Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
309<br />
Er<strong>de</strong> will nichts von ihr wissen – und auch sie will von dieser Er<strong>de</strong> nichts – / Darum<br />
fliegt sie weiter – verachtend und verachtet.“ 132 (230) Mit diesem Gedicht<br />
überschreitet Komornicka – nicht unbedingt bewusst – das christlich-patriarchalische<br />
Paradigma einer in ‚Maria’ und ‚Eva’ polarisierten Weiblichkeit, einer von<br />
Körperlichkeit abgespaltenen Spiritualität, eines vom Eros distanzierten Ethos und<br />
entwirft die Vision einer ‚heiligen Hure’. 133 Unterschwellig vermittelt <strong>de</strong>r Text aber<br />
auch die Aussichtslosigkeit eines solchen Projektes. Es ist, so eine mögliche<br />
Interpretation, dieses Projekt, das heimatlos bleibt, das die Welt wie sie ist verachtet<br />
und von ihr verachtet wird.<br />
Auch die Hauptfigur <strong>de</strong>s 1907, <strong>de</strong>m Jahr <strong>de</strong>s Geschlechtswechsels Komornickas,<br />
erschienenen lyrisch-narrativen Prosastücks „Intermezzo“ (309 ff.), 134 das<br />
Komornickas „Chimera“-Veröffentlichungen abschließt, ist eine Außenseiterin, eine<br />
heimat- und ruhelose, von <strong>de</strong>r Welt verstoßene und die Welt nicht verstehen<strong>de</strong><br />
Zigeunerin. Wie die Heldin von „Sprzymierzeniec“ und „Odrodzenie“ macht sie sich<br />
auf eine einsame, nächtliche Wan<strong>de</strong>rung durch die Stadt. In <strong>de</strong>r magischen, von<br />
spirituellen Zeichen begleiteten Schicksalsnacht zur Sommersonnenwen<strong>de</strong> 135 will sie<br />
ihrem Leben eine neue Richtung geben:<br />
Heut’ ist die kürzeste Nacht. Alle Farne blühen, alle Johannisfeuer brennen, alle fürs Glück.<br />
Möge sie mit dieser Nacht tun, was ihr beliebt. Diese Nacht gibt ihr einen Stern ganz umsonst,<br />
ohne Feilschen. Sie kann das Alte verabschie<strong>de</strong>n, das Neue begrüßen, <strong>de</strong>n alten Weg erinnern,<br />
einen neuen bestimmen – erträumen, hervorrufen, erlösen – alles ist ihr erlaubt! (310) 136<br />
132 Polnisch: „Ziemia jej nie chce – i ziemi tej nie chce ona – / Więc leci dalej – gardząca i pogardzona.“<br />
133 Der ‚heiligen Hure’ (świętej ladacznicy) widmete <strong>de</strong>r von fernöstlichen Religionslehren inspirierte<br />
Psychologe Wojciech Eichelberger (1997) sein hier bereits zitiertes Buch „Kobieta bez winy i wstydu“<br />
(Weiblichkeit ohne Scham und Schuld).<br />
134 „Chimera“ 1907, B. 9, H. 28/9.<br />
135 In <strong>de</strong>r slawischen Märchenwelt ist dies eine Nacht <strong>de</strong>r Traumerfüllung, vorausgesetzt, man fin<strong>de</strong>t das<br />
blühen<strong>de</strong> Johanniskraut (kwiat paproci).<br />
136 Polnisch: „A dzisiaj noc najkrótsza, wszystkie paprocie kwitną, wszystkie sobótki się palą, wszystkie<br />
na szczęście. Niech z tą nocą robi, co żywnie zechce, tę noc Gwiazda jej daje na przepadłe bez targu.<br />
Może stare pożegnać, może nowe pozdrowić, daną drogę wspominać, nową sobie poznaczyć –<br />
wymarzyć, wywołać, wyzwolić – wszystko jej wolno!“<br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong><br />
<strong>Copyright</strong> <strong>by</strong> <strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong> 2005 / www.helbig-<strong>mischewski</strong>.eu