Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag
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Zeitschrift für <strong>Personalforschung</strong>, 17. Jg., Heft 4, 2003 493<br />
Bettina Huber<br />
Die politische Realität in Unternehmen: Diagnose, Analyse,<br />
Evaluation<br />
Betreuer:<br />
Prof. Dr. Bruno Staffelbach, Universität Zürich<br />
1. Problemstellung<br />
Während die Begriffe der Politik bzw. des Politischen in oder von Unternehmen<br />
in der betriebswirtschaftlichen Diskussion nichts Neues oder gar Unbek<strong>an</strong>ntes darstellen<br />
und die Unternehmenspraxis in ihrem alltäglichen H<strong>an</strong>deln direkt und intensiv<br />
mit politischen Phänomenen konfrontiert ist, ist das Verständnis darüber, was unter<br />
Politik in Unternehmen nun genau (nicht) zu verstehen ist bzw. was das Politische der<br />
Unternehmensrealität konkret ausmacht, äußerst umstritten. Trotz der allgemein bek<strong>an</strong>nten<br />
und breit akzeptierten Signifik<strong>an</strong>z von Politik in Unternehmen spielt die theoretische<br />
Reflexion über die politische Perspektive des Unternehmens in der Betriebswirtschaftslehre<br />
bisl<strong>an</strong>g nur eine marginale Rolle und ist entsprechend wenig<br />
entwickelt und nur oberflächlich fundiert.<br />
Dies zeigt sich vor allem darin, dass innerhalb der modernen betriebswirtschaftlichen<br />
Forschung zum einen kein integratives und in sich kohärentes politisches Theorieprogramm<br />
des Unternehmens existiert, zum <strong>an</strong>deren Ansätze dazu nur in einer<br />
fragmentierten, partiellen und sprunghaften Diskussion vorliegen. In den jeweiligen<br />
Ansätzen und Modellen zum Geschehen in Unternehmen wird dem Politischen entweder<br />
so viel Raum zugest<strong>an</strong>den, dass die Unternehmen als Arenen der Macht und<br />
des Konflikts aufgefasst werden, die ausschließlich durch die Politik geprägt sind,<br />
oder dass Politik in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g möglichst wenig bis gar nicht thematisiert<br />
wird. Dazu zeigen sich – neben operationalen Fragestellungen hinsichtlich der<br />
unterschiedlichen Beobachtungs- und Messebenen des Politischen in Unternehmen –<br />
insbesondere konzeptionelle Differenzen: So wird Politik in Unternehmen einerseits<br />
als Qualität bestimmter H<strong>an</strong>dlungsprozesse im unternehmensbezogenen Kontext verst<strong>an</strong>den,<br />
<strong>an</strong>dererseits als machiavellistisches Verhalten einzelner Akteure aufgefasst;<br />
einerseits als theoretische Unternehmensperspektive konzeptionalisiert, <strong>an</strong>dererseits<br />
als informeller, dysfunktional wirkender Beeinflussungsprozess bestimmt.<br />
Trotz des steigenden Interesses am Untersuchungsobjekt des Politischen in Unternehmen<br />
lassen sich in der Betriebswirtschaftslehre bis heute nur vereinzelt tiefer<br />
gehende Analysen und umfassende theoretische Ausarbeitungen der politischen Unternehmensperspektive<br />
erkennen. Was jedoch in der betriebswirtschaftlichen Forschung<br />
fehlt, ist nicht nur ein kohärenter theoretischer Hintergrund, sondern auch eine<br />
konsistente begrifflich-konzeptionelle Grundlage, <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der die politische Unternehmensrealität<br />
erst <strong>an</strong>gemessen diagnostiziert, <strong>an</strong>alysiert und evaluiert werden<br />
könnte – Restriktionen, die dazu führen, dass der politische Aspekt bei der Untersuchung<br />
und Gestaltung des Geschehens in Unternehmen vernachlässigt oder sogar<br />
gänzlich ignoriert wird.