Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag
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9202 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />
Dr. Axel Troost<br />
(A) Aber es kommt noch schlimmer: Im Internet gilt sondern ein Warnhinweis erfolgen; das hat Brüssel ein- (C)<br />
keine Erkundigungspflicht, keine Angemessenheitsprüdeutig signalisiert. Das ist ein qualitativer Unterschied<br />
fung und keine Warnpflicht. Das ist an sich schon pro- und nach unserer Meinung ein Beispiel dafür, dass es<br />
blematisch. Sie haben diesen Ausnahmetatbestand für sinnvoll gewesen wäre, unseren Änderungsantrag anzu-<br />
das Internet aber so weit gefasst, dass ihn auch ganz nornehmen. Statt einer Eins-zu-eins-Umsetzung haben wir<br />
male Banken faktisch zum Schaden der Kunden nutzen in diesem Fall eine 1-zu-0,9-Umsetzung. Wir hätten uns<br />
können. Ein Ärgernis!<br />
besser an die Vorlage aus Brüssel gehalten.<br />
Obwohl wir dem Gesetzentwurf zustimmen, fordern<br />
wir Sie in unserem Entschließungsantrag auf, nicht stehen<br />
zu bleiben. Es gibt eine Reihe von Punkten, die wir<br />
noch aufgreifen sollten. In bestimmten Fragen konnten<br />
wir im Ausschuss gemeinsames Verständnis herstellen.<br />
Ich möchte in diesem Zusammenhang ein paar Beispiele<br />
nennen.<br />
Die Verbraucher im Vorfeld zu warnen, ist das eine.<br />
Das andere, aber genauso Wichtige ist, sie im eingetretenen<br />
Schadensfall zu schützen. Es ist sehr unbefriedigend,<br />
dass geschädigte Anleger die Fehler bei der Anlageberatung<br />
nach wie vor selbst beweisen müssen. Man<br />
kann sich vorstellen, dass gerade Kleinanleger damit<br />
überfordert sind. Leider ist es versäumt worden, die Position<br />
der Verbraucher durch eine Beweislastumkehr zu<br />
stärken. Hierbei muss aus unserer Sicht für die Zukunft<br />
Abhilfe geschaffen werden.<br />
Zuletzt – dieser Punkt ist auch sehr wichtig – haben<br />
Sie es unterlassen, die Verjährungsfristen bei fehlerhafter<br />
Beratung zu verlängern. Verbraucher merken aber<br />
häufig erst sehr spät, zum Beispiel wenn sie ihre Altersvorsorge<br />
in Anspruch nehmen wollen, dass sie falsch beraten<br />
worden sind. Hier muss ebenfalls Abhilfe geschaffen<br />
werden. Hier ist aus unserer Sicht eine deutliche<br />
Verlängerung der Verjährungsfristen notwendig.<br />
Das eine Beispiel ist das große Thema Verjährungsfrist.<br />
Eine Reihe von Regelungen, die wir nun bei der<br />
Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie treffen, betrifft die<br />
Frage, wie sich der Anleger, wenn er nicht gut bzw.<br />
falsch beraten wurde, zur Wehr setzen und Schadenersatz<br />
fordern kann. 1998 wurde vor einem anderen<br />
Rechtshintergrund eine Sonderregelung für den Wertpapierbereich<br />
eingeführt, damit die Wertpapierunternehmen<br />
nicht der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen.<br />
Da diese aber im Jahr 2001 abgeschafft wurde, wäre nun<br />
im Rahmen der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie<br />
eine gute Gelegenheit gewesen, diese nicht mehr not-<br />
Das Angesprochene ändert nichts daran, dass wir wendige Sondernorm in § 37 a des Wertpapierhandels-<br />
zwar die Grundrichtung unterstützen, weil es sich in der gesetzes zu streichen. Ich hoffe, dass es uns in weiteren<br />
Tat um eine Verbesserung des Verbraucherschutzes han- Beratungen gelingt, diese Sondernorm abzuschaffen.<br />
(B)<br />
delt, dass wir uns aber in der Abstimmung enthalten<br />
werden, weil die aufgezeigten Mängel aus unserer Sicht<br />
nicht behoben wurden.<br />
Nach unserer Meinung gibt es ganze Regelungsbereiche,<br />
in denen es noch viel zu tun gibt. Der Bereich der<br />
geschlossenen Fonds wurde bereits angesprochen. Das<br />
(D)<br />
Danke schön.<br />
ist der Bereich des Kapitalmarktes, in dem es die meis-<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
ten Fälle von schlechter Beratung und Betrug gibt und in<br />
dem Unklarheit herrscht. Hier sollten wir unbedingt aktiv<br />
werden. Das gilt auch für den Bereich der Zertifi-<br />
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:<br />
kate, einen Markt, der bei insgesamt geringer Anlage in<br />
Jetzt spricht als Letzter in dieser Debatte der Kollege Fonds und Aktien in den letzten Jahren massiv zuge-<br />
Dr. Gerhard Schick für Bündnis 90/Die Grünen. nommen hat und der extrem intransparent ist, weil die<br />
Standards des Anlegerschutzes noch nicht in gewünschtem<br />
Maße gelten. Diesen Markt sollten wir uns unbedingt<br />
vornehmen. Wir werden Vorschläge dazu vorlegen.<br />
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN):<br />
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende<br />
Entwurf eines Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes<br />
findet bei uns Grünen überwiegend Zustimmung.<br />
Deswegen stimmen wir ihm zu.<br />
Wir haben in den Ausschussberatungen deutlich gemacht,<br />
dass es zwei, drei kleinere Punkte gibt, die wir<br />
für verbesserungswürdig halten. Ich möchte als Beispiel<br />
die Frage nach den Warnhinweisen ansprechen, die<br />
Kollege Troost gerade gestellt hat. Häufig ist davon die<br />
Rede, dass wir ein Gold Plating machen, dass wir sozusagen<br />
auf europäische Richtlinien noch etwas draufsatteln.<br />
Aber in diesem Fall ist es nach unserer Meinung<br />
umgekehrt. Außen kommt nicht eine goldene Lackschicht<br />
drauf. Vielmehr wird von dem, was die MiFID<br />
vorsieht, etwas abgekratzt.<br />
Wenn beispielsweise subjektiv ungeeignete Anlagewünsche<br />
außerhalb der Anlageberatung geäußert werden,<br />
sollte nicht nur ein Hinweis oder eine Information,<br />
Ein weiteres Beispiel ist die Strombörse. Sie alle<br />
haben sicherlich die Nachrichten mitbekommen. Wir<br />
müssen hier ebenfalls für Transparenz sorgen, wenn das<br />
ein zukunftsfähiger Markt sein soll.<br />
Wir sind der Meinung, alle diese Bereiche, die ihre eigenen<br />
Strukturen haben, nicht im Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz<br />
zu berücksichtigen, sondern sie<br />
gesondert zu regeln.<br />
Wir fordern Sie auf: Lassen Sie uns im Stil der Gemeinsamkeit,<br />
in dem wir über den vorliegenden Gesetzentwurf<br />
beraten haben – herzlichen Dank an alle Berichterstatter<br />
für die Zusammenarbeit –, die noch<br />
offenen Punkte angehen, um in den nächsten Monaten<br />
einen deutlichen Schritt im Interesse der Anlegerinnen<br />
und Anleger voranzukommen.<br />
Danke schön.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)