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Komm Heim - new Sturmer

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BEGRIFFSDEFINITIONEN UND ERLÄUTERUNGEN 405<br />

zwingend auslösen, so bleibt doch die Frage, ob die Beobachtung einer Handlung,<br />

insbesondere die häufige Beobachtung, die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß der<br />

Beobachter sie selbst ausführen wird. Wissenschaftliche Untersuchungen lassen dies<br />

als wahrscheinlich erscheinen. So konnte in Experimenten mit unterschiedlichen<br />

Methoden übereinstimmend gezeigt werden, daß die neurobiologische Handlungsschwelle<br />

sinkt, wenn Testpersonen eine Aktion beobachten, die sie mit der Hand<br />

zugleich selbst ausführen sollen.“ 657<br />

Wie Eingangs erwähnt sind Spiegelneurone nicht nur entscheidend für konkrete<br />

Handlungsmuster, sondern auch für die Fähigkeit, Mitgefühl und Empathie zu empfinden,<br />

also die Gefühle eines anderen Menschen mitzuerleben. Es stellt zudem die<br />

neurobiologische Basis für die Fähigkeit, im Kontakt mit anderen Menschen innerhalb<br />

kürzester Zeit einen Eindruck zu gewinnen, was ihn bewegt, was er will und<br />

worauf es ihm in Moment ankommt. Ohne einen einigermaßen richtigen intuitiven<br />

Eindruck vom Gegenüber ist spontane und sinnvolle <strong>Komm</strong>unikation genauso unmöglich,<br />

wie sich eine Vorstellung von den Gedanken des Gegenübers zu machen. 658<br />

Da diese Alltagssituationen ungleich vielschichtiger und komplexer sind als einfache<br />

Handlungssequenzen, kommt dem gemeinsamen Bedeutungsraum eine ungleich<br />

wichtigere Rolle zu. Denn die erforderliche (unbewußte) Interpretationsfähigkeit<br />

hängt ganz entscheidend von der Größe des gemeinsamen Bedeutungsraumes bzw.<br />

von der Schnittmenge der individuellen Bedeutungsinhalte ab. Mit schrumpfendem<br />

gemeinsamem Bedeutungsraum sinkt die Fähigkeit zum intuitiven Verstehen, und die<br />

Interpretation der Wahrnehmung des anderen – inklusive dessen Reaktionen auf die<br />

eigenen ausgesandten Signale – wird dann zunehmend fehlerhaft. Umgekehrt ist das<br />

intuitive Verstehen um so größer, je größer der gemeinsame Bedeutungsraum interagierender<br />

Individuen ist.<br />

Das gemeinsame Sammelbecken („Pool“) von körperbezogenen Handlungsvorstellungen<br />

ist die Voraussetzung dafür, daß wir uns gegenseitig intuitiv als Menschen<br />

unter Menschen erleben und daß wir unsere Handlungen, Ziele und Empfindungen<br />

intuitiv, das heißt vor bzw. ohne jedem intellektuell-analytischen Nachdenken, verstehen<br />

können. Sobald ein anderer Mensch in unseren Wahrnehmungshorizont tritt,<br />

aktiviert er, ohne es zu beabsichtigen und unabhängig davon, ob wir es wollen oder<br />

nicht, in uns eine neurobiologische Resonanz. Verschiedene Aspekte seines Verhaltens<br />

wie Blickkontakt, Stimme, mimischer Ausdruck, Körperbewegungen und konkrete<br />

Handlungen rufen in uns ein Spektrum von Spiegelreaktionen hervor. Bei<br />

Personen aber, die fest zu unserer sozialen Welt gehören oder mit denen wir das<br />

Leben ein Stück weit teilen, bleibt es nicht dabei, daß wir in Momenten der Begegnung<br />

spüren, was in ihnen vorgeht. Das Resonanzmuster, das Nahestehende in uns<br />

hervorrufen, wird innerhalb kurzer Zeit zu einer festen Installation. Es entsteht eine<br />

dynamische innere Abbildung dieser Menschen, komponiert aus seinen lebendigen<br />

Eigenschaften: seinen Vorstellungen, Empfindungen, Körpergefühlen, Sehnsüchten<br />

und Emotionen. Über eine solche innere Repräsentation nahe stehender Person zu<br />

657 J. Bauer, a.a.O. S. 38 f.<br />

658 Ebda. S. 50

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