Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
gefolgt zu sein. Beiläufig erwähnt Aniela Komornicka, dass ihre Schwester an diesem<br />
Abend mit Selbstmordabsicht aus <strong>de</strong>m Haus ging. Die Grün<strong>de</strong> dafür wer<strong>de</strong>n zwar<br />
nicht genannt, es kann jedoch geschlussfolgert wer<strong>de</strong>n, dass es sich um<br />
Liebesprobleme gehan<strong>de</strong>lt hat. In dieser Zeit ist Maria in <strong>de</strong>n Cousin Bolesław<br />
Lutomski verliebt, <strong>de</strong>r sie in die literarische Welt eingeführt hat und zum Auslöser<br />
ihres Schaffens wur<strong>de</strong> (Komornicka, A. 1964, 305). Auf <strong>de</strong>n Zusammenhang<br />
zwischen dieser Liebe und <strong>de</strong>r Selbstmordabsicht Komornickas <strong>de</strong>utet die Bemerkung<br />
Anielas hin, ihre Schwester hätte die mit dieser Liebe verbun<strong>de</strong>ne „Glut <strong>de</strong>r<br />
Erlebnisse“ in die Erzählung „Staszka“ miteinfließen lassen. Komornickas Ichfigur<br />
Staszka begeht aber tatsächlich Selbstmord – aus Liebeskummer.<br />
Die psychologische Forschung geht davon aus, dass traumatische Kindheits- bzw.<br />
Jugendzeiterlebnisse oft für Jahre aus <strong>de</strong>m Gedächtnis ausgeklammert wer<strong>de</strong>n und<br />
ihre Wirkung mitunter erst viel später, im Erwachsenenalter entfalten. Dies scheint bei<br />
Komornicka <strong>de</strong>r Fall gewesen zu sein. Die Dichterin hat eine äußerst rasante<br />
Entwicklung durchgemacht, sowohl als Persönlichkeit als auch in künstlerischer<br />
Hinsicht. Sehr früh und mit ungewöhnlicher Heftigkeit lehnte sie sich gegen die Eltern<br />
auf und zeichnete in ihren Texten bereits mit fünfzehn Jahren trotzige Lebensentwürfe<br />
erwachsener Frauen. Die Schwester wirft ihr in <strong>de</strong>n Erinnerungen vor, die Familie zur<br />
damaligen Zeit verachtet und für Entfremdung zwischen ihren Mitglie<strong>de</strong>rn gesorgt zu<br />
haben. Tatsächlich i<strong>de</strong>ntifizierte sich die junge Komornicka stärker mit ihrem<br />
literarischen Freun<strong>de</strong>skreis, in welchem sie bereits als Achtzehnjährige von<br />
angesehenen männlichen Autoren als ebenbürtige Partnerin behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>, die<br />
weltanschaulich ihrer Familie sehr fern stan<strong>de</strong>n (Sozialismus, Atheismus).<br />
Da Komornicka jedoch an ihrer Familie und an <strong>de</strong>n ihr eingeprägten Werten, wie<br />
später <strong>de</strong>utlich gewor<strong>de</strong>n ist, immer noch sehr hing, begann sie sich, wie ihre<br />
Ichfiguren, in die ‚böse’ und die ‚brave’, reumütige Tochter zu spalten. Die Rebellin<br />
entschied sich für Cambridge, um nicht in Grabów bleiben zu müssen. Genauso<br />
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<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu