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Plenarprotokoll 16/91 - Deutscher Bundestag

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9320 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode – <strong>91</strong>. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. März 2007<br />

(A) Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Datenschutz und Banführt wird. Dazu müssen wir eng mit unseren Verbünde- (C)<br />

ken, für Die Linke ist das ein Bereich, den wir sehr differenten zusammenarbeiten. Vor allem die transatlantische<br />

ziert betrachten. Sie wissen: Wir sehen einerseits das so- Zusammenarbeit mit unseren US-amerikanischen Freungenannte<br />

„Bankgeheimnis“ sehr kritisch. Ich spreche den spielt hier eine zentrale Rolle. Die Kooperation mit<br />

hier vom „sogenannten Bankgeheimnis“, weil wir alle wis- den Vereinigten Staaten von Amerika ist unverzichtbar.<br />

sen: Entgegen einer weitverbreiteten Ansicht gibt es kein<br />

allgemeines gesetzliches Bankgeheimnis. Es ist – sieht<br />

man von § 30 a Abgabenordnung ab, dessen Reichweite<br />

sehr umstritten ist – nicht viel mehr, aber auch nicht viel<br />

weniger als die Zusage der Bank an den Kunden: Jawohl,<br />

ich gehe mit deinen Daten vertraulich um.<br />

Doch ist der Kampf gegen den Terror nur dann glaubwürdig,<br />

wenn die europäischen Staaten ebenso wie unser<br />

Partner, die USA, hierbei rechtsstaatliche Prinzipien<br />

achten. Rechtsstaatlichkeit und der Schutz der Bürgerund<br />

Freiheitsrechte sind der Maßstab unseres Handelns –<br />

und sie müssen es bleiben. Wenn wir die Bürger- und<br />

Persönlichkeitsrechte der Menschen einschränken, dann<br />

spielen wir den Feinden der freien Welt in die Hände.<br />

Während wir uns da grundsätzlich durchaus vorstellen<br />

könnten, einiges zu ändern, sagen wir im konkreten Fall:<br />

Hier muss bestehenden Datenschutzregeln eindeutig zur<br />

Durchsetzung verholfen werden. Was wir hier beobachtet<br />

haben, hat nichts zu tun mit unserer wohlbegründeten<br />

Position, dass in anderen Bereichen das „Bankgeheimnis“<br />

durchaus zu relativieren ist. Hier wurden ohne Wissen<br />

der Bankkundinnen und -kunden in umfangreichem<br />

Ausmaß sensible Daten weitergegeben. Hier wurde gegen<br />

Datenschutzrecht verstoßen. Das kann nicht toleriert<br />

werden. Hier haben Aufsichtsbehörden beide Augen zugedrückt<br />

– auch das kritisiert Die Linke.<br />

Um die Persönlichkeitsrechte zu sichern, ist ein effektiver<br />

Datenschutz unerlässlich. Der Datenschutz darf<br />

also im Zuge der Terrorismusbekämpfung nicht missachtet<br />

oder sogar außer Kraft gesetzt wird. Leider hat es<br />

in letzter Zeit Fälle gegeben, in denen die Datenschutzstandards<br />

der Bürger und Bürgerinnen der EU ausgehöhlt<br />

wurden. Einer dieser Fälle ist die sogenannte<br />

SWIFT-Affäre, auf die sich die vorliegenden Anträge<br />

beziehen.<br />

(B)<br />

Das alles hat nichts mit einer – steuerpolitisch fundierten<br />

und datenschutzrechtlich abgesicherten – Relativierung<br />

des sogenannten „Bankgeheimnisses“ zu tun, wie wir sie<br />

gleichzeitig fordern. Daher sagen wir klar: Auch wir sehen<br />

hier Handlungsbedarf. Besonders bedenklich ist für uns<br />

dabei, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden in der<br />

Bundesrepublik wie auch auf EU-Ebene für dieses<br />

Thema nicht hinreichend sensibilisiert zu sein scheinen.<br />

Die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication,<br />

SWIFT, ist ein privates Unternehmen in<br />

Bankenbesitz. Ende Juni 2006 wurde bekannt, dass USamerikanische<br />

Behörden, darunter auch die Geheimdienste,<br />

seit Jahren Transaktionsdaten der SWIFT beschlagnahmen.<br />

Es heißt, diese hochsensiblen Daten dienen<br />

zur Recherche nach geheimen Finanzquellen von<br />

Terroristen. Dadurch geraten die Gesetzgebung unserer<br />

amerikanischen Partner und ihre Mittel zur Terrorismus- (D)<br />

Genau in diesem Punkt sehen wir auch bei den Anträgen<br />

der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und der<br />

bekämpfung in Konflikt mit unseren europäischen<br />

Rechtsstandards.<br />

FDP Diskussionsbedarf: Die Bankenaufsicht wird in der<br />

EWU schwerpunktmäßig von den nationalen Finanzaufsichtsbehörden<br />

durchgeführt, nicht von den Zentralbanken.<br />

Die Finanzaufsichtsbehörden haben – das wissen wir<br />

alle – den entscheidenden Vorteil, dass sie im Gegensatz<br />

zu den Zentralbanken vom Einfluss demokratischer<br />

Kontrolle eben nicht systematisch abgeschottet sind. Erlauben<br />

Sie mir den Gedanken: Vielleicht ist es gerade<br />

diese Ausrichtung der Zentralbanken – Unabhängigkeit<br />

und Fixierung auf das Ziel der Geldwertstabilität –, die<br />

sie, zum Beispiel für Datenschutzfragen, so unsensibel<br />

haben werden lassen.<br />

Natürlich, es sind die Zentralbanken, denen die EU-<br />

Datenschutzbeauftragten eine präziser definierte Rolle<br />

bei der Datenschutzkontrolle zugewiesen haben. Und natürlich,<br />

die europäischen Zentralbanken sind bereits heute<br />

mit einem Sitz im SWIFT-Aufsichtsgremium vertreten.<br />

Vor dem Hintergrund meiner Bedenken rege ich an: Wir<br />

sollten in den kommenden Diskussionen noch einmal<br />

darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller sein könnte,<br />

auf die nationalen Bankaufseher – also hier die BaFin –<br />

zu setzen, anstelle die Diskussion von vorneherein ausschließlich<br />

auf die Zentralbanken zu begrenzen.<br />

SWIFT mit Sitz im belgischen La Hulpe unterliegt<br />

belgischen und damit – in Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie<br />

– europäischen Rechtsstandards. Das ist<br />

Fakt. Offensichtlich sind im Vorfeld der Datentransfers<br />

notwendige rechtliche Prüfungen nicht unternommen<br />

worden. Dies führte dazu, dass im Fall SWIFT eine<br />

Missachtung europäischer Datenschutzvorschriften<br />

möglich wurde. Auch deutsche Nutzerbanken sind hier<br />

involviert. Die Deutsche Bank und die Hypo-Vereinsbank<br />

sind im SWIFT-Vorstand vertreten. Sie hätten dafür<br />

Sorge tragen müssen, dass deutsche und die europäische<br />

Datenschutzstandards gegenüber den USA eingehalten<br />

werden. Das haben sie aber nicht getan.<br />

Anscheinend fehlt es sowohl bei SWIFT als auch bei<br />

den Nutzer- und den Zentralbanken an der notwendigen<br />

Sensibilität, wenn es um den Schutz der Daten ihrer<br />

Kunden geht. Es besteht ein enormes Aufsichtsproblem<br />

innerhalb von SWIFT, welches dazu führte, dass die Daten<br />

der Kunden ungeschützt weitergegeben wurden. Bis<br />

heute ist unklar, welche und wie viele Daten übermittelt<br />

wurden. Ebenso ist unklar, wie die US-Behörden die gesammelten<br />

Daten eingesetzt haben. So verspielt man<br />

Vertrauen, das für den Finanzstandort Deutschland bzw.<br />

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />

Europa unerlässlich ist.<br />

Der Kampf gegen die weltweiten Netzwerke des Terro- Die Bundesregierung muss daher dringend handeln.<br />

rismus ist nur dann effektiv, wenn er international ge- Im Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft muss sie

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