Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
Das Buch meiner Seele – Das Buch <strong>de</strong>r Welt –<br />
Die Zeit verschlingt einen Tag nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren – verbrennt sie –<br />
In <strong>de</strong>n Tod strömt mein kurzes Leben –<br />
Und ich Wahnsinnige, ich Unselige<br />
Heule aus meiner ewigen Wun<strong>de</strong><br />
Versinke in <strong>de</strong>r Zügellosigkeit schöpferischer Qual –<br />
In <strong>de</strong>m schwarzen, bösen – verbotenen – Abgrund<br />
Win<strong>de</strong> mich – kämpfe – flehe – kreische –<br />
Würge die Wortschlangen – verschließe mein Gehör –<br />
Ich will nicht! Ich verfluche! – Habe keine Kraft mehr. (289, 290) 161<br />
Bezeichnend ist, dass hier das ‚Buch <strong>de</strong>r Seele’ und ‚das Buch <strong>de</strong>r Welt’ als<br />
unschätzbar bezeichnet und <strong>de</strong>m künstlerischen Schaffen, <strong>de</strong>n literarischen Büchern,<br />
gegenübergestellt wer<strong>de</strong>n. Um eine Aufhebung dieser hier so antagonistisch<br />
gestalteten Opposition wird sich Włast <strong>de</strong>r Verwan<strong>de</strong>lte (Odmieniec) in „Xięga poezji<br />
idyllicznej“ bemühen. Dieses ‚Buch’ wird als mystisches und prophetisches ‚Buch <strong>de</strong>r<br />
Seele’ und gleichzeitig Poesie konzipiert, eine Poesie, die nicht mehr <strong>de</strong>m<br />
traditionellen Kunstbegriff verpflichtet ist.<br />
Die in „Xięga poezji idyllicznej“ allgegenwärtige Hoffnung auf eine Erlösung vom<br />
Fluch <strong>de</strong>s trennen<strong>de</strong>n, aggressiven, <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong> verhafteten literarischen Schaffens, auf<br />
die mystische Vereinigung mit Gott, Weltall und Natur, auf Weisheit und Ruhe wird<br />
im letzten Abschnitt von „Ból fatalny“ bereits vorweggenommen. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Dichter seine Strafe abgearbeitet und unter höchsten Schmerzen seine Worte in die<br />
Er<strong>de</strong> hineingepresst hat, wird ihm ein mystisches Erlebnis zuteil. Das Gedicht schließt<br />
mit <strong>de</strong>r Utopie einer Himmelfahrt und Subjektauflösung, 162 die auch eine Erlösung<br />
vom Schreiben und die Überwindung <strong>de</strong>r Trennung be<strong>de</strong>utet. Dabei lässt sich die<br />
Erlösung vom Schreiben als Befreiung von <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>r Kultur, vom Bereich <strong>de</strong>s<br />
‚Symbolischen’ (Lacan, Kristeva), und die Überwindung <strong>de</strong>r Trennung als Rückkehr<br />
161 Polnisch: „Tworzeniem zmiera mi dzień każdy, / W proch lecą szczeble do wieczności – (...) /<br />
Bezcenne księgi leżą w pyle – / Księga mej duszy – księga świata – / Czas dzień za dniem pożera – spala<br />
– / W śmierć się toczy me krótkie życie – / A ja szalona, ja nieszczęsna, / Wyjąc swą wiekuistą raną /<br />
Grzęznę w rozpuście twórczej męki – / W otchłani czarnej, złej – wzbronionej – / Wiję się – walczę –<br />
błagam – zgrzytam – / Dławię słów węże – słuch zamykam – / Nie chcę! Przeklinam! – Sił już nie mam.“<br />
162 Vgl. Ritz 2001, 150: „Das Ich gibt in seiner utopischen Selbstprojektion nach außen am Schluss seinen<br />
Subjektcharakter auf. Es wird getragen.“<br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu