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Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de

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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />

325<br />

Mütter sind Wächterinnen <strong>de</strong>r Moral. An<strong>de</strong>rerseits gibt es aber auch Aphorismen, in<br />

<strong>de</strong>nen Komornicka die Machtübernahme durch die bisher versklavten Frauen<br />

ankündigt: Dies führt wie<strong>de</strong>rum die Linie ihrer frühen emanzipatorischen Texte fort.<br />

Neben <strong>de</strong>n Texten, die die tragische Wun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Subjekts und seine Verbannung aus<br />

<strong>de</strong>m Paradies <strong>de</strong>r Einheit mit Gott, Mutter, Natur, seine schmerzhafte Verstrickung in<br />

Schuld sinnfällig machen (u.a. „Duma“), gibt es auch einige, die bereits die Utopie <strong>de</strong>r<br />

mystischen Einheit und Fülle, ein Leben ohne Angst und moralische Qualen<br />

antizipieren und das Bild eines Ichs, das sich von Gott tragen lässt, entwerfen (Zyklus<br />

„Maj“, „Pełnia“, „Mądrość“). Diese Gedichte experimentieren in einigen Fällen mit<br />

einer an<strong>de</strong>ren, vereinfachten, an die Sprache <strong>de</strong>r Prosa angenäherten, die<br />

jungpolnische Ornamentalisierung aufgeben<strong>de</strong>n Poetik, die die Umrisse einer neuen<br />

poetologischen I<strong>de</strong>e durchscheinen lässt. Die bisher vertretene ‚phallogozentrische’, in<br />

„Krzyk“ affirmierte ästhetische Konzeption gerät, insbeson<strong>de</strong>re in „Ból fatalny“, unter<br />

die Rä<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kritik. Das Schaffen entspringt hier einem schmerzhaften Mangel, <strong>de</strong>m<br />

Gefühl <strong>de</strong>r Trennung, <strong>de</strong>r Ferne Gottes, <strong>de</strong>m ausfließen<strong>de</strong>n Blut <strong>de</strong>s Subjekts. Der<br />

Schaffensprozess wird in erotisierter Bildlichkeit vorgeführt und als sündhaft und<br />

todbringend mo<strong>de</strong>lliert, als ein Vorgang, <strong>de</strong>r sich nur in <strong>de</strong>r Welt nach <strong>de</strong>m<br />

Sün<strong>de</strong>nfall, nach <strong>de</strong>m Eingang in die symbolische Ordnung <strong>de</strong>r Kultur ereignen und<br />

etablieren konnte. Die innerhalb dieses Paradigmas produzierten Wortlawinen reißen,<br />

so die vorherrschen<strong>de</strong> Bildlichkeit, immer neue Wun<strong>de</strong>n in das <strong>de</strong>m Himmel entgegen<br />

streben<strong>de</strong> Subjekt und lassen seine Kräfte versiegen. Ein <strong>de</strong>m entgegengesetztes<br />

Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Dichtens wird Włast in „Xięga“ in die Tat umsetzen. Der Dichter wird in<br />

dieser Konzeption mit Gott, Natur und <strong>de</strong>r Welt eins sein, sein Wort wird nicht mehr<br />

als ein ästhetisches, narzisstisches, ‚schönes’, son<strong>de</strong>rn als ein prophetisches, ‚wahres’<br />

mo<strong>de</strong>lliert. Dieses Wort wird nicht etwas von <strong>de</strong>r Welt und vom Subjekt Getrenntes<br />

sein. Es wird nicht mehr die Subjektlosigkeit beklagen und die To<strong>de</strong>sangst<br />

herausschreien müssen. Denn in <strong>de</strong>r Welt dieser Dichtung wird es keinen Tod, keine<br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu

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