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Komm Heim - new Sturmer

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DIE REALISIERUNG DER ALLIIERTEN KRIEGSZIELE 231<br />

kenschlagen und ‚korrektes’ Benehmen exhibiert.’ Diese erzwungene Passivität<br />

des deutschen Kindes sei der Faktor, ‚der die Aggressivität, Härte und sogar<br />

Grausamkeit des deutschen Erwachsenen’ hervorbringe. Disziplin, Ordnung,<br />

Sauberkeit und Männlichkeit seien die vier Prinzipien der deutschen Erziehung,<br />

auf denen dann auch der deutsche Staat errichtet wurde. Falls ein Kind diese<br />

Grundprinzipien nicht erlernt habe, sei es für die Gesellschaft nicht geeignet gewesen.<br />

Es wäre unglücklich geworden und in passive Opposition oder aktiven Widerstand<br />

zum Elternhaus zunächst, zu Staat und Gesellschaft später gegangen.<br />

Da aber die Eigenschaften, die zur Unangepaßtheit in der deutschen Gesellschaft<br />

führten, die Angepaßtheit in der Weltgesellschaft bedeuteten, mußte es die Aufgabe<br />

des Screening Center sein, diese Unangepaßten zu suchen. Schaffner bringt im<br />

Anhang zu seinem Buch je einen Musterfall aus den fünf Klassen. In der obersten<br />

Klasse Weiß A ist folgende Lebensgeschichte für ihn mustergültig: Der Lizenzkandidat<br />

war ein uneheliches Kind einer protestantischen Mutter, die künstlerisch interessiert<br />

war. Sein Vater war ein preußischer Offizier, der Zeitungsartikel gegen<br />

den Militarismus schrieb. Das Kind war völlig isoliert, las philosophische Bücher<br />

und stotterte. Er wurde vor dem ersten Weltkrieg Journalist und hielt sich drei<br />

Jahre in England und Frankreich auf. Die englische Demokratie fand er sehr gut,<br />

die französische weniger repräsentativ, da die Franzosen ihm zu selbstbezogen<br />

waren. Im ersten Weltkrieg war er wegen seines angegriffenen Nervenzustandes<br />

militärdienstuntauglich. Nach Kriegsende war er Mitbegründer der Deutschen<br />

Demokratischen Partei. Dann heiratete er eine Frau, mit der er sich über soziale<br />

Fragen unterhielt, aber keine Kinder hatte. 1939 wurde er aus der Schrifttumskammer<br />

ausgeschlossen, 1944 zur Organisation Todt eingezogen. Während der<br />

Untersuchung wartete er auf eine Lizenz für eine liberale Zeitschrift und schrieb<br />

einen Roman. Er lehnte CDU und KPD als totalitär ab und stand der SPD nahe.<br />

Er sah eine zukünftige Gefahr im Nationalismus und war scharfer Antimilitarist.<br />

Er zweifelte daran, daß die Deutschen lernen würden, einander zu tolerieren und<br />

einen modernen Staat zu bilden.<br />

Der Preis ging in diesem Fall an die Lebensgeschichte, die den gewünschten<br />

linksliberalen Einschlag hatte, während als negativ gewisse ‚blinde Stellen’ für<br />

den Autoritarismus in der Familie in der Beurteilung genannt wurden. Er hatte<br />

nämlich im Ergänzungstest ergänzt: die Revolte des jungen Mannes gegen seinen<br />

Vater zeigt – ‚ein Fehlen von Charakter’; und eine Mutter, die dazwischen tritt,<br />

wenn der Vater das Kind straft ... ‚ist vielleicht zu weichherzige’. Das war natürlich<br />

falsch. Die richtige Ergänzung hätte lauten müssen: ‚die richtige Art von<br />

Mutter’ ... ‚demokratisch gesinnt’... ‚eine Gegnerin der äußersten Härte’. Beim<br />

ersten Satz hätte es heißen müssen: ... ‚ein Zeichen der beginnenden Unabhängigkeit’<br />

... ‚das Ergebnis der Ausschau nach neuen Wegen, um es besser zu machen<br />

als die Vorfahren’ usw. In einer Tabelle führt Schaffner den Anteil der Lizenzkandidaten,<br />

die gegen ihre Eltern revoltierten, nach Beurteilungsklassen auf: Schwarz<br />

0%, Grau – untragbar 15%, Grau – tragbar 25%, Weiß B 30%, Weiß A 45%. Da<br />

unter den Lizenzkandidaten viele einer sozialistischen Familientradition entstammten,<br />

so daß eine Revolte gegen das Elternhaus sie aus der gewünschten

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