Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
Mutterfiguren ist eine offene Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit diesen we<strong>de</strong>r hier noch in <strong>de</strong>n<br />
viel späteren Texten Własts möglich. Das Wutpotential macht sich vielmehr auf<br />
subversivem Wege Luft – z.B. in <strong>de</strong>n vom Zorn <strong>de</strong>s lyrischen Ich verzerrten Mutterund<br />
Weiblichkeitsimaginationen <strong>de</strong>r „Xięga“. Dabei wird <strong>de</strong>r Zorn mitunter vom<br />
lyrischen Ich abgespalten und auf an<strong>de</strong>re Figuren projiziert, beispielsweise im Gedicht<br />
„Irenka“.<br />
Die Märchenerzählung „Andronice“ erzählt von Rache und von symbolischer Tötung<br />
eines Vertreters <strong>de</strong>r patriarchalen Macht. Allerdings bleibt diese Tötung äußerst<br />
fragwürdig, <strong>de</strong>nn das Einsaugen <strong>de</strong>r Seele Gynajkofilos’ durch Andronice be<strong>de</strong>utet<br />
auch die Einverleibung <strong>de</strong>s Männlichen, also wie<strong>de</strong>r Verinnerlichung. Exemplarisch<br />
kann an diesem Text die für Komornicka charakteristische I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>r<br />
Männlichkeit mit tierischen Gelüsten <strong>de</strong>monstriert wer<strong>de</strong>n. Sowohl Andronice als<br />
auch an<strong>de</strong>re weibliche Figuren <strong>de</strong>r vor 1907 von Komornicka geschriebenen Texte<br />
wie „Biesy“ o<strong>de</strong>r „Miłość“ sind von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e besessen, dieses Begehren ihren<br />
männlichen Liebespartnern ‚auszupeitschen’ und ‚auszutreiben’. Sie verstricken sich<br />
in ein verworrenes Bün<strong>de</strong>l von emotionalen Wi<strong>de</strong>rsprüchen, in eine Hassliebe, wie sie<br />
Ruppert (2002) bei vielen Schizophrenie-Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n diagnostiziert. In <strong>de</strong>n sich an die<br />
Märchenerzählungen anschließen<strong>de</strong>n „Gesängen“ wird das Begehren umgelenkt und<br />
auf Gott gerichtet. Von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e einer an Männern vorgenommenen ‚Lustaustreibung’<br />
ist auch ein großer Teil <strong>de</strong>r „Chimera“-Lyrik Komornickas bestimmt. Die erotischen<br />
Texte <strong>de</strong>r Dichterin gehören zu <strong>de</strong>n bizarrsten im Jungen Polen. Die Dichterin<br />
inszeniert meist lei<strong>de</strong>nschaftliche, sadomasochistische Beziehungen. Ihre weiblichen<br />
Ichfiguren stattet sie einerseits mit Verlangen, an<strong>de</strong>rerseits mit Mordphantasien in<br />
Bezug auf ihre Liebespartner aus. Für die Einweihung <strong>de</strong>r Frau in die Sexualität muss<br />
<strong>de</strong>r Partner mit <strong>de</strong>m Tod büßen. Nur so kann die begehren<strong>de</strong> Frau ihre Selbstachtung<br />
aufrechterhalten, <strong>de</strong>nn Körperlichkeit ist in ihrem Weltbild untrennbar mit <strong>de</strong>m<br />
Stigma <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong> behaftet. Das romantische Motiv <strong>de</strong>s gemeinsamen Liebesto<strong>de</strong>s –<br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu