern ermöglicht, zulasten anderer Arbeitgeber rin bzw. der Mitarbeiter erzielt, geringer wäre als ihr<br />
den eigenen Umlagesatz zu reduzieren, ab und fordern Gehalt plus der Umlage – ein Geschäftsverhalten, das<br />
einen einzigen Umlagesatz für alle Betriebe.<br />
auf Dauer nicht durchzuhalten wäre und ein schnelles<br />
Ende des Unternehmens zur Konsequenz hätte. Es ist<br />
schon fast absurd anzunehmen, dass Arbeitgeber ihre<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lieber krank als<br />
an ihrem Arbeitsplatz sehen würden.<br />
Die FDP führt als ein weiteres Argument gegen das<br />
U1-Verfahren an, dass sich im Einzelfall Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber in Zeiten mit schlechtem Auftragsstand<br />
zusammentun könnten und sich der Arbeitnehmer auf<br />
Kosten der anderen Arbeitgeber krankschreiben lässt.<br />
Dies ist nicht falsch; ein solcher Missbrauch findet vereinzelt<br />
sicherlich statt. Es gibt aber noch eine weitere<br />
Methode, wie Arbeitgeber sich um die Löhne Ihrer Mitarbeiter<br />
drücken können, die, falls der FDP-Antrag erfolgreich<br />
wäre, sicherlich stärker genutzt würde: Ein Arbeitgeber<br />
kann bei wirtschaftlichen Problemen seine<br />
Arbeitnehmer auch entlassen, mit dem Versprechen, sie<br />
in besseren Zeiten wieder einzustellen. Dann würden<br />
aber – nicht wie im U1-Verfahren nur die Arbeitgeber,<br />
sondern auch die Arbeitnehmer die Kosten tragen, und<br />
zwar die Hälfte, über die Arbeitslosenversicherung.<br />
(B)<br />
Dieser Antrag ist keine Initiative gegen unnötige<br />
Bürokratie und unnötige Kosten, wie es die FDP vorgaukelt,<br />
sondern ein Antrag, der die Interessen der größeren<br />
Arbeitgeber gegen die Interessen der kleinen und mittelständischen<br />
Betriebe und gegen die Interessen der dort<br />
beschäftigten Arbeitnehmer durchzusetzen versucht. Die<br />
Fraktion Die Linke, lehnt das Ansinnen der FDP deshalb<br />
ab.<br />
Demgegenüber stehen die positiven Effekte und die<br />
Grundidee des Umlageverfahrens. Kleine Unternehmen<br />
werden davor geschützt, alleine durch die Krankheit von<br />
einem oder mehreren Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern<br />
ins wirtschaftliche Aus katapultiert zu werden. Dies ist<br />
Förderung des Klein- und Mittelstandes im besten Sinn.<br />
Denn gerade Kleinstunternehmen, die in derartige Situationen<br />
kommen können, stricken ihre Budgets oft sehr<br />
eng. Kurzfristig würden sie auf notwendige Rücklagen<br />
für solche Fälle verzichten – das hätte im Fall der Fälle<br />
dann extreme Auswirkungen auf sie und ihre Beschäftigten.<br />
Dem gilt es vorzubeugen und die gesetzlich vorgeschriebene<br />
Umlage beizubehalten.<br />
Beobachten sollten wir in jedem Fall, ob kassenübergreifende<br />
Stellen entstehen. Diskussionswürdig ist, ob<br />
dieser Prozess durch die Einführung der Wahlmöglichkeit<br />
von Betrieben, alle Beschäftigten bei einer Krankenversicherung<br />
zu versichern, beschleunigt werden kann<br />
bzw. soll. Denn dies hätte für die Verwaltung der Umlage<br />
und die Betriebe Synergieeffekte. Damit würden aber<br />
auch die sehr unterschiedlichen Beitragssätze – Beiträge<br />
(D)<br />
Birgit Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich<br />
bin verwundert, dass die FDP mit der Einbringung dieses<br />
Antrags neun Monate nach der Verabschiedung des<br />
Aufwendungsausgleichsgesetzes die faktische Abschaffung<br />
des Umlageverfahrens zur Entgeltfortzahlung im<br />
Krankheitsfalle für Unternehmen mit bis zu 30 Beschäftigten<br />
fordert. Sowohl in den Ausschussberatungen als<br />
auch im Plenum war Ende 2005 von der FDP keinerlei<br />
Kritik an diesem Verfahren geäußert worden.<br />
zwischen 0,1 Prozent und drei Prozent des rentenversicherungspflichtigen<br />
Einkommens sind mir bekannt – aufgrund<br />
der differierenden Versichertenstruktur nivelliert.<br />
Über Vereinfachungen im Sinne einer zentralen Stelle<br />
können wir diskutieren. Ebenso fordere ich die Krankenkassen<br />
auf, wie vom BDA vorgeschlagen, für einheitliche<br />
Antrags- und Erstattungsformulare sowie deren elektronische<br />
Übermittlung Sorge zu tragen.<br />
Sie begründen die Abschaffung mit dem bürokratischen<br />
und zeitaufwendigen Verfahren. Dabei wurde das<br />
Verfahren deutlich vereinfacht und damit bisherige Bürokratie<br />
abgebaut: Die Ungleichbehandlung von Arbeitern<br />
und Arbeiterinnen und von Angestellten wurde abgeschafft.<br />
Es gelten einheitliche – und nicht jeweils<br />
krankenkassenspezifische – Regelungen im Bereich Erstattungssätze.<br />
Ebenso ist die Frage, welche Unternehmen<br />
sich an dieser Umlage beteiligen, nun einheitlich<br />
geregelt. Unternehmen mit 20 bis 30 Beschäftigten müssen<br />
nicht überprüfen, ob bzw. für welchen Arbeitnehmer<br />
bzw. welche Arbeitnehmerin überhaupt eine Umlage zu<br />
zahlen ist.<br />
Anlage 7<br />
Zu Protokoll gegebene Reden<br />
Zur Beratung des Antrags: Gesetz zum Ausgleich<br />
behinderungsbedingter Nachteile vorlegen<br />
(Nachteilsausgleichsgesetz – NAG) (Tagesordnungspunkt<br />
18)<br />
Hubert Hüppe (CDU/CSU): Der zur Debatte stehende<br />
Antrag der Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung<br />
dazu auf, ein Nachteilsausgleichgesetz für<br />
Menschen mit Behinderung vorzulegen. Auf den ersten