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Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de

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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />

In <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Irrenhaus-Gedichten sieht sich ‚Włast’ auch als das Objekt <strong>de</strong>s<br />

Begehrens von Mitpatientinnen, die <strong>de</strong>m ‚Propheten’ mitunter auf <strong>de</strong>r Treppe<br />

auflauern können. Neben <strong>de</strong>m Doktor ist er <strong>de</strong>r einzige Mann in ihrer Umgebung. Nur<br />

in seinem Zimmer fühlt er sich vor ihren Blicken sicher: „Hier bezauberte dich die<br />

Ruhe – wenn <strong>de</strong>r Harem hinter dir blieb, / In <strong>de</strong>m ein Schwarm von Gespenstern laut<br />

fluchte und still weinte.“ 151 (345) Der Blick <strong>de</strong>r Mitpatientinnen auf ‚Włast’ ist<br />

ambivalent, sie segnen und verfluchen ihn zugleich. Er ist ein Rätsel per se, ein<br />

Signifikant ohne Signifikat, eine Projektionsfläche für die bizarrsten Phantasien, 152 ein<br />

Objekt <strong>de</strong>r Sehnsucht und ein Feind zugleich. Er könnte genauso gut – so ein<br />

‚absur<strong>de</strong>r’ Witz <strong>de</strong>s Text-Subjekts – ein Hund sein: „Aber vielleicht... weiß <strong>de</strong>r<br />

Teufel... war er eine Art Dogge.“ 153<br />

In „Wizyta doktorska“, einem noch intensiver mit <strong>de</strong>r Groteske arbeiten<strong>de</strong>n Gedicht<br />

bzw. Dramenfragment, erteilt sich ‚Włast’ das Re<strong>de</strong>recht gegenüber <strong>de</strong>m Arzt, <strong>de</strong>r<br />

über das Diskursmonopol und die Macht über die Patienten verfügt. Hier erfüllt <strong>de</strong>r<br />

literarische Text die Funktion <strong>de</strong>r imaginären Wie<strong>de</strong>rerlangung <strong>de</strong>r Autonomie – er ist<br />

Genugtuung und Rache zugleich. Der real entautorisierte, ge<strong>de</strong>mütigte Włast gibt sich<br />

die Gelegenheit, das über Jahre aus strategischen Grün<strong>de</strong>n Verschwiegene<br />

auszusprechen. Er entwirft folgen<strong>de</strong> Phantasie: Seine Ichfigur, <strong>de</strong>r männliche Patient,<br />

<strong>de</strong>r sich als entrechteter Sklave <strong>de</strong>finiert, liegt neben <strong>de</strong>m Doktor im Garten und<br />

versucht, diesen zu durchschauen. Es verschafft ihm Genugtuung, in Gedanken eine<br />

Karikatur <strong>de</strong>s Arztes zu zeichnen, sich über seine „Eleganz, sein Schielen und seine<br />

Gesundheit“, seinen „Pfauenschwanz“ lustig zu machen, um ihn dann einer<br />

verräterischen Hinterlist zu bezichtigen. Der Patient misstraut <strong>de</strong>m Arzt, er weiß, dass<br />

sich dieser in sein Vertrauen einschleichen möchte, um ihn dann zu verraten und ihm<br />

151 Polnisch: „Urzekał cię tu spokój – gdy minąłeś harem, / W którym rój widm klął głośno, płakał po<br />

cichutku.“<br />

152 Własts Briefe aus <strong>de</strong>n Irrenhäusern beinhalten ähnliche Motive.<br />

153 Polnisch: „A może… licho wie… <strong>by</strong>ł czemś w rodzaju doga.“<br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu

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