Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
404<br />
<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
Lemański ist, zu <strong>de</strong>m Komornicka die größte und heftigste emotionale Bindung, eine<br />
Hassliebe, entwickelt: Es ist ihre Mutter. Die Briefanalyse macht <strong>de</strong>utlich, wie stark<br />
Komornicka an <strong>de</strong>m von ihrer Mutter repräsentierten Weiblichkeitsi<strong>de</strong>al <strong>de</strong>r ‚Mutter-<br />
Polin’ (Matka Polka) hängt, <strong>de</strong>m I<strong>de</strong>al einer ehrwürdigen Matrone, <strong>de</strong>ren<br />
Lebensaufgabe darin besteht, über das Wohlergehen und die Tugendhaftigkeit <strong>de</strong>r<br />
Kin<strong>de</strong>r zu wachen. Dieses Mutter- und Weiblichkeitsbild verehrt Komornicka, trotz<br />
gegenteiliger literarischer Entwürfe, zutiefst. Das Problem besteht darin, dass sie es<br />
mit ihrer eigenen Person nicht in Einklang zu bringen vermag. Komornicka wen<strong>de</strong>t<br />
sich lieber gegen sich selbst und zweifelt die eigene Weiblichkeit an, als dass sie das<br />
von ihrer Mutter verkörperte bzw. zu verkörpern<strong>de</strong> Weiblichkeitsmo<strong>de</strong>ll in Frage<br />
stellt. Mehr noch, sie versucht, ihre Mutter gemäß <strong>de</strong>n Konturen dieses Phantombil<strong>de</strong>s<br />
durch entsprechen<strong>de</strong> Ermahnungen und Erwartungshaltungen ‚zurechtzustutzen’. Ihre<br />
Briefe an die Mutter 17 haben einen auch für damalige Zeiten ungewöhnlich intimen<br />
Charakter, es sind ‚lettres d’amour’ voller Liebesbeteuerungen, For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r<br />
Liebesbeweise, eifersüchtiger Zornesausbrüche. 18 Komornicka erhebt <strong>de</strong>n Anspruch<br />
auf Ausschließlichkeit <strong>de</strong>r Mutterliebe und verwickelt sich in ein aggressives<br />
Konkurrenzverhältnis zu ihren Geschwistern. Deutlich wird in dieser zwischen<br />
emotionalen Extremen pen<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Korrespon<strong>de</strong>nz auch, wie viel ihr an <strong>de</strong>r<br />
mütterlichen Anerkennung liegt (auch in literarischer Hinsicht). Unschwer zu<br />
erkennen, dass es sich um eine symbiotische Beziehung han<strong>de</strong>lt, in welcher bei<strong>de</strong><br />
Seiten sich gegenseitig vereinnahmen, kontrollieren, emotional erpressen und<br />
erbitterte Machtkämpfe führen. Bei diesen Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen geht es meist ums<br />
Geld. In dieser Hinsicht scheint Maria die mütterliche Liebe, aber auch die Geduld<br />
ihrer Geschwister auf eine harte Probe zu stellen. Sie führt im Ausland ein sehr<br />
kostspieliges Leben. Es treibt sie buchstäblich in <strong>de</strong>n Wahnsinn, dass sie über ihr Geld<br />
noch nicht frei verfügen kann und ihre uneinsichtige Familie, insbeson<strong>de</strong>re die Mutter<br />
17 Die Briefe <strong>de</strong>r Mutter an die Tochter sind nicht überliefert.<br />
18 Brief vom 17.05.1901.<br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu