Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
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Mütter sind Wächterinnen <strong>de</strong>r Moral. An<strong>de</strong>rerseits gibt es aber auch Aphorismen, in<br />
<strong>de</strong>nen Komornicka die Machtübernahme durch die bisher versklavten Frauen<br />
ankündigt: Dies führt wie<strong>de</strong>rum die Linie ihrer frühen emanzipatorischen Texte fort.<br />
Neben <strong>de</strong>n Texten, die die tragische Wun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Subjekts und seine Verbannung aus<br />
<strong>de</strong>m Paradies <strong>de</strong>r Einheit mit Gott, Mutter, Natur, seine schmerzhafte Verstrickung in<br />
Schuld sinnfällig machen (u.a. „Duma“), gibt es auch einige, die bereits die Utopie <strong>de</strong>r<br />
mystischen Einheit und Fülle, ein Leben ohne Angst und moralische Qualen<br />
antizipieren und das Bild eines Ichs, das sich von Gott tragen lässt, entwerfen (Zyklus<br />
„Maj“, „Pełnia“, „Mądrość“). Diese Gedichte experimentieren in einigen Fällen mit<br />
einer an<strong>de</strong>ren, vereinfachten, an die Sprache <strong>de</strong>r Prosa angenäherten, die<br />
jungpolnische Ornamentalisierung aufgeben<strong>de</strong>n Poetik, die die Umrisse einer neuen<br />
poetologischen I<strong>de</strong>e durchscheinen lässt. Die bisher vertretene ‚phallogozentrische’, in<br />
„Krzyk“ affirmierte ästhetische Konzeption gerät, insbeson<strong>de</strong>re in „Ból fatalny“, unter<br />
die Rä<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kritik. Das Schaffen entspringt hier einem schmerzhaften Mangel, <strong>de</strong>m<br />
Gefühl <strong>de</strong>r Trennung, <strong>de</strong>r Ferne Gottes, <strong>de</strong>m ausfließen<strong>de</strong>n Blut <strong>de</strong>s Subjekts. Der<br />
Schaffensprozess wird in erotisierter Bildlichkeit vorgeführt und als sündhaft und<br />
todbringend mo<strong>de</strong>lliert, als ein Vorgang, <strong>de</strong>r sich nur in <strong>de</strong>r Welt nach <strong>de</strong>m<br />
Sün<strong>de</strong>nfall, nach <strong>de</strong>m Eingang in die symbolische Ordnung <strong>de</strong>r Kultur ereignen und<br />
etablieren konnte. Die innerhalb dieses Paradigmas produzierten Wortlawinen reißen,<br />
so die vorherrschen<strong>de</strong> Bildlichkeit, immer neue Wun<strong>de</strong>n in das <strong>de</strong>m Himmel entgegen<br />
streben<strong>de</strong> Subjekt und lassen seine Kräfte versiegen. Ein <strong>de</strong>m entgegengesetztes<br />
Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Dichtens wird Włast in „Xięga“ in die Tat umsetzen. Der Dichter wird in<br />
dieser Konzeption mit Gott, Natur und <strong>de</strong>r Welt eins sein, sein Wort wird nicht mehr<br />
als ein ästhetisches, narzisstisches, ‚schönes’, son<strong>de</strong>rn als ein prophetisches, ‚wahres’<br />
mo<strong>de</strong>lliert. Dieses Wort wird nicht etwas von <strong>de</strong>r Welt und vom Subjekt Getrenntes<br />
sein. Es wird nicht mehr die Subjektlosigkeit beklagen und die To<strong>de</strong>sangst<br />
herausschreien müssen. Denn in <strong>de</strong>r Welt dieser Dichtung wird es keinen Tod, keine<br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu