Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
Resümee<br />
Wenn man vom Abstraktum <strong>de</strong>s biologischen Geschlechts, 159 aber auch vom<br />
ansozialisierten ‚Genus’ und von <strong>de</strong>r Wahrnehmung durch die Umwelt ausgeht, so<br />
wur<strong>de</strong> „Xięga poezji idyllicznej“ von einer zierlichen, möglicherweise zahnlosen, von<br />
leidvollen Erfahrungen gezeichneten Frau in <strong>de</strong>n Vierzigern geschrieben, die sich nur<br />
in einem dunklen Anzug sehen und als Piotr ansprechen lässt, zurückgezogen in ihrem<br />
Zimmer voller trockener Blumen lebt und speist, abends auf ihrer Terrasse Pfeife<br />
raucht, bis tief in die Nacht schreibt, meditiert, Kontakt mit verstorbenen Ahnen<br />
pflegt, erfolglos um die Liebe ihrer alten, enttäuschten Mutter wirbt, das Haus und<br />
seine Bewohner zu bewachen und beschützen glaubt; von einer Frau, die bei ihren<br />
Sühnepraktiken Abführmittel einnimmt, um Körper und Geist vom Schmutz zu<br />
befreien, die das ‚Zölibat’ einhält, im Grabower Park lange Spaziergänge macht, Natur<br />
beobachtet und Gymnastik betreibt, die sie zum Fliegen befähigen soll, und immer<br />
wie<strong>de</strong>r im Gebet die Hän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Himmel hebt; von einer Frau, die ihren Bru<strong>de</strong>r um<br />
Geld, Zeitschriften, Bücher, Tabak, Tee anflehen muss, die von Dorfkin<strong>de</strong>rn<br />
verspottet wird und die Familienangehörigen mit ihrem Missionsbewusstsein,<br />
moralischem Pathos und hartnäckiger Lebensfremdheit irritiert. 160 Und doch ist es<br />
159 Seit Judith Butlers (1991) „Gen<strong>de</strong>r Trouble“ (Das Unbehagen <strong>de</strong>r Geschlechter) wird in <strong>de</strong>r Gen<strong>de</strong>r-<br />
Forschung meist davon ausgegangen, dass die Sex-Gen<strong>de</strong>r-Dualisierung als Gegenüberstellung von<br />
‚biologischem’ und ‚sozialem’ Geschlecht nicht haltbar ist. Selbst das ‚biologische’ Geschlecht sei<br />
<strong>de</strong>mnach nicht etwas Natürliches und Gegebenes, Vorkulturelles, son<strong>de</strong>rn von vornherein mit unseren<br />
kulturbedingten Vorstellungen und Phantasmen ‚beschrieben’. Gegen diese These ist nichts einzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Dennoch beharre ich auf <strong>de</strong>r Aufrechterhaltung <strong>de</strong>r Sex-Gen<strong>de</strong>r-Opposition, da sie die Spannung<br />
zwischen und die unlösbare Verschränkung von Körper (in seinen real unterschiedlichen<br />
‚Ausprägungen’) und Kultur begreifbar macht. Es ist ein abstraktes Hilfskonstrukt, das, genauso wie die<br />
Gegenüberstellung von ‚Natur’ und ‚Kultur’ bestimmte Denkoperationen und Differenzierungen<br />
überhaupt erst möglich macht, und nicht als erneute ‚Naturalisierung’ <strong>de</strong>s Geschlechterdualismus<br />
missverstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n sollte.<br />
160 Diese biographischen Informationen stammen aus: Boniecki 1998, Podraza-Kwiatkowska 1996 und<br />
<strong>de</strong>r Gesamtheit <strong>de</strong>r im Biographie-Kapitel angegebenen Quellen.<br />
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