Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
383<br />
Zwischenkriegslyrik jedoch u.a. von Jaworski, Leśmian, Pik-Mirandola und L.M.<br />
Staff durchaus thematisierte Sphäre <strong>de</strong>r unvollkommenen, kranken, behin<strong>de</strong>rten<br />
Daseinsformen. Dies ist z.B. in <strong>de</strong>n Gedichten „Modlitwa za Żenię“ (Ein Gebet für<br />
Żenia, 358 f.) und „Sfinx“ (Sphinx, 360-362) <strong>de</strong>r Fall. In „Modlitwa…“ wird die<br />
mongoloi<strong>de</strong>, <strong>de</strong>mütige, „nicht fertig geschaffene“ (niedotworzona) Żenia aufgewertet.<br />
Sie erweist sich als spirituell weiter entwickelt als ihre Umgebung. Angesichts <strong>de</strong>s<br />
Krieges zeigt sie mehr Gelassenheit und Vertrauen als die Nonnen. Ihr dreieckig<br />
erscheinen<strong>de</strong>r, zum Himmel zeigen<strong>de</strong>r Kopf wird zur „Krone <strong>de</strong>r Tugen<strong>de</strong>n“. In<br />
„Sfinx“ ist das Verhältnis zwischen Krankheit und geistiger Entwicklung<br />
komplizierter. ‚Włast’ erzählt hier, wie er zufällig an einen ‚verbotenen’ Wohnort <strong>de</strong>r<br />
noch stärker Ausgegrenzten und Tabuisierten als er selbst kommt, in eine abgelegene,<br />
zur Irrenanstalt gehören<strong>de</strong> Ruine, in welcher Kranke, Verkrüppelte, Sterben<strong>de</strong> und<br />
Mittellose untergebracht wer<strong>de</strong>n. Hier bekommt er die Gelegenheit, mit einem noch<br />
schrecklicheren Elend als seinem eigenen konfrontiert zu wer<strong>de</strong>n. Wie gelähmt, vom<br />
„Grauen mitten ins Herz getroffen“, aber auch „zitternd vor Mitgefühl und<br />
Verlegenheit“ sieht er das Gesicht einer elen<strong>de</strong>n Frau, die nach <strong>de</strong>m Gehirnschlag<br />
nicht mehr sprechen kann und ihr Leid herausschreit. Am nächsten Tag traut er sich,<br />
die Kranke voller Anteilnahme, aber auch Ratlosigkeit zu berühren, ihr zuzuhören, sie<br />
zu trösten: „Ich berührte ihre halb erstarrte Körperhülle, / Und warme Tränen tropften<br />
auf meine Hän<strong>de</strong>, / Und aus ihrer Brust ertönten Säuglingsschreie.“ 158<br />
(361) Der<br />
Prophet nimmt in diesem Gedicht seine Grenzen wahr und spricht das in <strong>de</strong>r letzten<br />
Strophe auch explizit an. Es gibt unerklärliche Phänomene und Wi<strong>de</strong>rsprüche in<br />
seinem Weltbild, die er – zurzeit – nicht aufzulösen vermag. Auch die Idylle ist nicht<br />
perfekt.<br />
158 Polnisch: „Tknąłem półdrętwej powłoki cielesnej, / A łzy kapały ciepłe na me ręce, / A z piersi krzyki<br />
biegły niemowlęce.“<br />
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<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu