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Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag

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468 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong><br />

interviewt wurden (insg. also 35 Personen). Es gab mehrere Untersuchungswellen:<br />

die TeilnehmerInnen wurden kurz vor oder unmittelbar nach der Übernahme der neuen<br />

Position und im Verlauf weiterer zwei Jahre mehrmals (im Schnitt dreimal) interviewt<br />

(S. 213).<br />

Die Auswertung der Interviews orientiert sich am Konzept von Froschauer &<br />

Lueger, deren programmatische Empfehlungen und Interpretationsschema dargestellt<br />

werden.<br />

Das umf<strong>an</strong>greiche empirische Material wird auf dem Hintergrund eines elaborierten<br />

theoretischen Modells, das durch die Strukturationstheorie Giddens’ inspiriert<br />

ist, geordnet. Nicht die Konstatierung empirischer Sachverhalte, sondern die Interpretation<br />

ihres Zust<strong>an</strong>dekommens und ihrer Folgewirkungen steht im Mittelpunkt; der<br />

Leser erhält jedoch durch die sehr ausführlichen Interviewzitate die Möglichkeit, die<br />

theoretischen Einordnungen und Schlussfolgerungen direkt zu überprüfen. Die Diskussion<br />

bal<strong>an</strong>ciert mehrere Ebenen: eine strukturelle org<strong>an</strong>isationale, eine interaktionale<br />

interpersonale und schließlich eine subjektive intrapersonale. Allen drei Strukturationsdimensionen<br />

wird Rechnung getragen: der signifikatorischen (sinngebende<br />

Wirklichkeitskonstruktion), der legitimatorischen (normative Rechtfertigung) und der<br />

autoritativ-ökonomischen (in der es um den Einsatz von Macht und die Allokation<br />

von Ressourcen geht). Dieser komplexe Ansatz bewahrt den Autor vor einigen in der<br />

Fachliteratur vorfindbaren Simplifizierungen (exemplarisch seien die beliebten Phasenmodelle<br />

der Sozialisation gen<strong>an</strong>nt).<br />

Die Erfahrungen, die die neuen Führungskräfte in der ersten Zeit nach ihrer Ernennung<br />

machen, werden entsprechend dem strukturationstheoretischen Rahmenmodell<br />

interpretiert: Zuerst werden (1) strukturelle Rahmenbedingungen und Positionsmerkmale<br />

beh<strong>an</strong>delt, d<strong>an</strong>n (2) interaktionale Prozesse und Beziehungsnetze und<br />

schließlich (3) intrapersonale Prozesse.<br />

zu (1): Im Hinblick auf die „übergreifenden“ Rahmenbedingungen werden u.a. folgende<br />

Akzentsetzungen berichtet:<br />

Neue Führungskräfte erleben deutlich ihre Interdependenz. Sie müssen Netzwerke<br />

aufbauen und pflegen und sich selbst als attraktiver (Tausch-)Partner einbringen.<br />

Das bedeutet auf der <strong>an</strong>deren Seite auch, dass die unilaterale hierarchische<br />

Linienstruktur (zwischen Vorgesetzten und Unterstellten) durch Verbindungen<br />

über die Dienststellengrenzen hinaus erweitert werden muss, wodurch<br />

prekäre Bal<strong>an</strong>ceakte nötig werden können.<br />

Die Beziehungsgeflechte sind <strong>an</strong>dererseits ein Gegengewicht zur domin<strong>an</strong>ten<br />

und stets aktiven Dependenz von den höheren Hierarchieebenen, die Strategien<br />

und Strukturen definieren, Ressourcen zuteilen und entziehen und zur Durchsetzung<br />

ihrer eigenen Interessen verlässliche „executives“ – als die sie die untergeordneten<br />

Führungskräfte sehen – haben wollen. Weil die „Hierarchen“ Gatekeeper<br />

und Promotoren sind, ist es wichtig, von ihnen gesehen zu werden, positiv<br />

aufzufallen, ihre Erwartungen zu dechiffrieren und zu erfüllen. Insofern leben<br />

die jungen Führungskräfte in einer belastenden Dauer-Testsituation, die ihnen

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