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Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de

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310<br />

<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />

Die Straße, die die Zigeunerin entlang streicht, wird als Fluss (Styx) zwischen <strong>de</strong>m<br />

Diesseits und <strong>de</strong>m Totenreich metaphorisiert, die Stadt mit Elementen <strong>de</strong>r Pariser<br />

Landschaft ausgestattet. 137 Um eine geistige Vere<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>r Landstreicherin<br />

(przybłęda) anzukündigen, setzt die <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>r Landstreicherin verpflichtete<br />

Erzählinstanz eine alchimistische Symbolik ein: „Sie nahm ihre letzten Handschellen<br />

ab, legte sie in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r alten Frau. Lebt wohl. Wenn wir uns wie<strong>de</strong>r sehen,<br />

wer<strong>de</strong> ich ganz von Gold be<strong>de</strong>ckt – ganz gol<strong>de</strong>n sein.“ 138 (314) Die Figur muss immer<br />

weiter gehen, „schwanger mit einem unbekanntem Wort, wie eine Mutter ihre Frucht<br />

erratend“, 139 auch wenn <strong>de</strong>r Schlaf und <strong>de</strong>r Tod eine große Anziehungskraft auf sie<br />

ausüben:<br />

Ach, dass ich weg von <strong>de</strong>r Sonne in düstere Straßen gehen muss –<br />

Ach, dass man nicht vor Gottes leuchten<strong>de</strong>n Füßen einschlafen darf –<br />

Ach, dass ich so gehen muss, immer weitergehen, ewig gehen und an Pforten stehen bleiben, ohne<br />

die endgültigen Tore zu fin<strong>de</strong>n, ohne das Wort zu kennen, dass Du meiner Seele gabst. Das<br />

Zeichen in sich bergen und es erst erkennen, wenn es sich erfüllt! (315 f.) 140<br />

Schon scheint es, dass die Zigeunerin auf <strong>de</strong>m richtigen Wege ist: Sie wird von <strong>de</strong>r<br />

Erzählstimme als Königstochter angesprochen. Als ihr jedoch Farnkraut von<br />

Straßenverkäufern angeboten wird, ist sie nicht imstan<strong>de</strong>, sich für eines zu entschei<strong>de</strong>n<br />

und scheitert. Auf ihrem weiteren Weg fin<strong>de</strong>t sie einen Zaun, dahinter das Paradies<br />

(<strong>de</strong>n Garten E<strong>de</strong>n) und <strong>de</strong>n Weg zur Sonne (Osiris). Doch Bettler sind dort nicht gern<br />

gesehen. Sie muss umkehren, muss in die „dunklen Paläste <strong>de</strong>r verbrecherischen<br />

Vergangenheit“ zurück. (319 f.) Unterwegs, von Hunger und Durst geplagt, von<br />

137 Die mythologische Semiotisierung dieser Stadtlandschaft wur<strong>de</strong> von Kralkowska-Gątkowska (2002,<br />

94) <strong>de</strong>tailliert interpretiert.<br />

138 Polnisch: „Ostatnie zdjęła kajdanki, złożyła w starki dłonie. Żegnajcie. Gdy się znów obaczym, złoto<br />

mnie całą pokryje, będę już cała złota.“<br />

139 Polnisch: „ciężka nieznanym słowem, jak matka zgadująca swój płód“. Das vergebliche Bemühen<br />

eines Ichs, seine spirituelle Bestimmung, das ‚Wort’, das es erschaffen hat, das es in seinem Wesen<br />

erfasst, zu erahnen und eine authentische I<strong>de</strong>ntität zu erlangen, ist auch eines <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n Motive von<br />

„Biesy“.<br />

140 Polnisch: „Och, że iść muszę od słońca w mroczne ulice – / och, że snem zasnąć nie wolno u boga stóp<br />

jaśniejących – / och, że tak muszę iść, zawsze iść, wiecznie iść, stać u bram, nie znać ostatecznych wrót,<br />

nie znać słowa, któreś dał memu duchowi, taić w sobie znak, poznawać go dopiero, gdy się spełni!“<br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />

<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu

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