Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag
Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag
Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zeitschrift für <strong>Personalforschung</strong>, 17. Jg., Heft 4, 2003 421<br />
risk<strong>an</strong>te Vorleistung (H<strong>an</strong>dlung) zu erbringen, die mit der kognitiven Erwartung und<br />
dem Gefühl einhergeht, dass der oder die VertrauensempfängerIn kompetent, integer<br />
und wohlwollend ist.<br />
Vertrauen ist ein problematischer Begriff, der viele Bedeutungen besitzt und nur<br />
schwer einzugrenzen ist. Allein mit exakten und immer auch künstlichen Definitionen<br />
k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> das Phänomen nicht in den Griff bekommen. Diese Arbeit geht daher<br />
einen Schritt weiter, indem sie versucht, es auch empirisch zu erfassen. Die Empirie<br />
fungiert dabei als ein Baustein der Modellentwicklung und dient zugleich ihrer Überprüfung.<br />
Untersucht werden die wechselseitigen Vertrauensbeziehungen zwischen Vertriebs<strong>an</strong>gestellten<br />
und ihren Vorgesetzten sowie GeschäftsführerInnen in vier Unternehmen<br />
aus drei Br<strong>an</strong>chen. In diesen Unternehmen wurden 42 Leitfadeninterviews<br />
mit Beschäftigten aller Hierarchieebenen geführt. Die Darstellung der vier Betriebe<br />
erfolgt in Form von Fall<strong>an</strong>alysen, wobei sich die Auswertung der Interviews auf die<br />
Wirkungsweise der Vertrauensfaktoren und die Beschreibung der Dreidimensionalität<br />
von Vertrauen konzentriert.<br />
Das erste zum Sample gehörende Unternehmen ist ein in Ostdeutschl<strong>an</strong>d <strong>an</strong>gesiedelter<br />
metallverarbeitenden Betrieb, der als „low trust“-Org<strong>an</strong>isation charakterisiert<br />
wird. Dies liegt vor allem dar<strong>an</strong>, dass sich die betrieblichen Akteure Kompetenzdefizite<br />
zuschreiben, deren Grundlage unerfüllte Output- und Reziprozitätserwartungen<br />
sind. Der zweite Fallbetrieb gehört der gleichen Br<strong>an</strong>che <strong>an</strong>, besitzt jedoch<br />
aufgrund <strong>an</strong>derer struktureller Bedingungen ein höheres org<strong>an</strong>isationales Vertrauensniveau,<br />
obwohl auch in diesem Unternehmen Vertrauensprobleme – vor allem in der<br />
Integritätsdimension – existieren. Ähnlich verhält es sich mit der dritten Firma, die<br />
infolge eines vertrauenzerstörenden Führungsstils, verschärfter Wettbewerbsbedingungen<br />
auf dem Energiemarkt und struktureller Anpassungen <strong>an</strong> diese unter der Erosion<br />
von Vertrauen – vor allem in der Vertriebsabteilung – leidet. Hervorzuheben<br />
sind in diesem Unternehmen die Gesinnungszweifel, die die Beschäftigten gegenüber<br />
ihrem Vertriebsleiter hegen. Der vierte und letzte Fall schließlich ist ein seit Jahren<br />
sehr erfolgreiches „high trust“-Unternehmen aus Süddeutschl<strong>an</strong>d. Eine entscheidende<br />
Säule des gegenseitigen Vertrauens sind in diesem Betrieb die erfüllten Gesinnungserwartungen:<br />
der Geschäftsleiter kommt seiner Fürsorgepflicht nach („demonstrating<br />
concern“), die Beschäftigten entsprechen seinen Loyalitätserwartungen.<br />
Den Abschluss der Arbeit bildet die Zusammenfassung und eine synoptische<br />
Präsentation der theoretischen und empirischen Ergebnisse. Es wird noch einmal betont,<br />
welche essentielle Bedeutung emotional begründetes und gewohnheitsmäßig<br />
vergebenes Vertrauen für Unternehmen als Org<strong>an</strong>isationsprinzip von Arbeit hat. Vertrauen<br />
ist eine individuelle Erwartungshaltung eines Akteurs und Grundlage seines<br />
kooperativen bzw. prosozialen Verhaltens im Umg<strong>an</strong>g mit <strong>an</strong>deren. Verändert sich<br />
das <strong>an</strong>deren Akteuren entgegengebrachte Vertrauen, ändert sich auch die Beziehung.<br />
Die Kategorie beschreibt damit auch die Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen,<br />
d.h. eine Eigenschaft kollektiver Einheiten, die sich im Wesentlichen aus den Interaktionen<br />
ihrer Mitglieder zusammensetzen. Vertrauen ist ein soziales Bindeglied,