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Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de

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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />

‚kitschigen’ Metaphern narrativiert und mythologisiert. Auch hier wer<strong>de</strong>n<br />

Diminutivformen in Bezug auf <strong>de</strong>n mütterlichen Körper angewandt: ‚Öhrchen’,<br />

‚Näschen’. Strophe für Strophe wer<strong>de</strong>n alle Lebensstationen <strong>de</strong>r Mutter retrospektiv<br />

und prospektiv entrollt. Das wie in <strong>de</strong>r Märchenerzählung „O ojcu i córce“<br />

verniedlichte Mutterbild <strong>de</strong>s Gedichtes korrespondiert sehr stark mit <strong>de</strong>m aus<br />

Komornickas Briefen. Die Mutter erscheint zunächst als eine wun<strong>de</strong>rschöne zarte<br />

Dame (‚Lilie’), dann als glückliche, von ihrem Ehemann vergötterte Ehefrau und<br />

Mutter: „Sie blühte für ihn mit <strong>de</strong>n Knospen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r / Und über je<strong>de</strong>m von ihnen<br />

leuchtete ein Stern.“ 39 Es folgt die Phase <strong>de</strong>s Witwendaseins und <strong>de</strong>s Wachens über<br />

die Tugend <strong>de</strong>r ‚wil<strong>de</strong>n’ Kin<strong>de</strong>r (als Sirene mit Schwert) und schließlich das Alter.<br />

Die letzte Strophe gewährt mit ihren Bil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Feuers und <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rgeburt einen<br />

metaphorischen Blick ins Jenseits. Der Schluss <strong>de</strong>s ansonsten sehr regelmäßigen und<br />

konventionellen Gedichts macht etwas stutzig. In einer einzeiligen Strophe mit einem<br />

an Volksdichtung anknüpfen<strong>de</strong>n Binnenreim spricht plötzlich ein zu einem<br />

mündlichen Erzähler stilisierter Sprecher: „Und was dann? Davon später.“ 40<br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />

Dies<br />

verfrem<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n ansonsten spürbaren, zwar kaum ‚ernst zu nehmen<strong>de</strong>n’, aber<br />

intendierten Ernst dieses Textes und macht ihn dadurch für <strong>de</strong>n Leser erträglich.<br />

Mitunter hat man <strong>de</strong>n Eindruck, hier spricht entwe<strong>de</strong>r jemand, <strong>de</strong>r sein Handwerk<br />

nicht mehr gut beherrscht, o<strong>de</strong>r jemand, <strong>de</strong>r sich die Freiheit nimmt, unsere gesamten<br />

Vorstellungen von (auch avantgardistischer, experimenteller) Kunst und von<br />

Erwachsensein über Bord zu werfen – ein Prophet und Bajazzo zugleich. 41 Die These<br />

Maria Janions (1996), zwischen <strong>de</strong>m Schaffen Maria Komornickas und Piotr Własts<br />

gäbe es keine erwähnenswerte Differenz, scheint folglich nicht zuzutreffen. Die Frage,<br />

ob diese Differenz <strong>de</strong>m Wahnsinn o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Umwälzungen <strong>de</strong>r weltanschaulichen und<br />

ästhetischen Paradigmen <strong>de</strong>s Autors zuzuschreiben ist, muss allerdings offen bleiben.<br />

39 Polnisch: „Kwitła mu pączkami dzieci / A nad każ<strong>de</strong>m gwiazdka świeci.“<br />

40 Polnisch: „A co potem?... Później o tem“.<br />

41 Vgl. Komornickas Gedicht „Nastrój“ (Komornicka 1996, Erstveröffentlichung in: „Życie“ 1987, Nr. 4).<br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu

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