Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
Sänger <strong>de</strong>s Himmels: „Am Gesta<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kummers und <strong>de</strong>r Tränen / bin ich ein in <strong>de</strong>n<br />
Himmel aufsteigen<strong>de</strong>r Ritter!“ 15 Das Bild <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Himmel gerichteten Augen <strong>de</strong>s<br />
Dichters symbolisiert die spirituelle Sehnsucht, <strong>de</strong>r seine Dichtung entspringen soll.<br />
Mit ‚Himmel’ verbin<strong>de</strong>t Włast nicht nur christliche Vorstellungen. In<br />
religionsphilosophischer Hinsicht hat <strong>de</strong>r Band einen synkretistischen Charakter. 16<br />
Włast verfasst das „Buch“ in seinem Elternhaus bei <strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>s ältesten Bru<strong>de</strong>rs<br />
Jan. (Die Mutter lebt einige Kilometer entfernt beim Sohn Franciszek.) Er lebt am<br />
Ran<strong>de</strong> dieser Familie und ist, laut <strong>de</strong>n im Biographie-Kapitel erläuterten schriftlichen<br />
und mündlichen Überlieferungen <strong>de</strong>r Angehörigen und Nachbarn, nicht in diese<br />
integriert. In <strong>de</strong>n ersten Jahren seines Schreibens tobt <strong>de</strong>r erste Weltkrieg, darauf<br />
verweisen <strong>de</strong>r Untertitel <strong>de</strong>s Buches „In Grabów während <strong>de</strong>s Krieges“ und einige<br />
wenige Kriegsmotive. Als ‚Krieg’ wird aber auch das gespannte Verhältnis zwischen<br />
Włast und seiner Umgebung metaphorisiert. In seinem „Buch“ erschafft bzw.<br />
verkün<strong>de</strong>t Włast eine zur Kriegsrealität alternative utopische Wirklichkeit – das<br />
Paradies <strong>de</strong>r Welt nach <strong>de</strong>r Überwindung <strong>de</strong>s Sün<strong>de</strong>nfalls 17 .<br />
Das „Buch“ ist <strong>de</strong>n Schutzgeistern <strong>de</strong>r Familie als Opfergabe, das Manuskript selbst<br />
<strong>de</strong>r Mutter gewidmet. Wie noch zu zeigen sein wird, bleibt die Mutter die wichtigste<br />
Person sowohl im Leben als auch im Schreiben Własts. Mit seinen Versen kämpft er<br />
immer noch, anscheinend vergeblich, 18<br />
um ihre Anerkennung und Liebe. Seine<br />
Phantasien von mütterlichen ‚Streicheleinheiten’ fin<strong>de</strong>n bereits in das erste Gedicht<br />
15 Polnisch: „Nad zgryzot i łez wybrzeżem / Jam wniebowstępnym Rycerzem!“<br />
16 Als Inspirationsquellen nennt Włast neben <strong>de</strong>n z.T. bereits erwähnten literarischen Vorbil<strong>de</strong>rn<br />
(Laforgue, Poe, Parnassisten, Romantiker, Miriam) auch familiengeschichtliche Faktoren, philosophischreligiöses<br />
Gedankengut (Theosophie, Upanischa<strong>de</strong>n, Yoga, Evangelien und Katechismus), seine<br />
Lei<strong>de</strong>rfahrungen und seine Träume.<br />
17 Zu vergleichbaren utopischen Entwürfen in <strong>de</strong>r Literatur <strong>de</strong>s Jungen Polen (z.B. von Tetmajer, Staff<br />
und Miciński) und ihrer Bezugnahme auf Platons „Phaidros“ vgl. Podraza-Kwiatkowska 2000, 93-117.<br />
18 Dies legt wenigstens die biographische Prosa <strong>de</strong>r Großnichte Komornickas Maria Dernałowicz (1977)<br />
nahe.<br />
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<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu