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Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de

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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />

397<br />

als Vorbeugung ihrer Entweihung – war auch bereits in „Szkice“ vorhan<strong>de</strong>n und kehrt<br />

in einer abgewan<strong>de</strong>lten Form in Własts Verserzählung „Czartołania i Seni“ zurück.<br />

Eros und Ethos, Sexualität und Spiritualität bil<strong>de</strong>n im Leben und Schreiben<br />

Komornickas, wie in <strong>de</strong>r abendländischen Kultur überhaupt, unvereinbare Gegensätze.<br />

Die Schärfe dieser Opposition vermochte Komornicka in ihren ersten literarischen und<br />

biographischen Rollen nicht zu entkräften – und auch in „Xięga“ wird ihr das nur<br />

an<strong>de</strong>utungsweise gelingen.<br />

Die zwischen 1903 und 1907 erschienenen „Chimera“-Texte Komornickas sind auch<br />

von einem Verlangen nach Selbstauslöschung und einem vollkommenen<br />

I<strong>de</strong>ntitätswechsel geprägt. Der in <strong>de</strong>n ersten Prosanarrationen bereits mehrfach<br />

anvisierte Selbstmord wird in <strong>de</strong>r expressionistischen Prosa „Biesy“ von einer<br />

unangepassten, gegen die Dressur <strong>de</strong>r Sozialisierung aufbegehren<strong>de</strong>n und vor <strong>de</strong>r<br />

eigenen Kontur- und Subjektlosigkeit zurückschrecken<strong>de</strong>n Ichfigur 7<br />

nochmals<br />

herbeiphantasiert, aber als Lösungsalternative abgelehnt. Nichts<strong>de</strong>stotrotz bleiben<br />

obsessive To<strong>de</strong>swünsche ein unerlässlicher Bestandteil <strong>de</strong>r Gefühlswelt <strong>de</strong>r<br />

Protagonistinnen und lyrischer Stimmen, erfahren jedoch zunehmend eine<br />

symbolische und mystische Färbung. Immer enger wer<strong>de</strong>n sie mit <strong>de</strong>m Wunsch nach<br />

einer restlosen Ausmerzung <strong>de</strong>r alten I<strong>de</strong>ntität, Tilgung <strong>de</strong>r Schuld und Wie<strong>de</strong>rgeburt<br />

als neuer Mensch korreliert („Pragnienie“, „W górach“). Doch die Lyrik vor 1907<br />

verfolgt auch noch an<strong>de</strong>re Richtungen. Es tauchen gewaltige, die ornamentale und<br />

affektierte mo<strong>de</strong>rnistische Ästhetik zur Meisterschaft bringen<strong>de</strong>, ‚männliche’<br />

Subjektentwürfe nach romantischem Muster auf, u.a. als apokalyptische, mit Engeln<br />

und Dämonen bevölkerte Zerstörungsphantasien, wie sie m.E. bisher von keiner Frau<br />

in <strong>de</strong>r polnischen Literaturgeschichte überliefert wor<strong>de</strong>n sind. Sie wer<strong>de</strong>n begleitet<br />

von einer harmonisieren<strong>de</strong>n, die bevorstehen<strong>de</strong> Beruhigung antizipieren<strong>de</strong>n<br />

7 Dies ist auch ein wichtiges Motiv <strong>de</strong>r Lyrik Komornickas aus dieser Zeit. Immer wie<strong>de</strong>r wird hier die<br />

Angst vorgeführt, sich als Individuum nie konstituieren zu können, ‚im Sumpf’ zu versinken, konturlos<br />

und nur ein Stück Materie zu bleiben.<br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu

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