Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
361<br />
Es wird <strong>de</strong>utlich, dass Włast als Autor keineswegs bedingungslos auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>s<br />
Patriarchats steht, wie es in <strong>de</strong>r Forschung behauptet wor<strong>de</strong>n ist (Zimand 1984, Janion<br />
1996). 96<br />
Worin <strong>de</strong>r Schuldkomplex besteht, mit <strong>de</strong>m sich Czartołania zerfleischt, kann <strong>de</strong>r<br />
Leser nur ahnen. In ihrem Brief an Seni <strong>de</strong>utet sie einige Stationen ihres sündhaften<br />
Weges an, die sich folgen<strong>de</strong>rmaßen rekonstruieren lassen: (1) Sie ist nicht als Göttin<br />
geboren wor<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn war ein aufmüpfiges Kind, das <strong>de</strong>r Vater öfter bestrafen<br />
musste. 97 (2) Die Jungfräulichkeit wur<strong>de</strong> ihr von einem ‚alten Lüstling’ genommen. 98<br />
Kralkowska-Gątkowska (2002) liest dies als eine Anspielung auf einen möglichen<br />
sexuellen Missbrauch <strong>de</strong>r realen, noch sehr jungen Komornicka durch einen älteren<br />
Mann. (3) Von einem „elen<strong>de</strong>n Liebhaber“ wur<strong>de</strong> sie gewaltsam 99 ins Krankenhaus<br />
gebracht:<br />
Der erbärmliche Liebhaber brachte mich dann ins Spital,<br />
Von Scham be<strong>de</strong>ckt... die Lanzetten<br />
Schnitten Körper und Herz...<br />
Doch ihre Klinge war gut, weil sie nicht besu<strong>de</strong>lte –<br />
Ich aber bin besu<strong>de</strong>lt, lei<strong>de</strong>r...<br />
Oh, du blutige! Oh, du unvergessliche Woge <strong>de</strong>r Erinnerungen! (325) 100<br />
96 In die Perspektive <strong>de</strong>r (schreiben<strong>de</strong>n) Frauen versetzt sich Włast auch in seinem französischen Gedicht<br />
„Place aux Dames!“. Die Botschaft dieses Textes lässt sich folgen<strong>de</strong>rmaßen auf <strong>de</strong>n Punkt bringen: Es ist<br />
Zeit, dass Frauen anfangen, sich selbst zu artikulieren, <strong>de</strong>nn „die Männer schreiben nur Unsinn über sie“.<br />
Sie wer<strong>de</strong>n sich jedoch erst öffnen, wenn ihnen seitens <strong>de</strong>r Männer bzw. <strong>de</strong>r Gesellschaft mehr Freiheit,<br />
Achtung und Wür<strong>de</strong> entgegengebracht, und mehr „väterliche Zärtlichkeit“ zuteil wird. Wenn sie dann<br />
anfangen zu „singen“, wer<strong>de</strong>n alle staunen. Seine Solidarität mit Frauen, insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>n<br />
Mitpatientinnen <strong>de</strong>r Irrenanstalten, bekun<strong>de</strong>t Włast auch in „Panie i ja“.<br />
97 Zitat: „Der armselige Vater eilte <strong>de</strong>r geplagten Mutter zu Hilfe / und peitschte das trotzige Kind…“<br />
(324)<br />
98 Zitat: „Die erste Knospe [ihrer Jugend] riss <strong>de</strong>r alte Priapos an, lüsternd nach <strong>de</strong>r unreifen Ernte.“ (324)<br />
‚Priapos’ ist ein kleinasiatischer Fruchtbarkeitsgott, <strong>de</strong>r meist mit überdimensionalem Penis dargestellt<br />
wird. (Fink, 265)<br />
99 Zu beachten ist die Formulierung „wtrącił do szpitala“. ‚Wtrącić’ wird im normalen Sprachgebrauch<br />
nur im Zusammenhang mit Gefängnis gebraucht.<br />
100 Polnisch: „Kochanek marny wtrącił potem do szpitala, / Okrytą wsty<strong>de</strong>m... Lancety / Krajały z ciałem<br />
serce... Lecz ostrz ich dobra, bo nie kala – / A jam skalana, niestety…/ O, krwawa! O niezapomniana<br />
wspomnień fala!“<br />
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